496/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.01.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Julia Herr, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Weitergabe vertraulicher Klimastrategie an Großkonzerne und Industrie- Lobbyverbände

Österreich ist verpflichtet bis zum 1. Jänner 2020 eine Klima- Langfriststrategie bis
2050 an die EU- Kommission zu übermitteln. Im Rahmen dieser Strategie soll
dargelegt werden, wie man die Klimaneutralität, also die Herstellung eines Gleichgewichtes zwischen Treibhausgas- Emissionen und deren Abbau durch
Senken, bis zum Jahr 2050 erreichen will.

Medienberichten zufolge, wurde der vertrauliche Entwurf zur Klima- Langfriststrategie
vom Wirtschaftsministerium an die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) vorab mit
der Bitte um „möglichst rasche Anmerkungen zur Strategie“ übermittelt.[1] Nach Bekanntwerden bestätigte das Wirtschaftsministerium, dass der mit eigenem Wasserzeichen versehene Entwurf nur für die interne Konsultation vorgesehen war
und die Übermittlung an die WKO auf einer „Fehleinschätzung eines Mitarbeiters“
beruhte. Anderen Sozialpartnern wie der Arbeiterkammer (BAK), dem
Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) oder der Landwirtschaftskammer (LK)
wurde der Entwurf nicht zugesendet. Auch NGO’s erhielten den Entwurf nicht. Am
16. Dezember wurden lediglich Eckpunkte des Entwurfes im Rahmen eines
Stakeholder- Workshops präsentiert, der Entwurfstext als Ganzes wurde nicht
verteilt. Zudem wurde bekannt, dass die WKO den Entwurf an verschiedene
Konzerne und Industrie- Lobbyverbände weitergeleitet hat. Diese mitunter größten heimischen C02- Emittenten forderte die WKO auf, ihre Anregungen zur Klima- Langfriststrategie zu übermitteln.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Warum hat die Wirtschaftskammer den gesamten vertraulichen Entwurf zur Klima- Langfriststrategie bis 2050 exklusiv vorab erhalten? Wurde die Übermittlung durch Ihr Kabinett veranlasst bzw. durchgeführt? Welche Vorkehrungen trifft das Wirtschaftsministerium, damit derartige Leaks in
Zukunft nicht mehr stattfinden?

2.    Gab es in der Vergangenheit Fälle, in denen vertrauliche Entwürfe zur Klima-
und Energiestrategie Österreichs, wie beispielsweise der Nationale Energie-
und Klimaplan (NEKP) exklusiv und als Ganzes der Wirtschaftskammer übermittelt wurden?

3.    Warum erhielt die Arbeiterkammer den Entwurf nicht mit der Bitte um Anmerkungen?

4.    Warum erhielt der Österreichische Gewerkschaftsbund den Entwurf nicht mit
der Bitte um Anmerkungen?

5.    Wie wurden die Anmerkungen der Wirtschaftskammer in die Klima-
Langfriststrategie eingebettet? Bitte um genaue Darlegung der von der Wirtschaftskammer übermittelten Anmerkungen und der jeweiligen Stellen im
finalen Text der Klimastrategie bis 2050, in denen diese Anmerkungen Berücksichtigung fanden.

6.    Werden Stellungnahmen zur Langfriststrategie, die Ihr Ressort erhalten hat, veröffentlicht?

7.    Welche Maßnahmen trifft das Wirtschaftsministerium, um künftig eine breite Einbeziehung der Sozialpartner und zivilgesellschaftlicher Akteure in den Erstellungsprozess von Klima- und Energiestrategien zu gewährleisten?



[1] https://www.derstandard.at/story/2000112505212/vertraulicher-klimaplan-der-regierung- ging-an-konzerne