5020/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.01.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Vertuschung relevanter Dokumente vor dem Ibiza-U-Ausschuss durch das Bundesministerium für Justiz

 

 

Am 13. Jänner 2021 wurde nach Enthüllungen eines ehemaligen Kabinettsmitarbeiters im Bundesministerium für Justiz medial bekannt, dass dem Ibiza- Untersuchungsausschuss von diesem Ressort offenbar wichtige Dokumente vorenthalten wurden. Es soll sich dabei insbesondere um E-Mails, Memos und Weisungen des ehemaligen ÖVP-Justizministers Dr. Josef Moser, die Ermittlungen nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos betreffend, handeln.

 

Als würde dieser Vertuschungsversuch gegenüber dem Parlament noch nicht schwer genug wiegen, sollen sowohl der ehemalige Leiter der Sektion IV „Strafrecht“, Mag. Christian Pilnacek, als auch der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Mag. Johann Fuchs, vor dem Untersuchungsausschuss bezüglich etwaiger Weisungen von Dr. Moser falsch ausgesagt haben.

 

Im Rahmen einer Weisung wollte Justizminister Dr. Moser augenscheinlich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von den Ermittlungen fernhalten. Wie die Tageszeitung „Der Standard“ in ihrer Online-Ausgabe vom 13. Jänner 2021 unter anderem berichtete, schrieb Mag. Pilnacek am 18. Mai 2019 an Mag. Fuchs: „Lieber Hans! Ich denke, dass du den Auftrag aktiv stellen solltest; HBM (Herr Bundesminister; gemeint ist der damalige Justizminister Josef Moser, Anm.) möchte WKStA keine aktive Rolle zukommen lassen.“ (https://www.derstandard.at/story/2000123258989/insider-wirft-justiz-vertuschung-rund-um-ibiza-ermittlungen-vor)

 

Darüber hinaus soll Mag. Pilnacek schon einige Tage vor der Hausdurchsuchung bei Mag. Thomas Schmid, dem ehemaligen Generalsekretär von Finanzminister Hartwig Löger, von dieser Maßnahme in Kenntnis gesetzt worden sein, und nicht erst danach, wie er vor dem Untersuchungsausschuss angab.

Diese Vorwürfe legen nicht nur den Verdacht der Erfüllung des Straftatbestands der Falschaussage durch die beiden Beschuldigten nahe, sondern auch jenen des Amtsmissbrauchs und daraus resultierend die Absicht zentraler Amtsträger, die Aufklärungsarbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu sabotieren. Seitens des verantwortlichen Bundesministers besteht daher unverzüglicher Handlungsbedarf um die Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien zu gewährleisten bzw. wiederherzustellen.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Warum wurden die beschriebenen Dokumente aus der Weisungskette dem Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht übermittelt?

 

a.    Welche Person bzw. Personen trafen die diesbezügliche Entscheidung auf Basis welcher Grundlage?

b.    Existieren hinsichtlich dieser Entscheidung über die Nichtübermittlung Weisungen bzw. Aktenvermerke?

c.    Wenn ja, mit welchen konkreten Inhalten?

d.    Welche Maßnahmen haben Sie als verantwortlicher Ressortchef nach öffentlichem Bekanntwerden der obig ausgeführten Vorwürfe am 13. Jänner 2021 zur internen Aufklärung getroffen?

 

2.    Wurde das Kabinett der Bundesministerin für Justiz über den geschilderten Sachverhalt vor dessen öffentlichem Bekanntwerden informiert?

 

a.    Wenn ja, wann und durch wen?

b.    Wenn ja, wurde die Bundesministerin für Justiz über diesen Sachverhalt informiert?

c.    Wenn ja, welche Maßnahmen wurden danach gesetzt?

d.    Wenn ja, wurden anschließend diesbezüglich Weisungen erteilt?

e.    Wenn ja, mit welchen konkreten Inhalten?

f.     Wenn ja, warum wurden die Dokumente dem Untersuchungsausschuss erst nach der ergänzenden Beweisanforderung vom 3.12.2020 übermittelt?

g.    Falls nein, warum nicht?

h.    Falls nein, welche Konsequenzen wurden danach gesetzt?

 

3.    Wurden disziplinarrechtliche Schritte gegen Mag. Pilnacek und Mag. Fuchs ergriffen?

 

a.    Wenn ja, welche?

b.    Falls nein, warum nicht?

c.    Warum kam es nicht unmittelbar nach der Einleitung einer Verdachtsprüfung durch die StA Innsbruck zu Suspendierungen?

 

4.    Ist der für die beschriebenen Enthüllungen verantwortliche, ehemalige Kabinettsmitarbeiter im Bereich des Bundesministeriums für Justiz beschäftigt?

 

a.    Wenn ja, auf welchem konkreten Dienstposten?

b.    War dieser Mitarbeiter auch im Kabinett von Bundesministerin Dr. Alma Zadic tätig?

c.    Wenn ja, über welchen genauen Zeitraum?

d.    Wurde Ihrerseits bzw. seitens Ihres Bundesministeriums mit dieser Person nach Veröffentlichung der Vorwürfe Kontakt aufgenommen?

e.    Wenn ja, mit welcher konkreten Absicht?

f.     Hat dieser ehemalige Kabinettsmitarbeiter aufgrund der Weitergabe der betreffenden Dokumente im Hinblick auf die Amtsverschwiegenheit mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen?

g.    Wenn ja, wann wurden entsprechende Verfahren eingeleitet?

 

5.    Ist es möglich, dass seitens des Bundesministeriums für Justiz dem Ibiza-Untersuchungsausschuss noch weitere Dokumente vorenthalten wurden?

 

a.    Wenn ja, welche und warum jeweils?

b.    Falls nein, womit begründen Sie diese Einschätzung?

 

6.    Wann ist damit zu rechnen, dass die im Zuge, der Befragung von Mag. Andreas Holzer am 10. Juni 2020 gewonnene Information, dass neben dem sogenannten Ibiza-Video noch weitere Videos und Tonspuren beschlagnahmt wurden, welche dem Untersuchungsausschuss bis dato nicht vorgelegt wurden, diese dem U-Ausschuss vorgelegt werden?