5050/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Inneres

betreffend die Situation von LGBTIQ-Geflüchteten in Österreich.

 

Die Situation von asylsuchenden Menschen aus marginalisierten Gruppen ist in Österreich seit langem besonders schwierig. Ganz besonders gilt das leider noch immer, wenn es um die Wahrung der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Menschen im Asylerfahren geht. In den letzten Jahren waren zahlreiche Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität fliehen mussten, mit Homo- und Transphobie durch die österreichischen Behörden konfrontiert.

 

Innerhalb der Gruppe von geflüchteten LGBTIQ-Personen befinden sich transidente Menschen in einer besonders schwierigen Lage. Dank der wichtigen Arbeit von NGOs wie dem Verein Queer Base werden immer wieder Fälle öffentlich, die den dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich der Erhaltung der Menschenrechte und Menschenwürde  unterstreichen.

 

Erst im Dezember 2020 wurde ein Fall öffentlich, der den untragbaren Umgang mit einer transidenten Frau aus der Ukraine zeigt: „Obwohl sie einen Reisepass und einen Personalausweis mit ihrem weiblichen Geschlechtseintrag vorgelegt hat, musste sie sich zwei Mal vor männlichen Polizisten nackt ausziehen! Sie wurde außerdem während der Amtshandlungen als Mann angesprochen und wird sogar als „Herr …“ in einem der Protokolle geführt. Die falsche Anrede und in Folge falsche Unterbringung setzte sich in Traiskirchen fort. Nur durch ihre Vehemenz und durch ihren Widerstand, wird sie schließlich nicht im Männertrakt untergebracht, sondern in einem Einzelzimmer im Frauenhaus. Auf den Ladungen wird sie trotzdem als „Herr...“ angesprochen.“[1]

 

Dieser Fall steht symbolisch für die massiven Probleme im Bereich der Situation von LGBTIQ-Geflüchteten. Es zeigt sich, dass auch nach dem Entschließungsantrag 741/A(E) XXVII. GP betreffend „der Sicherstellung von fairen, qualitätsvollen Asylverfahren, vor allem im Umgang mit besonders vulnerablen Gruppen wie z.B. bei Flucht aufgrund von religiöser Konversion oder sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität“ der Regierungsparteien vom Frühjahr 2020, mit dem die „Sicherstellung fairer und qualitätsvoller Asylverfahren sowie qualitätsvolle Grundversorgung“ für vulnerable Gruppen wie die LGBTIQ-Community garantiert werden, eine Retraumatisierung der Antragsteller*nnen durch Exekutivbeamt*nnen verhindert und in entsprechende Schulungen investiert werden sollte, noch massive Menschenrechtsprobleme bestehen und dringend gelöst werden müssen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

1.    Ist in Ihrem Ressort der, vom Verein Queer Base beschriebenen, Fall bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann ist dieser Fall bekannt?

2.    Welche Erklärung gibt es für das offensichtliche Fehlverhalten der Behörden beim Schutz der Menschenrechte der beschriebenen Frau?

3.    Welche Konsequenzen zieht Ihr Ministerium aus diesem Fall und der dahingehend eingebrachten Maßnahmenbeschwerde?

4.    Wie wird im Zuge von Asylverfahren und der Grundversorgung ein sicherer, menschenrechtskonformer Umgang mit transidenten Personen sichergestellt?

5.    Gibt es eigene Schulungen/Ausbildungen etc. für Beamt*innen im Asylbereich die sich explizit mit der Situation von transidenten Personen auseinandersetzen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, wie viele Beamt*nnen wurden seit 2015 in diesem Bereich geschult/fortgebildet?

c.    Wenn ja, wie werden die Beamt*nnen für diese Schulungen/Ausbildungen ausgewählt?

d.    Wenn ja, welche Einheit schult bzw. bildet die Beamt*innen aus?

e.    Wenn ja, werden bei den Schulungen und Ausbildungen NGOs und Vereine hinzugezogen?

6.    Wie wird, falls notwendig, die medizinische Versorgung von transidenten Personen im Asylverfahren gewährleistet?

7.    Welche konkreten Schritte hat Ihr Ministerium seit dem Entschließungsantrag vom Frühjahr 2020 hinsichtlich der „Sicherstellung fairer und qualitätsvoller Asylverfahren sowie qualitätsvoller Grundversorgung“ (741/A(E) XXVII. GP) gesetzt?

a.    Welche konkreten Maßnahmen wurden hinsichtlich des Beschlusses im Bereich „gezielte, kompetente und regelmäßige Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen auf allen Ebenen der Grund- und Weiterbildung, für Dolmetscher*innen, für Exekutivbeamt*innen, Mitarbeiter*innen des BFA und des BVwG in den Bereichen Anti-Rassismus und Anti-Diskriminierung, Erkennen von Angehörigen vulnerablen Gruppen, Umgang mit Angehörigen vulnerabler Gruppen“ gesetzt? Wie viele Beamt*innen haben an diesen Maßnahmen teilgenommen? Welche konkreten Änderungen in der Arbeitspraxis, in Dienstvorschriften etc. gab es seither?

b.    Welche konkreten Maßnahmen wurden hinsichtlich des Beschlusses im Bereich „zielgruppengerechte Herkunftsländerdokumentation zur Verfügung zu stellen“ gesetzt?

c.    Welche Maßnahmen wurden hinsichtlich des Beschlusses im Bereich „Einsatz von geeigneten Dolmetscher*innen, die ausreichend zur Verfügung gestellt werden müssen“, gesetzt?

d.    Welche Maßnahmen wurden hinsichtlich des Beschlusses im Bereich „Berücksichtigung der besonderen Vulnerabilität bei der Unterbringung und Versorgung der Antragssteller*innen sowie bei der Möglichkeit Angebote von Community Einrichtungen in Anspruch zu nehmen“ gesetzt?

e.    Welche Maßnahmen wurden hinsichtlich des Beschlusses im Bereich „die Einbindung und Zusammenarbeit mit fachspezifisch tätigen zivilgesellschaftlichen und internationalen Organisationen, wie in Österreich offiziell anerkannten Kirchen, Organisationen im Bereich LGBTIQ Geflüchtete, EASO, UNHCR und IOM“ gesetzt?

8.    Mit welchen Verfahren und Abläufen werden Änderungen des Geschlechtseintrags im Zuge des Asylverfahrens bei transidenten Personen durchgeführt? Wie wird dabei die Einhaltung der Grundrechte der betroffenen Personen gewährleistet?



[1] https://www.facebook.com/QueerBaseVienna/posts/3715114625213268