4609/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.12.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Politische Einflussnahme durch Konfuzius Institute

 

Aktuell gibt es in Österreich zwei Konfuzius Institute (Wien und Graz). Diese dienen der Verbreitung der chinesischen Kultur und Sprache weltweit, und werden von China mit Goethe Instituten, der Alliance Francaise oder dem österreichischen Kulturforum verglichen. Aber es regt sich der Verdacht, dass diese Institute einen politischeren Hintergedanken haben als reine Kultur- und Sprachvermittlung. 

Die chinesische Regierung investiert viel Geld in diese Institute. Seit der Eröffnung des ersten in Seoul im Jahr 2004 wurden weltweit 552 gegründet – 161 davon beim strategischen Rivalen USA und 19 in Deutschland. Die Institute werden von Hanban betrieben – einer laut Analyse der deutschen Bundesregierung vom November 2019 eine dem Zentralen Propaganda-Department der Kommunistischen Partei Chinas unterstellte Regierungsorganisation. 

Der Vergleich mit österreichischen oder anderen Kulturforen ist insofern irreführend, als Kulturforum oder andere europäische Kulturinstitute eigenständige Organisationen sind, die aus den Heimatländern für ihre Arbeit bezahlt werden, während Konfuzius-Institute sich an Universitäten anschließen und dort Lehrpersonal bezahlen, das damit von chinesischem Geld abhängig gemacht wird. So wurde Sprachlehrpersonal an der renommierten kanadischen McMaster University per Hanban Vertragsklausel verboten, Mitglied der in China verbotenen Falun Gong Bewegung zu sein. Auch wurde eine Lehrkraft in Portugal überführt, aus einem Konferenzprogramm auf Taiwan hinweisenden Seiten herausgerissen zu haben.

Die politische Agenda von Hanban wurde sogar öffentlich erläutert. 2011 sagte Li Changchun, damals Propagandachef und Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei der VR Chinas, in einer Rede, die Institute hätten "einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung" von Chinas soft power geleistet. "Die 'Konfuzius'-Marke hat eine natürliche Attraktivität. Unter dem Vorwand, Chinesisch zu unterrichten, sieht alles vernünftig und logisch aus" (https://www.derstandard.at/story/2000085531530/us-uni-wirft-chinas-konfuzius-institut-hinaus).

In Deutschland stellte eine Gruppe von Abgeordneten voriges Jahr eine Anfrage an die Bundesregierung und stellte fest, dass "die chinesischen Institute regelmäßig in der Kritik [stehen], die Wissenschaftsfreiheit an Hochschulen durch direkte Einflussnahme oder das Ausüben von „Soft Power“ indirekt zu beschneiden" (www.deutschlandfunk.de/chinesische-forschung-konfuzius-institute-auf-dempruefstand.680.de.html?dram:article_id=291511). In der Beantwortung schreibt die deutsche Bundesregierung: "Der Bundesregierung ist bekannt, dass der chinesische Staat bzw. die Kommunistische Partei Chinas Einfluss auf Veranstaltungen, Lehrinhalte und -materialien an Konfuzius Instituten in Deutschland nimmt."

Aus Sorge vor Einflussnahme auf Forschung und Lehre – direkt oder subtil, durch Selbstzensur der aus chinesischen Honoraren Nutzen ziehenden Lehrkräfte oder Forscher – beendeten mehrere Top-Universitäten ihre Kooperation mit ihren Konfuzius Instituten, darunter Weltklasseinstitutionen wie U Chicago und Penn State. Auch in Zürich wurde ein Projekt aufgrund von Bedenken in Hinblick auf akademische Freiheiten nicht implementiert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Welche bilateralen Abkommen gibt es zwischen der Republik Österreich und der VR China bezüglich des Betriebs von Konfuzius Instituten in Österreich?

a.    Bitte um Erläuterung, warum im Gegensatz zum international üblichen Modell von freistehenden Kulturinstituten es China erlaubt wurde, eine staatliche Institution innerhalb österreichischer Bildungs- und Forschungsstätten zu beheimaten. 

2.    Wie hoch sind die Mittel, die von der VR China via Hanban an die beiden österreichischen Konfuzius Institute fließen?

3.    Ist dem BMEIA die Verbindung der Konfuzius Institute zum chinesischen Staat und zur Kommunistischen Partei der VR China bekannt?

4.    Ist dem BMEIA die Rede von Li Changchun (siehe Begründung; https://www.derstandard.at/story/2000085531530/us-uni-wirft-chinas-konfuzius-institut-hinaus) bekannt? 

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen trifft das BMEIA, um verdeckte politische Aktivitäten von Konfuzius Institut Mitarbeiter_innen chinesischer Nationalität zu kontrollieren?

5.    Ist es die Aufgabe des BMEIA, Einflussnahme von ausländischen Akteuren mit Aufenthaltserlaubnis in Österreich zu überwachen?

6.    Folgt das BMEIA der chinesischen Einschätzung, dass Konfuzius Institute das Äquivalent zu Goethe Instituten oder dem Kulturforum sind?

a.    Wenn ja, bitte um Erklärung in welcher Hinsicht.

b.    Wenn nein, bitte um Erklärung in welcher Hinsicht sie unterschiedlich sind.

7.    Gibt es Studien oder Statistiken, wie viele Forschungsprojekte an den Universitätsinstituten, die Konfuzius Institute beherbergen und von ihnen Zahlungen empfangen, Themen behandeln, die von Chinas Regierung in internationaler Diplomatie ausgeklammert werden (Tibet, Xingxiang-Uigur, Tienanmen, Taiwan, Peaceful Evolution et al.)? 

8.    Ist bekannt, ob an den Universitätsinstituten, die Konfuzius Institute beherbergen, Texte des Dalai Lama gelesen oder Gelug (Yellow Hat) Buddhismus Kurse angeboten oder Gelug Buddhismus in anderen Kursen unterrichtet wird?

9.    Ist bekannt, ob an den Universitätsinstituten, die Konfuzius Institute beherbergen, Konferenzen zu Themen wie die Annexion von Tibet oder der Status/die Unabhängigkeit Taiwans abgehalten wurden, seit Konfuzius Institute dort eingerichtet wurden?

10. Wie setzt sich das Personal der Konfuzius Institute zusammen?

a.    Wie viele Mitarbeiter_innen sind Staatsbürger_innen der VR China?

b.    Wie lange ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der chinesischen Mitarbeiter_innen?

c.    Welchen Visastatus genießen chinesische Mitarbeiter_innen?

d.    Gehen chinesische Mitarbeiter_innen nach Ablauf ihrer Beschäftigung im Normalfall nach China zurück?

e.    Wie viele Mitarbeiter_innen von Konfuzius-Instituten in Österreich waren vor oder nach ihrer Beschäftigung an diesem Konfuzius Institut bei einer staatlichen Behörde oder Institution der VR China beschäftigt?

f.     Gibt es einen Personalaustausch zwischen diplomatischen Vertretungen der VR China und Konfuzius Instituten?

                                      i.Wie viele Mitarbeiter_innen der beiden österreichischen Konfuzius Institute waren vor ihrer Beschäftigung am Institut in einer diplomatischen Vertretung der VR China akkreditiert/beschäftigt?

                                    ii.Wie viele Mitarbeiter_innen der beiden österreichischen Konfuzius Institute wechselten nach ihrer Beschäftigung am Institut in eine diplomatischen Vertretung der VR China?

g.    Gibt oder gab es Mitarbeiter_innen der Konfuzius Institute mit taiwanesischer Nationalität?

h.    Welche Kontrollen übt das BMEIA bei Visaausstellung für Positionen an Konfuzius Instituten aus?

11. Ist bekannt, ob an den Universitätsinstituten, die Konfuzius Institute beherbergen, wissenschaftliches Personal lehrt oder forscht, dem in der Vergangenheit ein Visum in die VR China verweigert wurde?

12. Ist dem Ministerium bekannt, dass die Konfuzius Institute chinesische soft power verbreiten sollen?

a.    Wenn ja, welche Konsequenzen wurden/werden daraus gezogen?

13. Die Europäische Union ist zurzeit auf Kontrolle chinesischen Einflusses auf Europa (Wirtschaft, aber auch Werte) bedacht. Gibt es einen Austausch auf europäischer Ebene, das Problem der Unterwanderung der Freiheit von Lehre und Forschung durch Konfuzius Institute zu erforschen und, wenn nötig, zu unterbinden?