5008/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.01.2021
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Anfrage
des Abgeordneten Walter Rauch, Erwin Angerer
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Anti-Atom-Erklärung Österreichs im Vertrag von Lissabon
Der EURATOM-Vertrag ist einer der drei Gründungsverträge der heutigen Europäischen Union. Er dient in erster Linie der Förderung der Kernforschung und der Verbreitung des Wissens um die Kernenergie. Während einige Vertragsbestandteile nur für die Mitgliedsstaaten von Bedeutung sind, die Kernkraftwerke betreiben, sind andere Vertragsteile wie die Aufforderung zur Festlegung von Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung sowie der Arbeitskräfte für alle Mitgliedsstaaten relevant.[1])
Bereits zur Schlussakte von Lissabon vom 13. Dezember 2007 haben die Bundesrepublik Deutschland, Irland, die Republik Ungarn, die Republik Österreich und das Königreich Schweden eine Erklärung (Erklärung Nr. 54) abgegeben, in der sie eine zeitgemäße Veränderung des EURATOM-Vertrages fordern[2]):
„Deutschland, Irland, Ungarn, Österreich und Schweden stellen fest, dass die zentralen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft seit seinem Inkrafttreten in ihrer Substanz nicht geändert worden sind und aktualisiert werden müssen. Daher unterstützen sie den Gedanken einer Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedsstaaten, die so rasch wie möglich einberufen werden sollte.“[3])
Das erwähnt auch Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer in seiner Stellungnahme im Expertenhearing zum EURATOM-Volksbegehren im parlamentarischen Umweltausschuss am 12.01.2021 und führt zugleich eine Begründung für das Aufsetzen der damaligen Erklärung an:
„Und schließlich und endlich in der Erklärung Nr. 54 zum Vertrag von Lissabon haben fünf Mitgliedsstaaten damals, Deutschland, Österreich, Irland, Schweden und Ungarn, (…) haben akkordiert dargelegt, dass sie sich für eine Änderung des EURATOM-Vertrages in einer eigenen Regierungskonferenz so rasch wie möglich aussprechen. Das war 2007, unterschrieben 2009 und begründet wurde dies damit, dass der EURATOM-Vertrag, dessen Ziel darin besteht, die friedliche Nutzung der Kernenergie zu fördern, seit 1957 nie wesentlich geändert wurde und vor den neuen Herausforderungen einer Änderung bedürfte. Deswegen haben diese fünf Mitgliedsstaaten sich für eine Regierungskonferenz zur Änderung des Vertrages, so rasch wie möglich, ausgesprochen. Das ist die heute geltende Rechtslage.“
Die bis heute geltende Rechtslage zum EURATOM-Vertrag stammt also trotz zahlreicher wesentlicher Veränderungen, die sich bis heute in der EU ergeben haben, noch immer aus dem Jahr 1957. Eine damals geforderte Konferenz hat bis heute nicht stattgefunden.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende
ANFRAGE
2. Wie ist der aktuelle Verhandlungsstand hinsichtlich der Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag?
3. Welche Initiativen oder Maßnahmen wurden seit der Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag seitens Österreichs gesetzt?
4. Welche Initiativen oder Maßnahmen wurden seit der Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag seitens der anderen Vertragspartner gesetzt?
5. Welche Initiativen oder Maßnahmen wurden seit der Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag seitens der EU gesetzt?
6. Welche Maßnahmen wurden bezugnehmend auf die Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag von ÖVP-Umweltminister Josef Pröll konkret getroffen?
7. Welche Maßnahmen wurden bezugnehmend auf die Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag von ÖVP-Umweltminister Nikolaus Berlakovich konkret getroffen?
8. Welche Maßnahmen wurden bezugnehmend auf die Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag von Ihrer Seite konkret getroffen?
9. Wurde die Konferenz gem. Erklärung Nr. 54 einberufen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, welche Schritte hat die Konferenz dieser Länder bislang gesetzt?
c. Wenn ja, welche gemeinsamen Schritte sind gegenwärtig in Aussicht genommen?
d. Wenn ja, welche diesbezüglichen Schritte planen Sie bzw. Ihr Ressort?
10. Inwiefern betrachten Sie die Erklärung Nr. 54 als politischen Auftrag?
11. Auf welchen Ebenen wurden Sie diesbezüglich bi- oder multilateral aktiv?
12. Mit welchen Staaten stehen Sie diesbezüglich im Austausch?
13. Fanden seit der Ratifizierung des Lissaboner Vertrags Gespräche mit anderen EU-Staaten statt, um über die weitere Vorgehensweise hinsichtlich der Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag zu beraten?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, in welche Form?
c. Wenn ja, mit welchen EU-Staaten wurde darüber beraten?
d. Wenn ja, wie lauten die konkreten Inhalte?
e. Wenn ja, wie lauten die konkreten Ergebnisse?
f. Wenn nein, warum nicht?
14. Ist eine Konferenz, wie in der Erklärung Nr. 54 gefordert, geplant?
a. Wenn ja, wann und wer wird daran teilnehmen?
b. Wenn nein, warum nicht?
15. Wird man seitens Ihres Ministeriums mit weiteren EU-Staaten über die weitere Vorgehensweise hinsichtlich der Erklärung Nr. 54 im Lissaboner Vertrag beraten?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, in welcher Form?
c. Wenn ja, mit welchen EU-Staaten werden Sie darüber beraten?
d. Wenn ja, wie lauten die konkreten Forderungen bzw. Inhalte Ihrerseits?
e. Wenn nein, warum nicht?
16. Gibt es auf Basis der Erklärung Nr. 54 einen damaligen Entwurf, einen Vorschlag bzw. ein Arbeitspapier welche Änderungen bzw. Aktualisierungen des EURATOM-Vertrages sich Österreich erwartet?
a. Wenn ja, wie sieht dieser aus und welche Anpassungen möchte Österreich?
b. Wenn nein, warum nicht?
17. Gibt es auf Basis der Erklärung Nr. 54 einen aktuellen Entwurf, einen Vorschlag bzw. ein Arbeitspapier welche Änderungen bzw. Aktualisierungen des EURATOM-Vertrages sich Österreich erwartet?
a. Wenn ja, wie sieht dieser aus und welche Anpassungen möchte Österreich?
Wenn nein, warum nicht?
18. Welche Positionen nehmen Österreichs Vertreter im Rahmen von EURATOM ein?
19. Sind diese Vertreter gebunden, beispielsweise sich gegen die Nutzung von Atomkraft auszusprechen?
a. Wenn ja, gibt es diesbezüglich eine Berichtspflicht?
b. Wenn nein, warum nicht?
c. Wenn nein, inwiefern ist das mit dem (außenpolitischen) Engagement Österreichs gegen Atomkraft vereinbar?