497/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.01.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Ergänzung der Machbarkeitsstudie und Ankauf des ehemaligen KZ Gusen

 

Die unterirdische Stollenanlage in St. Georgen an der Gusen ist eines der größten

nationalsozialistischen Bauwerke in Österreich. Man kann davon ausgehen, dass zeitweise mehr Menschen in den Stollen gefangen gehalten wurden als im benachbarten Konzentrations- und Vernichtungslager Mauthausen. Der Stollenbau und die Rüstungsproduktion wurden als „kriegsentscheidend“ betrachtet. Der Lagerkomplex Gusen mit seinen drei Lagerteilen Gusen I, II und III hatte im Mauthausen-System besonderen Stellenwert im Hinblick auf Häftlingszahlen als auch die enorme Todesrate und die eigenständige Vergabe von Häftlingsnummern bis zum 23.1.1944. Bis zur Befreiung durch die Allierten im Mai 1945 waren in Gusen mindestens 71.000 Menschen aus 27 verschiedenen Nationen dort gefangen. Über die Hälfte kam dort zu Tode[1].

Kurz nach der Befreiung Gusens wurden bereits die ersten Überreste der Anlage abgetragen. Es ist bezeichnend, dass Initiativen zur Errichtung einer Gedenkstätte von einem ehemaligen italienischen Insassen des Konzentrationslagers ausgingen, der in den 1960er Jahren mit dem Bau einer Erinnerungsstätte begann. Seit Jahren gibt es Ideen, Wünsche und entsprechende Ankündigungen, auch die Außenlager des KZ Mauthausen stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Seit 1997 liegt die Verantwortung für die Erhaltung und Betreuung des Memorials beim Innenministerium. 2004 wurde das Besucherzentrum eröffnet, im Herbst 2005 wurde die Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers präsentiert[2]. 2009 beschloss das Innenministerium die Stollen des ehemaligen KZ Gusen auch museal weiter auszubauen[3]. Mehr als 10 Jahre nach dieser Meldung, ist leider immer noch nicht klar, wie es mit der Gedenkstätte Gusen nun weitergehen soll. Ende des Jahres 2019 gab nun der damalige Innenminister bekannt, die Grundstücke kaufen zu wollen – auch um Polen vorzuzukommen, denn auch der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki hatte Interesse bekundet.[4]

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1)      In der Anfragebeantwortung 115/AB vom 30.12.2019 zu 101/J (XXVII. GP) wird ausgeführt, dass der damalige Innenminister die in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zur Gedenkstätte Gusen bereits erhielt und um Ergänzungen gebeten hatte um „weitere denkmögliche alternative Umsetzungsmöglichkeiten“ zu untersuchen. Welche Ergänzungen wurden konkret durch den damaligen Innenminister erbeten und warum?

a)       Bis wann wird die Ergänzung der Machbarkeitsstudie fertig sein?

b)      Wann wird die Machbarkeitsstudie der Öffentlichkeit präsentiert?

2)      Seit wann ist in Ihrem Ressort die Stellungnahme des Comité International de Mauthausen in der Causa GUSEN vom 14. Dezember 2019 bekannt?

a)      Hat Ihr Ressort auf die Stellungnahme reagiert? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

3)      In einer von ihrem Ressort beauftragten Machbarkeitsstudie zur Gedenkstätte Gusen sollte die Möglichkeit des Ankaufs der Republik beziehungsweise alternative Umsetzungsmöglichkeiten geprüft werden. Ist diese Studie bereits abgeschlossen?

a)      Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b)      Wenn ja, wann wird das Ergebnis der Öffentlichkeit präsentiert?

4)      Zu welchen konkreten Ergebnissen kam das Sachverständigengutachten, das von der Bundesanstalt KZ-Gedenkstätte Mauthausen eingeholt wurde?

a)      Wann wurde das Gutachten abgeschlossen?

b)      Welche konkreten Schritte ergeben sich für Ihr Ressort daraus?

5)      Zu welchen konkreten Ergebnissen führten die bilateralen Gespräche mit VertreterInnen Polens, Frankreichs, der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich und dem Mauthausen Komitee Österreich bezüglich des Ankaufs der Liegenschaften Gusen?

a)      Welche konkreten Schritte ergeben sich für Ihr Ressort daraus?

b)      Werden weitere Gespräche folgen? Wenn ja, mit wem konkret?

6)      Zu welchen konkreten Ergebnissen führten die bilateralen Gespräche mit VertreterInnen der Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St.Georgen (Gemeindeverband) und von NGOs bezüglich des Ankaufs der Liegenschaften Gusen?

a)      Werden weitere Gespräche folgen? Wenn ja, mit wem konkret?

b)      Welche konkreten Schritte ergeben sich für Ihr Ressort daraus?

c)      Wann konkret werden Gespräche mit den GrundstückseigentümerInnen geführt?

7)      Auch auf Seite 52 des Regierungsübereinkommens 2020-2024 ist der „Ankauf und Weiterentwicklung der Gedenkstätte KZ Mauthausen-Gusen“ festgehalten. Wie ist der momentane Erkenntnisstand zu diesen Plänen?

a)      Wann kann mit einem Abschluss der Planungsphase gerechnet werden?

8)      Welche Schritte wurden bisher gesetzt um den Ankauf der Gedenkstätte zu prüfen und umzusetzen?

9)      Welche konkreten Maßnahmen sollen künftig gesetzt werden, die Gedenkstätte Gusen stärker ins Bewusstsein zu rücken?

a)      Wer ist mit der Planung zur Weiterentwicklung der Gedenkstätte beauftragt?

b)      Welche wissenschaftlichen Institutionen sind an der Ausarbeitung einer Weiterentwicklungsstrategie beteiligt? (Bitte um Auflistung der konkreten Institutionen oder WissenschafterInnen)

10)  Wurden bereits konkrete, budgetäre Pläne bezüglich der Gedenkstätte Gusen von ihrem Ressort entworfen?

a)      Wenn ja, wie schlüsseln sich diese Pläne auf?

b)      Wenn nein, warum nicht?

11)  Wie konkret wird die Bevölkerung und die VertreterInnen der Gemeinde Langenstein und der Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St. Georgen in die Ausarbeitung der Konzepte miteinbezogen und in wieweit wurden ihre Vorschläge in der Machbarkeitsstudie berücksichtigt?

12)  Welche konkreten Inhalte und geplanten Orte / Plätze sind vorgesehen für:

a.      den „Archäologiepark“

b.      den „Erinnerungspark“

c.       den „Begegnungspark“

d.      die „Fünf Orte der Erinnerung“

13)  Zu Gusen gehört auch das Stollensystem „Bergkristall“ in St.Georgen an der Gusen. Dort wird auf Initiative der Marktgemeinde St.Georgen/Gusen und der Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St.Georgen eine KZ-Gedenkstätte geplant und mit finanzieller Unterstützung durch die Marktgemeinde St.Georgen/Gusen, dem Land Oberösterreich und für den Innenausbau durch die Leader-Region Perg-Strudengau ein Besucherzentrum mit einem Haus der Erinnerung errichtet.

Wie weit ist in der Machbarkeitsstudie der geforderte Ankauf der angrenzenden Liegenschaften zur Gedenkstätte berücksichtigt? Wie weit wurden bzw. werden Verkaufsverhandlungen geführt?

a.      Ist eine finanzielle Unterstützung  aus Ihrem Ressort für die Bewusstseinsregion Mauthausen-Gusen-St.Georgen für den Betrieb dieser Gedenkstätte beim Stollensystem „Bergkristall“ vorgesehen?

b.      Im Haus entsteht eine Dauerausstellung zum Thema Zwangsarbeit. Ist eine finanzielle Unterstützung aus Ihrem Ressort für die Ausstellung berücksichtigt?

14)  Wie weit ist generell die finanzielle Unterstützung der Arbeit und Projekte der Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St.Georgen aus Ihrem Ressort berücksichtigt?

 

 

 



[1] vgl. u.a. https://www.mauthausen-memorial.org/de/Gusen/Das-Konzentrationslager und http://www.erinnern.at/bundeslaender/oesterreich/gedaechtnisorte-gedenkstaetten/katalog/gusen [zuletzt aufgerufen am 2. Jänner 2020]

[2] https://www.mauthausen-memorial.org/de/Wissen/Geschichte-der-KZ-Gedenkstaetten/Geschichte-der-KZ-Gedenkstaette-Gusen [zuletzt aufgerufen am 2.Jänner 2020]

[3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_200906_OTS0170/fekter-mauthausen-als-ort-des-gedenkens-an-die-opfer-weiter-entwickeln [zuletzt aufgerufen am 2. Jänner 2020]

[4] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2043426-Peschorn-will-Kauf-von-Grundstuecken-von-KZ-Gusen-pruefen-lassen.html [zuletzt aufgerufen am 2.Jänner 2020]