4597/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.12.2020
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Michael Schnedlitz
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Offener Brief des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes
Folgender Offener Brief an Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober wurde am 3. Dezember 2020 durch den Österreichischen Zivilinvalidenverband veröffentlicht:
"Fachpersonal, das mit dem Thema Corona und Behinderungen vertraut ist, wird dringend benötigt!
Offener Brief von Isabella Aigner (Mitarbeiterin ÖZIV ACCESS) an den Gesundheitsminister
Wien (OTS) - Isabella Aigner, Mitarbeiterin im ÖZIV Bundesverband für Menschen mit Behinderungen im Bereich ACCESS/Barrierefreiheit an Bundesminister Rudolf Anschober.
Sehr geehrter Herr Bundesminister Anschober,
Ich, Isabella Aigner, bin Mitarbeiterin beim ÖZIV Bundesverband, einer Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen. Als Rollstuhlfahrerin mit einer Mehrfachbehinderung bin ich auf ständige Unterstützung von Persönlicher Assistenz angewiesen.
Mir ist bewusst, dass die Corona-Situation für die ganze Bevölkerung eine große Herausforderung darstellt und schon viele allgemeine wichtige Maßnahmen gesetzt wurden, an die ich mich und auch andere Menschen mit Behinderungen, natürlich halte. Auch nehme ich wahr, dass immer wieder davon gesprochen wird, dass man Menschen mit Behinderungen und auch ältere Personen unbedingt weiter unterstützen und schützen muss. Dies ist eine ganz wichtige und richtige Erkenntnis, für die ich sehr dankbar bin.
Genaues Konzept bei Corona-Ansteckung fehlt
An dieser Stelle muss ich allerdings leider feststellen, dass vor allem für Menschen, die auch in dieser Zeit in einer eigenen Wohnung und somit mit Persönlicher Assistenz leben oder auf andere Unterstützung angewiesen sind, kein genaues Konzept vorliegt, wie Menschen mit Behinderungen im Falle von einer Corona-Ansteckung trotzdem in der eigenen Wohnung gut weiterleben können. Das bedeutet, dass es uns als Menschen mit Behinderungen also auch bei dieser Erkrankung möglich sein muss, uns bei einem leichten Verlauf sowie andere auch, zuhause auszukurieren. Sich zuhause auskurieren zu können, ist einerseits wichtig, weil eine vertraute Umgebung beim Genesungsprozess hilft und andererseits die Spitäler entlasten kann.
Fehlendes Fachpersonal: „Mit dem Thema sind wir nicht vertraut“
Dafür braucht es aus meiner Sicht einerseits Fachpersonal, das bei Bedarf konkret unterstützen und das Assistenzteam anleiten kann, und anderseits Beratungssysteme, die mit dem Thema Corona und Behinderungen zumindest einigermaßen vertraut sind, damit eine Telefonberatung sinnvoll ist und nicht nur mit den Worten „mit dem Thema sind wir nicht vertraut“ beginnt und endet. Zudem benötigen wir gerade in dieser Phase eine Stelle, die bereit ist auch im Krankheitsfall des Teams Assistenz zur Verfügung zu stellen.
Unterstützungsbedarf in der eigenen Wohnung
Mir ist bewusst, dass meine Forderungen mit einem hohen Organisationsaufwand und Kosten verbunden sind. Dennoch muss es auch für diese Zielgruppen in dieser Zeit möglich sein, in der eigenen Wohnung unterstützt zu werden, ohne dass sich das Unterstützungsteam in Gefahr bringt, so wie es meine Organisation der ÖZIV Bundesverband, der Österreichische Behindertenrat (ÖBR) und die Selbstbestimmt-Leben Organisationen schon lange fordern!
Im Namen der Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen hoffe ich, dass meine Forderungen nachvollziehbar und verständlich sind, und es die Möglichkeit gibt, sich mit dieser Thematik konkreter auseinanderzusetzen. Gerne stehe ich für weitere Fragen zur Verfügung.“
"Fachpersonal, das mit dem Thema Corona und Behinderungen vertraut ist, wird dringend benötigt!" | ÖZIV, 03.12.2020 (ots.at)
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
ANFRAGE
1) Warum gibt es bisher noch immer kein Covid-19-Maßnahmenkonzept für Menschen mit Behinderung, die in einer eigenen Wohnung und mit Persönlicher Assistenz leben?
2) Warum wurde durch das BMSGPK noch immer kein Covid-19-Maßnahmenkonzept für Menschen mit Behinderung ausgearbeitet, die eine Covid-19-Infektion haben und in ihrer eigenen Wohnung weiterleben wollen, weil es ihr Gesundheitszustand erlaubt?
3) Warum wurden hier keine Unterstützungsmaßnahmen organisatorischer, finanzieller und personeller Natur von Seiten des BMSGPK angeboten, um den häuslichen Genesungsprozess zu unterstützen und damit auch die österreichischen Krankenanstalten zu entlasten?
4) Warum gibt es bisher noch immer kein Beratungsangebot des BMSGPK, das auf das Thema Corona-Infektion und Behinderung eingeht?
5) Bis wann werden hier lösungsorientierte Covid-19-Maßnahmen für diese besonders schützenswerte Bevölkerungsgruppe endlich präsentiert?