5051/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Julia Herr,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit, Familie und Jugend

betreffend Coronakrise und Klimakrise - Aktive Arbeitsmarktpolitik ist notwendig

Die Arbeitsmarktdaten des AMS weisen für Dezember 2020 520.919 arbeitslose Personen und SchulungsteilnehmerInnen auf. Das sind um 113.047 Menschen mehr als im Jahr davor! Diese Zahlen sind mehr als nur erschreckende Werte in der Arbeitslosenstatistik: Hier geht es um die Leben hunderttausender Menschen in Österreich, die von Arbeitslosigkeit und damit verbundenen Einkommenseinbußen hart getroffen sind. Das bedeutet mehr Stress, gesellschaftlichen Druck und finanzielle Unsicherheit. Allen Menschen die Möglichkeit eines gut bezahlten Arbeitsplatzes zu geben, muss daher gerade aktuell oberstes Ziel für das Arbeitsministerium sein.

In diesem Zusammenhang haben Sie in Ihrem ersten ZiB2-Interview als Arbeitsminister das langfristige Ziel der Vollbeschäftigung genannt. Ein Ziel, dessen Erreichung durch die Coronakrise nicht leichter geworden ist. Neben der Coronakrise gibt es jedoch auch die Klimakrise, die mit ihren Auswirkungen wie Extremwetterereignissen, Dürren, steigendem Meeresspiegel und wachsender Waldbrandgefahr uns zwingt, unsere Art und Weise zu Leben und zu Wirtschaften radikal zu überdenken. Dabei ist der notwendige Klimaschutz in Bezug auf Arbeitsplätze zugleich Herausforderung als auch Chance. Um die Klimakrise zu stoppen, ist eine tiefgreifende Transformation unserer Wirtschaft von Nöten, die sich selbstverständlich auch auf Arbeitsplätze auswirkt. Während manchen Branchen verschwinden werden, können ganz neue entstehen und wachsen. 

Global 2000 nennt allein für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel ein Potenzial von 100.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Weitere Bereiche wie der Ausbau erneuerbarer Energien, die thermische Sanierung von Gebäuden und die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien können Zehntausende weitere Jobs schaffen.

Das Zusammentreffen von Coronakrise und Klimakrise macht es in den Augen der AnfragestellerInnen notwendig, diese gemeinsam anzugehen. Klimaschutz kann dabei ein wirksamer Hebel sein, um die Folgen der Coronakrise für Unternehmen und ArbeiterInnen zu mildern und mit neuen Jobs einen Weg in eine bessere Zukunft für alle zu weisen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE 

1.    Im Budget 2021 wird in der Untergliederung 43, Kennzahl 43.1.2 das Wirkungsziel im Bereich Umwelt- und Energiebeschäftigte für 2030 mit 200.000 Arbeitsplätzen angegeben. Im Vergleich zu den 183.000 (2019) und dem Ziel für 2020/21 (185.000) ist das eine Steigerung um 15.000 Arbeitsplätze. Den AnfragestellerInnen erscheinen die 15.000 Jobs ambitionslos. Auch wenn UG43 selbst nicht in der Zuständigkeit ihres Ministeriums liegt, handelt es sich jedoch um ein Arbeitsmarkt-spezifisches Thema. Gibt es daher in Ihrem Ministerium Daten, Grundlagen, Bewertungen oder Studien bezüglich diesem Wirkungsziel hinsichtlich

a.    Erreichbarkeit?

b.    Ambition?

c.     Tatsächlichem Potenzial?

2.    Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze wollen Sie im Bereich Umwelt- und Energiebeschäftigte bis 2030 erreichen?

3.    Wie wollen Sie diese zusätzlichen Arbeitsplätze erreichen?

4.    Wie groß ist das Potenzial für Arbeitsplätze durch Klimaschutzmaßnahmen ingesamt bis 2030? Sprich: Neben Umwelt- und Energiebeschäftigten beispielsweise auch in der Bauwirtschaft, der Forschung oder dem öffentlichen Verkehr.

a.    Sollten für die Erhebung des Potenzials aktuell keine belastbaren Daten vorliegen, bis wann planen Sie diese Daten zu erheben und zu veröffentlichen?

5.    Welche Schritte werden Sie setzen, um dieses Potenzial in Ihrer Amtszeit bestmöglich auszuschöpfen?

6.    Werden Sie sich in der Regierung und im Ministerrat für mehr Klimaschutzinvestitionen einsetzen, um damit Arbeitsplätze zu schaffen?

7.    Klimaschutz ist auch eine Herausforderung für die Industrie. Höhere Klimaschutzstandards in Österreich und Europa können zur Abwanderung in Länder mit niedrigeren Standards führen.

Welche Schritte planen Sie, um solche Auswirkungen einzudämmen?

a.    In Österreich?

b.    Auf EU-Ebene?

8.    Gibt es in Ihrem Ministerium sektorspezifische Analysen, wie viele Arbeitsplätze durch die Dekarbonisierung betroffen sein könnten?

9.    Gibt es in Ihrem Ministerium sektorspezifische Analysen, wie groß der (Re-)Qualifizierungsbedarf durch die Dekarbonisierung ist?

10.  Unterstützen Sie die Forderung nach einem EU-Grenzsteuerausgleich, um Mehrkosten für Umwelt- und Klimaschutz in Europa und daraus folgende Nachteile für Produktion und Arbeitsplätze in Europa, auszugleichen?

11.  Eine Abwanderung der Industrie ist neben den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt auch keine Lösung für die globale Klimakrise, da dass CO2 dann nur an anderer Stelle ausgestoßen wird. Stattdessen braucht es eine Transformation unserer Wirtschaft. Eine solche Transformation benötigt jedoch hohe Investitionen. Eine Antwort darauf ist ein staatlicher Transformationsfonds, der zu geringen Zinsen Gelder aufnimmt und unter staatlicher Beteiligung in Unternehmen investiert, damit diese die Umstellung auf klimaneutrale Technologien rasch vollziehen können. Unterstützen Sie die Einrichtung eines solchen Transformationsfonds?

 

a.    Wenn ja, bis wann planen Sie diesen einzurichten?

b.    Wenn nein, welche Schritte möchten Sie setzen, um die Transformation der Industrie in eine klimaneutrale Zukunft zu unterstützen?

c.     Mit welchen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten wollen Sie die Dekarbonisierung der österreichischen Wirtschaft begleiten und unterstützen?

12.  Auch wenn Abwanderung eingedämmt und Transformation vollzogen wird, kann Klimaschutz zum Verlust von Arbeitsplätzen in manchen Branchen führen. Klimaschutz kann jedoch nur funktionieren, wenn wir ihn gemeinsam angehen. Das bedeutet auch, dass durch Klimaschutzmaßnahmen niemand Arbeitslosigkeit fürchten darf. Eine Beschäftigungsgarantie verbunden mit Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen ist hier ein wirksames Mittel. Unterstützen Sie eine solche Beschäftigungsgarantie?

 

a.    Wenn ja, bis wann planen Sie diese umzusetzen?

b.    Wenn nein, wie lautet Ihre Antwort an Menschen, die wegen Klimaschutzmaßnahmen um ihren Job fürchten und welche Auswirkungen haben solche verständlichen Sorgen auf den Erfolg und die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen an sich?

13.  Welche anderen Maßnahmen planen Sie, um die Arbeitsplätze der Beschäftigten in der Industrie und deren Zulieferbetrieben zu erhalten und gleichzeitig effektiven Klimaschutz und das Erreichen der Klimaneutralität bis 2040 zu ermöglichen?