5028/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.01.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit‚ Familie und Jugend

betreffend Negative Auswirkungen der Teilzeitbeschäftigung von Frauen: Vereinbarkeit Familie und Beruf

Gemeinhin wird mit dem rohen statistischen Einkommensunterschied darauf gepocht, dass Frauen einfach deshalb weniger verdienen, weil sie eben Frauen sind. Doch ist dieser Vorwurf der pauschalen geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung nur bedingt haltbar. Tatsächlich lässt sich ein erheblicher Teil der vorhandenen Einkommensunterschiede anhand verschiedener Charakteristika erklären und nachvollziehbar begründen. Gründe für den Lohnunterschied sind etwa die Berufswahl, tatsächlich angewandte Kompetenzen im Job, vor allem aber lange Karenzzeiten und die Rückkehr in den Job auf Teilzeitbasis. Zwei Aspekte darunter scheinen besonders großen Einfluss zu nehmen: Erstens ist der österreichische Arbeitsmarkt stark in sogenannte Männer- und Frauenberufe aufgeteilt, die schlichtweg unterschiedlich bezahlt werden.

Zweitens werden sowohl in der Praxis als auch in der Literatur Berufsunterbrechungen und lange Teilzeitphasen als ein wichtiger Grund für die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen erkannt. In Österreich dauert die Zeit der Elternkarenz länger als in skandinavischen Ländern, andere Rollenbilder verstärken die Tendenz zur langen Karenz noch zusätzlich. Österreichische Frauen sind auch heute noch vergleichsweise traditionell: Laut der Befragung des International Social Survey Programme stimmten 52 Prozent der Frauen in Österreich der Aussage zu oder sogar stark zu, dass das „Familienleben leidet, wenn die Mutter Vollzeit arbeitet“. In Schweden und Dänemark waren es jeweils nur 14,8 Prozent und 19 Prozent. Umgekehrt stimmten 43 der befragten Schwedinnen bzw. 60 Prozent der befragten Däninnen dieser Aussage „absolut nicht“ zu.

Speziell die Mutterschaft wirkt sich signifikant auf das Einkommen von Frauen aus. Zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes liegt das Erwerbseinkommen von Frauen in Österreich im Schnitt um 51 Prozent unter dem Wert im Jahr vor der Geburt wie eine neue Studie zeigt. Der maßgeblich größte Teil der Gehaltseinbußen entsteht, weil Mütter die Arbeitszeit reduzieren. Viele Frauen kehren nach einer Geburt nur in Teilzeit auf den Arbeitsmarkt zurück, manche gar nicht. 

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Die Auswirkungen einer Teilzeitbeschäftigung manifestieren sich in einem geringeren Einkommen, schlechteren Aufstiegschancen, weniger Arbeitslosengeld aber auch in niedrigeren Pensionen. 

Zu einem interessanten Ergebnis kommt außerdem eine aktuelle Studie, wonach mehr Kindergartenplätze, oder die Dauer der Karenz bedingt Auswirkungen auf das Einkommen haben, da Frauen nach der Geburt großteils einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und im weiteren Erwerbsverlauf nur in den seltensten Fälle in eine Vollzeitbeschäftigung wechseln. Ursache für diesen geringen Effekt der Kindergartenplätze ist laut der Ökonomin Köppl-Turyna hauptsächlich auf die schlechten Öffnungszeiten zurück zu führen. Was Öffnungszeiten und Schließtage betrifft, ist die aktuelle Situation in Österreich nicht zufriedenstellend. Außerhalb Wiens hat mehr als die Hälfte aller Kinderbetreuungseinrichtungen mehr als fünf Wochen im Jahr geschlossen (51,2 Prozent) – das heißt, dass nicht einmal die Hälfte aller Kinderbetreuungseinrichtungen es Alleinerzieher_innen ermöglichen, erwerbstätig zu sein und keine private Kinderbetreuung organisieren zu müssen. Auch was die Öffnungszeiten der Kindertagesheime angeht, zeigt sich ein deutliches Stadt-Land-Gefälle: Knapp die Hälfte der Betreuungseinrichtungen außerhalb Wiens (47,2 Prozent) schließt bereits vor 16 Uhr, fast ein Drittel (rund 32 Prozent) sogar vor 15 Uhr. Knapp die Hälfte der Betreuungseinrichtungen in Österreich hat täglich weniger als acht Stunden geöffnet (vgl. Kindertagesheimstatistik, Statistik Austria).

Das Türkis-Grüne Regierungsprogramm lässt darauf schließen, dass die Regierungsparteien sich der Konsequenzen langer Teilzeitbeschäftigung von Frauen durchaus bewusst sind und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Rolle spielt, doch leider bleibt es bei Überschriften.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wurden bereits gemäß Regierungsprogramm "partnerschaftliche Formen der Elternteilzeit" überprüft?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn ja, welche Maßnahmen werden aus der Überprüfung abgeleitet?

d.    Wenn ja, befinden sich bereits Maßnahmen in der Umsetzung?

2.    Wann kommt es gemäß Regierungsprogramm zur Reform der Väterkarenz und Papamonat und zur Verbesserung der Vereinbarkeit?

a.    Welche Maßnahmen werden dafür geplant?

b.    Wie hoch ist das jährlich dotierte Budget bis 2024?

3.    Wann kommt es gemäß Regierungsprogramm zum Ausbau einer flächendeckender und bedarfsgerechter Kinderbetreuung?

a.    Welche konkreten Maßnahmen sind bis 2024 geplant?

b.    Wie hoch ist das jährlich dotierte Budget dafür? 

c.    Um wie viele Prozent wird der Anteil an VIF konformen Kinderbetreuungseinrichtungen bis 2024 in Österreich erhöht? (Um eine Auflistung nach Bundesländern wird gebeten)

4.    Welche familienpolitischen Maßnahmen werden entwickelt, um die Teilzeitquote von Müttern über den Erwerbsverlauf zu reduzieren?

a.    Welche konkreten Maßnahmen sind bis 2024 geplant?

b.    Welche bestehenden Maßnahmen werden reformiert?  

c.    Wie hoch ist das jährlich dotierte Budget? 

5.    Welche familienpolitischen Maßnahmen werden entwickelt, um Alleinerzieher_innen stärker in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärker zu unterstützen?

a.    Welche konkreten Maßnahmen sind bis 2024 geplant?

b.    Welche bestehenden Maßnahmen werden reformiert?  

c.    Wie hoch ist das jährlich dotierte Budget? 

6.    Welche familienpolitischen Maßnahmen werden bis 2024 entwickelt, um die  Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen stärker zu unterstützen?

a.    Welche konkreten Maßnahmen sind bis 2024 geplant?

b.    Welche bestehenden Maßnahmen werden reformiert?  

c.    Wie hoch ist das jährlich dotierte Budget?