4603/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.12.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneten

an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend

Betreffend: Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Kinder gemäß EU-VO 883/2004 für das Jahr 2020

 

 

Die EU-Verordnung 883/2004 als Grundverordnung sowie die EU-Verordnung 987/2009 als Durchführungsverordnung verpflichten Österreich sowie alle EU- und EWR-Staaten und auch die Schweiz, grenzüberschreitende Sachverhalte in Bezug auf Leistungsansprüche der sozialen Sicherheit zu koordinieren. Auch Familienleistungen zählen dazu. In der EU-Verordnung 883/2004 wird die Koordinierung dieser Leistungen in Artikel 67 und 68 geregelt. Artikel 69 bezieht sich auf Waisen, weshalb in erster Linie die erstgenannten Artikel als Teil dieser Anfrage herangezogen werden sollen.

Die Anfrage beschäftigt sich mit folgenden Familienleistungen: Familienbeihilfe (+ erhöht), Kinderabsetzbetrag und Geschwisterstaffelung. Es ist davon auszugehen, dass auch das österreichische Schulstartgeld eine Familienleistung ist, die in den Anwendungsbereich der EU-VO 883/2004 fällt, da etwa die EuGH-Rechtssache Olivier Lenoir aufgezeigt hat, dass die französische Schülerbeihilfe „allocation de rentrée scolair“ eine Familienleistung ist, wenngleich aber keine „Familienbeihilfe“ und somit explizit nach der damaligen EU-VO 1408/71 Artikel 77 nicht an Rentner bezahlt werden musste, die mit ihrer Familie von Frankreich weggezogen sind.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend folgende

 

Anfrage

 

1.     Wie viele Kinder gab es im Jahr 2020, die nicht in Österreich wohnhaft waren und für die Österreich gemäß der EU-VO 883/2004 Familienleistungen bezahlen musste (aufgeschlüsselt nach Ländern und Anzahl der Kinder)?

2.     Wie hoch ist die gesamte Summe aller Familienleistungen, die Österreich im Jahr 2020 für Kinder aufgeschlüsselt nach Staaten bezahlen musste und wie unterscheidet sich diese Summe zu den Jahren 2018 und 2019?

3.     Wie hoch ist die gesamte Summe aller Familienleistungen, die Österreich im Jahr 2020 für Kinder aufgeschlüsselt nach Staaten bezahlen musste, bei denen die Familienleistungen in voller Höhe bezahlt wurden?

4.     Wie hoch ist die gesamte Summe aller Familienleistungen, die Österreich im Jahr 2020 für Kinder aufgeschlüsselt nach Staaten bezahlen musste, bei denen Österreich nachrangig zuständig war und nur Unterschiedsbeträge (Differenzzahlungen) von Familienleistungen bezahlt wurden?

5.     In wie vielen Fällen entsprach der österreichische Unterschiedsbetrag der vollen Höhe der Familienleistung, obwohl Österreich der nachrangig zuständige Staat war, aber der vorrangig zuständige Staat eine einkommensabhängige Familienleistung hatte, was dazu führte, dass Eltern aufgrund der Höhe ihres Einkommens keinen Anspruch auf die Familienleistung des vorrangig zuständigen Staats hatten (aufgeschlüsselt nach Staaten und Art der Familienleistungen)?

6.     Sie werden außerdem ersucht, eine genauere Aufschlüsselung der einzelnen Leistungen vorzunehmen. Konkret:

a)  Die Anzahl der Kinder und die Geldsumme aufgeschlüsselt nach Staaten, die die volle Familienbeihilfe (+ Anzahl der Kinder mit Anspruch auf erhöhte FB) erhalten haben

b)  Die Anzahl der Kinder und die Geldsumme aufgeschlüsselt nach Staaten, die den Kinderabsetzbetrag in voller Höhe erhalten haben

c)  Die Anzahl der Fälle und die Geldsumme aufgeschlüsselt nach Staaten, für die die Geschwisterstaffelung in voller Höhe bezahlt wurde.

d)  Die Anzahl der Kinder und die Geldsumme aufgeschlüsselt nach Staaten, für die das Schulstartgeld in voller Höhe bezahlt wurde.

e)  Die in den Punkten a) bis d) angeforderten Daten beschäftigen sich mit Fällen, bei denen Leistungen in voller Höhe bezahlt wurden. Geben Sie die Daten zu a) bis d) bekannt, bei denen es um Differenzzahlungen geht.

7.     Für den Fall, dass keine genauen Angaben zu „6.e)“ gemacht werden können: Wieso lässt sich die Zuordnung des Beziehers und der Wohnortort des Kindes bei Differenzzahlungen noch immer nicht technisch auswerten?

8.     Für wie viele Kinder im Jahr 2020, die in Österreich wohnhaft waren, war Österreich aufgrund der EU-VO 883/2004 nachrangig zuständig?

9.     In wie vielen dieser Fälle musste Österreich keine Familienbeihilfe bezahlen?

10.  In wie vielen Fällen, bei denen das Kind in Österreich wohnhaft war, hat Österreich im Jahr 2020 Anträge auf Familienbeihilfe abgelehnt, weil ein anderer Staat vorrangig zuständig war bzw. in wie vielen Fällen wurde die Familienbeihilfe zurückgefordert?

11.  In wie vielen Fällen, bei denen das Kind in Österreich wohnte, musste Österreich im Jahr 2020 als nachrangig zuständiger Staat eine Differenzzahlung seiner Familienleistungen überweisen und wie hoch war jeweils die Differenzzahlung der jeweiligen Familienleistung?

12.  Bei wie vielen Kindern, die nicht in Österreich wohnhaft waren, war Österreich im Jahr 2020 nachrangig zuständig, musste aber diverse Familienleistungen nicht bezahlen, weil die Familienleistung des vorrangig zuständigen Staats höher war; welche Staaten waren betroffen und um welche Familienleistungen ging es?

13.  Bei wie vielen dieser Fälle (nicht in Österreich wohnhafte Kinder) wurde ein Antrag in Österreich gestellt, aber letztendlich festgestellt, dass Österreich keine Familienleistung bezahlen muss?

14.  Wie viele Fälle gab es im Jahr 2020, die sich in einer Ausgangsituation befanden, wie Herr Bogatu in der EuGH-Rechtssache C‑322/17, bei der festgehalten wurde, dass Art.67 der EU-VO 883/2004 in Verbindung mit ihrem Art. 11 Abs. 2, dahin auszulegen ist, dass für den Anspruch einer Person auf Familienleistungen im zuständigen Mitgliedstaat es weder Voraussetzung ist, dass diese Person in diesem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt, noch, dass sie von ihm aufgrund oder infolge einer Beschäftigung eine Geldleistung bezieht, was die Folge hat, dass Österreich zumindest Differenzzahlungen von beitragsunabhängigen Familienleistungen auch dann bezahlen muss, wenn der in Österreich ansässige Ausländer keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und auch keine Rentenansprüche hat, dafür aber der andere Elternteil, der mit dem Kind im Ausland lebt, in einem Staat einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder Rentenansprüche hat?