4666/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.12.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend "neue Teststrategie"- Antigentests

 

Am 13.10. wurde die "neue Teststrategie" auf die Website des BMSGPK hochgeladen. Hierbei handelt es sich erneut lediglich um eine Art Übersicht über die unterschiedlichen Testarten, ergänzt um Point of Care Antigenschnelltests (Antigentests), und deren grundlegende Anwendungsgebiete - ohne konkrete Vorgaben oder Leitfäden an die Einrichtungen und Behörden, die diese "Strategie" in der Praxis anwenden sollen. Am 21.10. präsentierte Bundesminister Anschober schließlich im Rahmen einer Pressekonferenz die nächsten Schritte. So sollten diese Antigentests ab 22.10. von Ärzt_innen im niedergelassenen Bereich eingesetzt werden. Minister Anschober sprach von einer "hohen Bereitschaft", ein Anmeldesystem gebe es allerdings nicht. Wie viele Ärzt_innen diese Tests durchführen werden, blieb daher im Dunkeln. https://www.derstandard.at/story/2000121110762/corona-test-beim-hausarzt-wie-viele-mediziner-mitmachen-ist-noch Die entsprechende Verordnung wurde am 21.10. herausgegeben. https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2020_II_453/BGBLA_2020_II_453.pdfsig

Seitens der Ärztekammer und von Ärzt_innen selbst wurde umgehend Kritik laut. So sei die Ärztekammer nicht ausreichend in die Entscheidung über den Einsatz von Antigentests im niedergelassenen Bereich einbezogen worden, es sei nicht geklärt, wie viele Praxen überhaupt über die notwendigen räumlichen Voraussetzungen verfügen, die Antigentests stünden für Ärzt_innen noch gar nicht zur Verfügung, viele Ärzt_innen erfuhren überhaupt aus den Medien von diesem neuen Vorhaben des Gesundheitsministers.

Gleichzeitig sind Spezifität/Sensitivität von Antigentests unter Expert_innen nicht unumstritten, die tatsächlichen Werte für die beiden Parameter zur Beurteilung der Testgenauigkeit weichen in der Praxis von den Herstellerangaben ab. In der Spätphase einer COVID-Erkrankung und bei Asymptomatischen ist die Zuverlässigkeit der Antigentests bereits mehrfach in Kritik geraten. Expert_innen raten daher davon ab, Antigentests als Ersatz für einen PCR-Test anzuwenden. In der "neuen Teststrategie" nehmen diese Antigentests jedoch eine prominente Rolle ein.

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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Antigentests wurden bisher beschafft?

a.    Wer übernahm die Beschaffung?

b.    Welche Antigentests von welchem Hersteller wurden bzw. werden beschafft?

c.    Gibt es hier Rahmenvereinbarungen zwischen dem Ministerium und dem Hersteller/den Herstellern?

                                      i.Zu welchen Konditionen?

                                    ii.Wurde eine Mindestabnahme vereinbart? Zu welcher Stückzahl?

d.    Wie hoch waren der Stückpreis/die Gesamtkosten?

2.    Gab es eine Ausschreibung?

a.    In welchem Zeitraum lief diese?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Wer validierte diese Tests?

a.    Mit welchen Ergebnissen?

b.    Welcher Abweichung von den Herstellerangaben entsprechen diese Ergebnisse?

4.    Wie organisiert das Ministerium die Verteilung an die Hausärzt_innen?

a.    Gibt es einen Verteilungsschlüssel? Welchen?

5.    Sind Antigentests auch bei Apotheken erhältlich?

a.    Wenn ja, kaufen Apotheken selbst Antigentests über den Großhandel, oder werden diese auch über das Bundeskontingent versorgt?

                                      i.Falls sie über das Bundeskontingent versorgt werden: Wie viele Tests erhalten die Apotheken?

b.    Wenn nein, welche zwingenden Notwendigkeiten stehen einem Vertrieb von Antigentests über Apotheken im Weg?

6.    Wurde vom BMSGPK vor Fertigstellung der "neuen Teststrategie" bzw. deren Präsentation erhoben, wie viele Praxen überhaupt über die notwendigen räumlichen Voraussetzungen verfügen, um eine Trennung von COVID-Verdachtsfällen und anderen Patient_innen zu ermöglichen?

a.    Wenn ja, wie viele?

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Warum gibt es, wie Aussagen des Ministers gegenüber dem "Standard" zeigen, kein Anmeldesystem für jene Ärzt_innen, die Antigentests durchführen werden?

a.    Ist ein solches System in Planung?

b.    Wie wird dem BMSGPK ansonsten gemeldet, welche Ärzt_innen diese Tests durchführen wollen?

c.    Wie wird die Verteilung der Tests seitens des BMSGPK gewährleistet, wenn gar nicht klar ist, wer die Abnehmer_innen für diese Tests sind?

8.    Wie viele Ärzt_innen haben sich vor Ankündigung in der Pressekonferenz am 21.10. bereit erklärt, Antigentests durchzuführen? Wie viele danach?

9.    Warum wurde die entsprechende Verordnung über nähere Bestimmungen über die Durchführung von COVID-19-Tests im niedergelassenen Bereich nicht mit der Ärztekammer abgesprochen?

a.    Ist es zutreffend, dass wesentliche Gespräche mit der Ärztekammer entweder gar nicht oder nicht zu Ende geführt wurden?

10. In einer Aussendung vom 22.10. sagte Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, die Tests, die laut Minister Anschober ab 22.10. von den Ärzt_innen durchgeführt werden könnten, stünden noch gar nicht zur Verfügung.

a.    Ist dies zutreffend? Ab wann stehen sie zur Verfügung? (bitte um Auflistung je Bundesland)

b.    Wann wird bzw. wurde mit der Auslieferung der Tests begonnen?

11. Wurden Ärzt_innen im Vorfeld der Pressekonferenz am 21.10. informiert, dass Antigentests künftig im niedergelassenen Bereich möglich sein werden?

a.    Wann?

b.    Von wem?

c.    Wie erklärt sich das BMSGPK, dass viele Ärzt_innen aus den Medien davon erfuhren, dass Antigentests ab 22.10. in den Praxen durchgeführt werden können?

d.    Wenn nein, warum nicht?

12. Aus der Verordnung über nähere Bestimmungen über die Durchführung von COVID-19-Tests im niedergelassenen Bereich: "Für das Material, die Probenentnahmen, die Auswertung eines Antigentests, die dazugehörige Dokumentation sowie das therapeutische Gespräch zwischen Ärztin/Arzt und Patient/in hat der Krankenversicherungsträger eine Fallpauschale
1. in Höhe von insgesamt 65€ je Fall ab der 1. bis zur 30. pro Monat durchgeführten Testung,
2.in Höhe von insgesamt 50€ je Fall ab der 31. bis zur 60. pro Monat durchgeführten Testung,
3.in Höhe von insgesamt 35€ je Fall ab der 61. pro Monat durchgeführten Testung zu bezahlen."

a.    Aus welchen Komponenten setzt sich diese Fallpauschale zusammen?

b.    Wie wurden die einzelnen ärzteseitigen Kostenfaktoren bewertet, um den Preis festzusetzen?

c.    Ist es zutreffend, dass diese Pauschale einseitig durch das BMSGPK festgelegt wurde? Warum wurde die Ärztekammer hier nicht einbezogen?

13. Antigentests sind, wie in der Pressekonferenz am 21.10. ausgeführt, laut Herstellerangaben bei symptomatischen Personen anzuwenden. In der "neuen Testrategie" wird allerdings Folgendes angeführt: "Für asymptomatische Personen im Rahmen von Ausbruchsmanagement, Testungen von Hochrisiko-Kontaktpersonen und Einsatz als Screeningtest in Einrichtungen mit besonders exponiertem Personal (v.a. Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen)".

a.    Wieso setzt man im Rahmen des Ausbruchsmanagements und bei Screenings in Einrichtungen mit besonders exponiertem Personal nicht weiterhin auf die weitaus verlässlichere PCR, wenn Antigentests bekanntermaßen bei Asymptomatischen weniger verlässlich sind?

14. Soll nun grundsätzlich, also in jedem Fall, bei der Testung von Symptomatischen, Kontaktpersonen der Kategorie 1 und im Rahmen von Screenings zuerst ein Antigentest durchgeführt werden und erst in einem nächsten Schritt und falls angezeigt eine PCR?

a.    Wenn ja, mit welcher Begründung und auf Basis welcher wissenschaftlichen Evidenz?

b.    Wenn nein, wie wird im Rahmen des Contact Tracings unterschieden, ob eine Kontaktperson der Kategorie 1 (symptomatisch/asymptomatisch) zuerst mittels PCR, oder zuerst mittels Antigentest getestet wird?

                                      i.Aufgrund welcher Kriterien wird hier unterschieden?

                                    ii.Wer trifft diese Unterscheidung?

                                   iii.Gibt es hier konkrete, einheitliche, bundesweite Vorgaben für die Behörden?

1.    Wenn ja, welche? Warum sind diese nicht in der "neuen Teststrategie" enthalten?

2.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein, wie wird nach Anruf bei 1450 unterschieden, ob eine symptomatische Person zuerst mittels PCR, oder zuerst mittels Antigentest getestet wird?

                                      i.Aufgrund welcher Kriterien wird hier unterschieden?

                                    ii.Gibt es hier konkrete, einheitliche, bundesweite Vorgaben für die Mitarbeiter_innen bei 1450?

1.    Wenn ja, welche? Warum sind diese nicht in der "neuen Teststrategie" enthalten?

2.    Wenn nein, warum nicht?

15. Welche konkreten Vorgaben des BMSGPK gibt es bezüglich Screenings in Alten-, Pflege-, und Behindertenheimen, in Gesundheitseinrichtungen und in Schulen bzw. Kindergärten?

a.    Bitte um Übermittlung der konkreten Strategien, die diese Einrichtungen verfolgen sollen, inklusive Angaben über zu verwendende Tests und Intervalle, in denen getestet werden soll.

b.    Falls keine konkreten Vorgaben vorhanden sind: Warum gibt es mit Stand 22.10. noch immer keine konkreten Leitfäden, wie in diesen Einrichtungen im Falle von Screenings getestet werden soll?

16. Welche Screeningangebote für Personen in der 24-Stunden-Betreuung werden derzeit, wie in der "neuen Teststrategie" angeführt, entwickelt?

a.    Wann ist mit der Fertigstellung dieser Entwicklung zu rechnen?

b.    Um welche Angebote handelt es sich?

17. Welche sachlichen Argumente sprechen dagegen, dass Unternehmen Antigentests in das betriebliche Sicherheitskonzept einbauen, ohne bei jedem einzelnen Test einen Arzt zuzuziehen?