5046/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.01.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,
Alois Schroll, Robert Laimer
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Vorbereitungen des Staatlichen Krisen-und Katastrophenmanagements (SKKM)
für einen möglichen europaweiten Strom-und Infrastrukturausfall (Blackout)
Energie Versorgungs-Unternehmen (EVU) und deren Stromnetze sind Teil der Kritischen Infrastruktur. Europa ist kürzlich knapp an einem Blackout vorbeigeschrammt: am 8.1.2021 kam es laut Austrian Power Grid durch Ausfälle in Südosteuropa zu einer Teilung des europäischen Stromnetzes und einem massiven Frequenzabfall im österreichischen Netz; diese Störung entspricht dem zweitschwersten Vorfall im europäischen Stromnetz.
„The synchronous area of Continental Europe was split into two separated grid regions between 14h05 CET and 15h08 CET when it was reconnected on 8 January 2021. An area in the south east region of the interconnected grid was during that period separated from the rest of Continental Europe A temporary frequency drop of approximately 250 mHz was registered“ meldet das European Network of Transmission System Operators for Electricity dazu. Im konkreten Fall haben die vorgesehenen Sicherungssysteme funktioniert, wodurch die Bevölkerung nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Blackouts passieren häufig und weltweit; davon bleiben auch Industriestaaten nicht verschont. Auch wenn es für die Mehrheit der Bevölkerung unvorstellbar erscheint, ist aber auch in Europa die Möglichkeit eines totalen und längerdauernden Stromausfalls (Blackout) durchaus real: zuletzt waren im November 2006 Teile von Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und Spanien bis zu 2 Stunden ohne Strom.
Umso ernster muss man die Information des österreichischen Bundesheeres im Rahmen des Sicherheitspolitischen Jahresauftakts im Jänner 2020 nehmen, wonach mit dem Eintritt eines Blackouts binnen der nächsten fünf Jahre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerechnet wird und daher Maßnahmen zur Vorsorge dringend notwendig sind.
Ein längerer Blackout hätte weitreichende Konsequenzen für die Produktion, die Lieferketten, den Handel und Dienstleistungen und somit für die gesamte Bevölkerung: kein Strom, damit keine Heizung oder Kühlung, kein Wasser, das Internet und die Telekommunikation kommen ebenso zum Erliegen wie der öffentliche und mangels Treibstoff auch der private Verkehr. Lebensmittel und Medikamente würden rasch knapp, Bargeld aus dem Bankomaten ist nicht mehr verfügbar, etc.
Bereits seit Jänner 2020 liegt ein Entschließungsantrag von SPÖ-Energiesprecher NR Schroll im Parlament, der die Versorgungssicherheit bei der Energiewende zum Thema hat (210/A(E) XXVII. GP). Da das Regierungsprogramm in Hinblick auf die Sicherung von Reservekapazitäten unklar bleibt, wird in diesem Antrag eine Versorgungssicherheitsstrategie mit konkreten Maßnahmen und einem konkreten Zeitplan gefordert. Trotz der Dringlichkeit von Maßnahmen zur Vorsorge gegen ein Blackout wurde der Antrag allerdings schon zweimal vertagt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wie Bundeskanzler Kurz
in 3573/AB vom 25.11.2020 ausführt, wurde im Oktober 2018 und im Mai
2019 unter der Federführung Ihres Ressorts ein fiktives
österreichweites Blackout simuliert; die Erkenntnisse dieser Übungen
fließen in die Arbeiten des Staatlichen Krisen- und
Katastrophenmanagements (SKKM) ein. Zu welchen Ergebnissen sind die einzelnen
Fachgruppen des SKKM aufgrund dieser Simulationsübungen gekommen?
2. Welche Schlussfolgerungen
hat die Fachgruppe Strommangellage des SKKM aufgrund dieser Simulationsübungen
gezogen und welche konkreten Empfehlungen zur Verbesserung der Mangelsituation wurden
seither erarbeitet?
3. Welche dieser Empfehlungen
wurden bisher umgesetzt? In welcher Art erfolgte die Umsetzung?
4. Ist es korrekt, dass
bei SKKM-Krisenübung "Helios" vom Mai 2019, deren Ausgangsszenario
eine europaweite Strom-Mangellage bzw. ein darauffolgendes Strom-Blackout war, der
Ausfall der Telekommunikation nicht Annahme war und daher Mobiltelefonie zum
Einsatz kam? Können die Resultate von Helios demnach überhaupt eine
der wichtigen Gefahren eines Blackouts – nämlich den Ausfall der
Kommunikation – abbilden?
5. Welche Grundsatzplanung
liegt dem SKKM für den Blackout-Fall zugrunde?
6. Wurde vom SKKM bzw. dessen Arbeitsgruppen auch die Frage des notwendigen Netzausbaus im Konnex mit erneuerbaren Energien beleuchtet und wenn ja, mit welchen Resultaten?
7. Haben die österreichischen Energie-Versorgungsunternehmen die notwendigen organisatorischen und technischen Vorkehrungen zur Vermeidung von Störungen der Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit ihrer IT-Systeme geschaffen?
8. Wenn ja, wer hat dies
zu kontrollieren? Wann erfolgte die letzte Kontrolle?
9. Wie wird vom SKKM die
Frage der Notversorgungsfähigkeit im Bereich Energie beurteilt, damit im
Fall einer Netzstörung/eines Blackouts eine definierte Notversorgung wichtiger
Einrichtungen aufrechterhalten werden kann?
10. Welche weiteren
konkreten Risikoanalysen zu einem möglichen Blackout zB. zu Präventionsmaßnahmen,
zur Früherkennung von Schadenspotential, zur Anpassung und Verbesserung
der Koordination, zum Schutz der kritischen Infrastrukturen, zum Aufbau von
Autarkie, zur
Erhöhung der Sicherheit und des Sicherheitsbewusstseins der
Bevölkerung sowie zum Auf- und Ausbau von Exzellenz im Bereich
Sicherheitsforschung etc., wurden durch das Förderprogramm für
Sicherheitsforschung „KIRAS“ erarbeitet und dem SKKM zur
Verfügung gestellt?
11. Liegen dazu Berichte
vor? Welche Empfehlungen dieser Risikoanalysen wurden bisher nachweislich umgesetzt?
12. Welche Vorbereitungen
zum Szenario „Blackout“ wurden vom SKKM in den letzten Jahren
getroffen?
13. Welche Vorbereitungen
wurden zur Erarbeitung eines Versorgungssicherheitsstandards getätigt?
Welche Datenlage wurde dafür herangezogen? Liegen dem SKKM dazu bereits
Berichte vor? Wenn ja, was besagen diese?
14. Liegen dem SKKM
Untersuchungen und Analysen der Potentiale zur Steigerung der
Versorgungssicherheit (bestehende Kraftwerke, Speicherkapazitäten,
Netzinfrastruktur sowie weitere Flexibilisierungsoptionen) vor? Falls ja, was
besagen diese?
15. Falls die Erarbeitung
der Strategie bereits gestartet wurde: wurde diese einem breiten
Konsultationsprozess unterzogen und wie erfolgte die Einbindung der
Interessensvertretungen?
16. Wie hoch schätzt ihr
Ressort bzw. das SKKM die Fähigkeit zur Eigenversorgung und die Selbsthilfefähigkeit
der österreichischen Bevölkerung bei einem
möglichen europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall (Blackout) ein?
17. Welche Unterstützung erfolgt durch das SKKM beim Grundsatz der primären Selbsthilfe in lokalen Strukturen?
18. Wie schätzt Ihr Ressort bzw. das SKKM die Folgen eines längeren Blackouts auf die öffentliche Trinkwasserversorgung in den Städten und im ländlichen Raum (Gemeinden) ein? Gibt es Empfehlungen bzw. Vorkehrungen des SKKM zur Trinkwasserversorgung der Bevölkerung im Fall eines länger andauernden Blackouts? Wenn ja, wie wird die Versorgung mit Trinkwasser im städtischen und ländlichen Raum sichergestellt?
19. Wie schätzt Ihr
Ressort bzw. das SKKM die Folgen eines längeren Blackout auf die
öffentliche Abwasserentsorgung in den Städten und im ländlichen
Raum (Gemeinden) ein?
20. Gibt es Unterschiede
bei der Versorgungssicherheit mit Trinkwasser im Fall solcher anhaltenden
Stromausfälle in größeren Städten bzw. in Gemeinden? Existieren
nach ihrem Informationsstand ausreichende Vorkehrungen bei den Wasserversorgern
für den Fall großflächiger, mehrtägiger
Stromausfälle?
21. Welche Bedeutung kommt
dabei den Hausbrunnen (in Deutschland: Bundesnotbrunnen) zu? Wie ist in
Österreich die Notwasserversorgung geregelt?
22. Eine ganz besonders
wichtige Rolle bei der Bewältigung der Folgen eines möglichen
Blackouts kommt Städten und Gemeinden zu, welche die Notversorgung im
Bereich der Infrastruktur (Wasser, Wärme, Entsorgung und Kommunikation)
und andere elementare Leistungen wie die Gesundheitsversorgung oder die
Notversorgung mit Lebensmitteln sicherstellen sollen. Welche Strategie
existiert seitens des SKKM, die Gemeinden und Städte beim Aufbau einer
Blackout-Strategie und einer Blackout-Notinfrastruktur zu unterstützen? Welche
unterstützenden Maßnahmen beinhaltet diese Strategie?
23. Welche Maßnahmen
werden Sie in Anknüpfung an die angekündigten Autarkiemaßnahmen
der Verteidigungsministerin setzen? Gibt es gemeinsame Aktivitäten zur
Blackout-Vorsorge, um einen völligen Zusammenbruch der Infrastruktur zu
verhindern?
24. Liegen Ihnen konkrete Studien über Gefährdungspotentiale vor? Welche Inputs des Krisenbeauftragten Dr. Herbert Saurugg wurden dabei berücksichtigt?
25. In welcher Form werden
die Interessensvertreter (Sozialpartner) bei der Bewältigung der Folgen
eines möglichen Blackouts eingebunden? Welche Konzepte liegen vor?
26. Welche
österreichischen Gemeinden verfügen aktuell über ein
Blackout-Konzept? Wie wird dabei die medizinische Versorgung sicher gestellt?
27. Erhalten diese
Gemeinden bzw. an Blackout-Konzepten interessierte Gemeinden Hilfestellung und
finanzielle Unterstützung seitens des Bundes? Falls ja, in welcher Form?
Falls nein, warum nicht?
28. Liegen Ihnen
Informationen vor, wie viele Notstromaggregate in Österreich bereits zur
Anwendung kommen? Gibt es dazu eine Informationsschiene über den
jeweiligen Zivilschutzverband?
29. Wird privaten
Haushalten, die ein Notstromaggregat ankaufen, finanzielle Unterstützung
gewährt und falls ja, von wem und in welcher Höhe? Falls nein, ist
daran zukünftig gedacht, um die private Blackout-Vorsorge auszubauen?
30. Wie sehen die Initiativen und Konzepte zur Lebensmittelbevorratung in den Städten und Gemeinden aus?