4976/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.01.2021
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend

Munitionslieferungen aus dem Landeskriminalamt NÖ an Neonazis

 

Wie den Lesern österreichischer Medien nicht entgangen ist, wurden im Dezember des Vorjahres bei einem amtsbekannten Neonazi 76 voll- und halbautomatische Waffen, Pistolen, Handgranaten, Sprengstoff und Nitroglyzerin gefunden und sichergestellt. Die Hausdurchsuchung erfolgte im Rahmen einer lange geforderten Aktion gegen eine seit Jahren zunehmend aktiver werdende rechtsextreme Szene in Österreich.

Der Umstand, dass eine Befassung mit Rechtsextremismus durch Sicherheitsberichte des BMI unter der Regierung Schüssel im Jahr 2002 abgeschafft wurde, hat zu einem Wiederaufkeimen rechtsextrem motivierter Umtriebe geführt. Bis 2002 gab es – wie in Deutschland bereits seit unvordenklicher Zeit - eigene Rechtsextremismus-Berichte, welche eine effiziente Bekämpfung rechtsextremer Entwicklungen ermöglichten.

Unzählige Forderungen nach der Wiedereinführung solcher Berichte wurden von durch die ÖVP gestellte Minister im BMI stets strikt aber unbegründet zurückgewiesen. Das Ergebnis wird nunmehr sichtbar. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, dass die zunehmenden rechtsextremen Aktivitäten im Lichte unserer politischen Vergangenheit sogar den Ruf Österreichs im Ausland zunehmend gefährden.

Wie leider aber auch bei vielen anderen Themen, war der Regierung Sebastian Kurz ein Zurückdrängen derartiger Aktivitäten kein besonderes Anliegen, sodass erst über Antrag der SPÖ 2019 im Nationalen Sicherheitsrat ein Beschluss auf Wiedereinführung dieses Berichtes gefasst werden konnte, was die Regierung Sebastian Kurz dazu zwang, die Maßnahme auch tatsächlich umzusetzen.

Zwischenzeitig wird allerdings erkennbar, zu welchen Auswirkungen die jahrelange Missachtung der rechtsextremen Aktivitäten geführt hat, nämlich sogar zu einer Unterwanderung österreichischer Behörden durch Rechtsextreme. Anders ist es nicht zu verstehen, dass – wie nunmehr festgestellt werden konnte – Beamte des Landeskriminalamtes NÖ den eingangs erwähnten Neonazi mit Munition aus Bundesbeständen versorgten. Ein Umstand, der fassungslos macht.

Genauso fassungslos macht allerdings, dass bis dato keinerlei sichtbare Reaktion des Innenministers auf diesen unglaublichen Skandal erfolgte. Dass sich die Herren Kurz und Nehammer in auffallender Weise durch öffentliche Auftritte ohne bemerkenswerte Inhalte, dafür aber mit „schönen“ Fotos immer wieder in Szene zu setzen versuchen ist bekannt, unangenehm ist allerdings, dass daneben zumindest in einem Mindestmaß zweckdienliche inhaltliche Führungsarbeiten zu leisten wäre, was aber leider nicht passiert. Ein Beispiel dafür ist der katastrophale Umgang mit der Corona-Pandemie, wo Österreich auf einen der weltweit schlechtesten Plätze in allen relevanten Lösungskriterien gelandet ist.

Was das BMI anlangt, haben bereits die unsagbaren Entwicklungen rund um den  BVT-Skandal aufgezeigt, dass eine wichtige Einheit für die Sicherheit des Landes durch unqualifizierte, dafür aber parteipolitisch als ÖVP-Bekenner ausgewiesene Spitzenbeamte die Sicherheit des Landes gefährden und Österreich zu einer internationalen Lachnummer verkommen ließen.

Die für den Tod unschuldiger Menschen im Rahmen des Terroranschlages vom 2. November in Wien ursächliche völlige Unfähigkeit der BVT-Dienste war ein weiteres schlagendes Beispiel für Inkompetenz und eine verkommene Einstellung zur Erfüllung wesentlicher Sicherheitsaufgaben für die Bevölkerung.

Dass nunmehr aber sogar Neonazis mit Munition aus Bundesbeständen ausgestattet werden und die Herren Kurz und Nehammer in die sattsam bekannte Schweigespirale verfallen, bringt das Fass zum überlaufen.

Im Zusammenhang mit diesem tragischen Bild völliger Verantwortungslosigkeit wird daher die Beantwortung nachstehenden Fragen beantragt:

1)    Wann haben sie erstmals vom Umstand erfahren, dass ein Polizist des LKA-Niederösterreich Neo-Nazis mit Munition aus den Beständen der Republik versorgt?

2)    Welche Reaktionen haben Sie aufgrund dieser Information gesetzt und - konkret - welche behördlichen Anweisungen an welche Personen erteilt um mit diesen Umstand adäquat umzugehen?

3)    Wurden staatsanwaltschaftliche  Behörden informiert  und wenn ja, welche und von wem? Wenn nein,  warum nicht?

4)    Finden Sie es als angemessen, dass Österreich im internationalen Umfeld durch parteipolitisch beherrschte Einrichtungen wie das BVT durch kafkaeske Aktivitäten internationalem Gespött ausgesetzt wird und wenn nein, was gedenken Sie dagegen zu tun?

5)    Fühlen Sie sich durch Bundeskanzler Kurz in dieser Aufgabe unterstützt und wenn ja, durch welche konkreten Umstände und wenn nein, aus welchem Grund erfolgen derartige Unterstützungen nicht?

6)    Gedenken Sie dafür zu sorgen, dass Berichte Ihres Hauses zur Entwicklung und Bekämpfung von Rechtsradikalismus in umfassender Weise wieder veröffentlicht werden und wenn ja, in welchen zeitlichen Abständen und ab wann?