4659/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.12.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Inneres

betreffend humanitärer Katastrophe mitten in Europa - das offizielle Österreich schaut zu

 

In der Nacht zum 09.09.2020 brach an mehreren Stellen im Flüchtlingscamp von Moria auf Lesbos ein Feuer aus. Das Lager musste evakuiert werden. Von den 12.600 Menschen, die in Moria lebten, sind nun fast 8.000 Menschen in dem neu errichteten Lager Kara Tepe untergebracht, das ebenfalls als Zelt-Lager konstruiert ist. Dieses Lager kann aber weder den eiskalten Temperaturen im Winter noch dem Dauerregen standhalten. Die Zelte, die einzige Behausung der geflüchteten Menschen, versinken im Wasser, ihr letztes Hab und Gut – aber auch die Menschen selbst – im Schlamm. Berichten zu Folge erleiden Kinder Rattenbisse, Krankheiten können sich unter diesen Umständen schnell ausbreiten – dabei ist von erforderlichen Corona-Maßnahmen keine Rede mehr, zumal diese kaum noch so in dieser Form eingehalten werden können. Ebenso gibt es keinen Strom, keine Heizung, kein Licht, kein Warmwasser, keine Sanitäranlagen. Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder der UNHCR plädieren dafür, dieses Lager aufzulösen und die Aufnahme der Menschen pro-aktiv anzugehen. Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen meldet sich zu Wort und übt harsche Kritik zum einen an den Zuständen in diesem Lager und zum anderen an der expliziten Anweisung der griechischen Behörden an JournalistInnen, nicht mehr darüber zu berichten. Hierbei wird die Rolle der österreichischen Botschaft und damit des Außenministeriums ebenso hinterfragt, da diese sich hinter die griechischen Behörden gestellt haben und die Anweisung unwidersprochen ließen[1].

Bereits im März haben sich in Österreich etliche BürgermeisterInnen, Gemeinden und Städte bereit erklärt, Menschen aus dem Camp in Moria und von der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. Egal ob in Lustenau, in Innsbruck, im oberösterreichischen Neumarkt oder Einrichtungen wie Kirchen, Schulen oder Privatpersonen – all diese haben sich öffentlich deklariert, Menschen aufzunehmen zu wollen und zu können. Die Initiative „Courage 144“ verzeichnet über 3.000 solcher Aufrufe, weitere Kampagnen laufen österreichweit unter „Uns reicht‘s“, „Wir haben Platz“ oder „Sicherer Hafen“, wo sich ebenso Tausende für die Aufnahme von Menschen aussprechen. 

Die Bundesregierung übergeht diese Appelle, ebenso wie die Regierungsfraktionen im Parlament die vielen Anträge zur Aufnahme von Kindern aus den Lagern abgelehnt haben. Mitten in Europa kommt es so zu einer humanitären Katstrophe.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Haben Mitglieder der Bundesregierung mit den Gemeinden österreichweit Kontakt aufgenommen und Gespräche über die Aufnahme von geflüchteten Menschen geführt?

a)    Wenn ja, um welches Mitglied der Bundesregierung handelt es sich hierbei?

b)    Wenn ja, um welche Gemeinden handelt es sich hierbei? Bitte um Auflistung.

c)    Wenn ja, wann wurden diese Gespräche geführt?

d)    Wenn ja, welche Schlüsse bzw. welches Ergebnis wurde aus den Gesprächen gezogen?  

e)    Wenn nein, warum nicht?

 

2.    Haben Mitglieder der Bundesregierung mit den Städten österreichweit Kontakt aufgenommen und Gespräche über die Aufnahme von geflüchteten Menschen geführt?

a)    Wenn ja, um welches Mitglied der Bundesregierung handelt es sich hierbei?

b)    Wenn ja, um welche Städte handelt es sich hierbei? Bitte um Auflistung.

c)    Wenn ja, wann wurden diese Gespräche geführt?

d)    Wenn ja, welche Schlüsse bzw. welches Ergebnis wurde aus den Gesprächen gezogen?  

e)    Wenn nein, warum nicht?

 

3.    Haben Mitglieder der Bundesregierung mit den Bundesländern österreichweit Kontakt aufgenommen und Gespräche über die Aufnahme von geflüchteten Menschen geführt?

a)    Wenn ja, um welches Mitglied der Bundesregierung handelt es sich hierbei?

b)    Wenn ja, um welche Bundesländer handelt es sich hierbei? Bitte um Auflistung.

c)    Wenn ja, wann wurden diese Gespräche geführt?

d)    Wenn ja, welche Schlüsse bzw. welches Ergebnis wurde aus den Gesprächen gezogen? 

e)    Wenn nein, warum nicht?

 

4.    Haben Mitglieder der Bundesregierung mit Einrichtungen, wie z.B Kirchen oder NGOs, Kontakt aufgenommen und Gespräche über die Aufnahme von geflüchteten Menschen geführt?

a)    Wenn ja, um welches Mitglied der Bundesregierung handelt es sich hierbei?

b)    Wenn ja, um welche Einrichtungen und Institutionen handelt es sich hierbei? Bitte um Auflistung.

c)    Wenn ja, wann wurden diese Gespräche geführt?

d)    Wenn ja, welche Schlüsse bzw. welches Ergebnis wurde aus den Gesprächen gezogen?  

e)    Wenn nein, warum nicht?

 

5.    Hatten bzw. haben Sie mit den griechischen Behörden bzw. Ihrem griechischen Amtskollegen Gespräche über den menschenunwürdigen Zustand auf Lesbos geführt?

a)    Wenn ja, mit wem genau hatten Sie Kontakt?

b)    Wenn ja, wann genau?

c)    Wenn ja, welche Schlüsse bzw. welches Ergebnis wurde aus den Gesprächen gezogen?  

d)    Wenn nein, warum nicht?

 

6.    Hatten bzw. haben Sie die Aufnahme von Menschen aus den Lagern im Rat der EU zum Thema gemacht?

a)    Wenn ja, wann genau?

b)    Wenn ja, in welcher Form?

c)    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

d)    Wenn nein, warum nicht?

 

7.    Hatten bzw. haben Sie die Aufnahme von Menschen aus den Lagern bei dem zuständigen EU-Kommissar Margaritis Schinas zum Thema gemacht?

a)    Wenn ja, wann genau?

b)    Wenn ja, wie oft?

c)    Wenn ja, in welcher Form?

d)    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

e)    Wenn nein, warum nicht?

 

8.    Spricht sich die österreichische Bundesregierung für die Aufnahme von geflüchteten Menschen aus den griechischen Lagern aus?

a)    Wenn ja, was unternimmt sie dafür?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

9.    Warum blockiert die Bundesregierung die Appelle der vielen Gemeinden österreichweit, Menschen aufzunehmen?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201214_OTS0152/scharfer-rsf-protest-gegen-informationssperre-auf-lesbos