506/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.01.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
betreffend Kapitel Armutsbekämpfung im schwarz-grünen Regierungsprogramm 2020

 

 

Kapitel Armutsbekämpfung im schwarz-grünen Regierungsprogramm 2020-2024

 

Es ist unsere gesellschaftliche Verantwortung und Aufgabe der Sozialpolitik, eine Existenzsicherung zu gewährleisten, am besten über eine Teilhabe am Erwerbsleben.

Das umfasst auch die Verantwortung, Armut, die oftmals von Ausgrenzung und Scham begleitet wird, weiter zu bekämpfen. Wir haben uns deshalb zum Ziel gesetzt, durch verschiedene Maßnahmen in der kommenden Legislaturperiode den Anteil von armutsgefährdeten Menschen im ersten Schritt zu halbieren. Die Bundesregierung bekennt sich zum Prinzip der Armutsbekämpfung und nimmt ihre Verantwortung wahr, die Möglichkeiten zu schaffen, ein eigenständiges und wirtschaftlich unabhängiges Erwerbsleben führen zu können. Denn existenzsichernde Arbeit, angemessene Löhne und entsprechende Pensionen haben eine präventive Wirkung: Sie verhindern, dass Menschen überhaupt erst in Armut geraten. Ein gerechter Lohn ist die Basis, dass Menschen ein gutes Leben führen können. Es gibt derzeit Bereiche in der österreichischen Wirtschaft, in denen Löhne gezahlt werden, die unter den niedrigsten Kollektivvertragslöhnen der gewerblichen Wirtschaft liegen. Diese Lücke soll unter Einbindung der Sozialpartner mit geeigneten Mitteln geschlossen werden.

Erforderlichenfalls kann dieser Lückenschluss auch auf anderem Wege erfolgen. (z.B. durch das Bundeseinigungsamt).

 

Auch im Bereich der bestehenden Kollektivverträge gibt es Fälle, in denen die Löhne bereits seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr angehoben wurden. Wenn eine sozialpartnerschaftliche Einigung zur Lösung dieses Problems nicht zustande kommt, soll die Möglichkeit geschaffen werden, eine Entscheidung durch das Bundeseinigungsamt herbeizuführen. Österreich zeichnet sich durch ein Sozialsystem aus, auf das sich die Menschen in der Vergangenheit verlassen konnten, aber auch in Zukunft verlassen können, welches sie in Notlagen existenziell absichert, bestmöglich vor Armut schützt sowie die Chance bietet, neue Perspektiven zu entwickeln, anzustreben und zu erreichen. Das Sozialsystem ist daher als Schutzsystem zu begreifen und soll Erwerbsteilhabe fördern und unterstützen. Ziel ist sowohl die soziale Absicherung von durch Armut betroffenen Menschen als auch die Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ohne Ausgrenzung und Diskriminierung.

 

Ein besonderes Augenmerk legt die Bundesregierung auf die Bekämpfung von Kinderarmut. Kein Kind darf in Österreich zurückgelassen werden. Besonders Alleinerziehende sind Mehrfachbelastungen ausgesetzt, die ihren Familienalltag erschweren, und können so leichter in armutsgefährdete Lebenslagen geraten. Deshalb sind bestehende Lücken im Unterhaltsvorschuss zu schließen. Wo Familien nicht selbst (z.B. durch Erwerbsbeteiligung) für die finanzielle Absicherung sorgen können, wird diese durch Sozialleistungen sichergestellt. Außerdem wird der Kindermehrbetrag des Familienbonus erhöht und allen Erwerbstätigen mit Kindern als Negativsteuer ausbezahlt. Altersarmut kann aber nicht nur im Alter verhindert werden. Ein wichtiger Schlüssel dazu liegt in der Erwerbsphase. Die Bundesregierung wird daher zahlreiche Maßnahmen setzen, um Fraueneinkommen zu erhöhen. In der Pension kommen besonders auf Frauen oft finanziell sehr große Herausforderungen zu. Mit gezielten Maßnahmen für diese Gruppe wollen wir die Frauenaltersarmut mindern. Um Altersarmut v.a. von Frauen zu bekämpfen, überprüfen wir partnerschaftliche Formen der Elternteilzeit und Pensionssplittingmodelle.

 

Paket zur Armutsbekämpfung-Maßnahmen 2020

• Stärkung von Familien mit niedrigen Einkommen im Zuge der Steuerreform durch

die Senkung des Eingangsteuersatzes bei der Einkommensteuer von 25% auf 20%

sowie der Erhöhung der Untergrenze des Familienbonus von 250 auf 350 Euro pro Kind und des Gesamtbetrages von 1.500 auf 1.750 Euro pro Kind

• One-Stop-Shop für Erwerbsfähige und Ausbau der aktivierenden Hilfe (Case-

Management)

• Abschluss einer 15a-Vereinbarung für die Betreuung von Sozialhilfebezieherinnen

und -bezieher im Regelpensionsalter sowie Menschen mit Behinderungen durch die

Pensionsversicherungsanstalt/das Sozialministeriumservice – Kostentragung wie bisher

durch die Bundesländer

• Energieeffizienzgesetz – Maßnahmen in Form von Sachleistungen (Beratung, Sanierung, Geräte tauschen), Frühwarnsystem

• Einführung eines bundesweiten, praxistauglichen Kältetelefons

 

Schnittstellen zu anderen Materien

• Justiz

o Evaluierung der letzten Novelle zum Insolvenzrecht

o Verbesserung der Verbraucherinformation zum Basiskonto

• Gesundheit

o Bundes-Zielsteuerungskommission Entbürokratisierung:

niederschwelliger Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle

o Vollfinanzierte Therapieplätze im Bereich Psychotherapie

o Bessere Zahnleistungen gewährleisten

• Menschen mit Behinderung

o Überarbeitung der Unterhaltsklagsverpflichtung im ABGB im Bereich Menschen

mit Behinderung

o Absicherung von Menschen mit Behinderung

• Bekenntnis zu konsumfreien Räumen

• Sensibilisierungsstrategie im Umgang mit Minderheiten und Menschen am Rande der

Gesellschaft

• Überprüfung der Instrumente zur Messung und der politischen Maßnahmen zur

Armutsbekämpfung unter Vermeidung von Doppelgleisigkeiten

o Einrichtung eines Unterausschusses „Armutsbekämpfung“

 

 

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

1)    Bis wann soll der Lückenschluss bei den niedrigsten Kollektivvertragslöhnen umgesetzt werden?

2)    Wie sollen die Sozialpartner, - im Unterschied zur bisherigen Vorgangsweise beim Lückenschluss bei den niedrigsten Kollektivvertragslöhnen eingebunden werden?

3)    Wie könnte der Lückenschluss bei den niedrigsten Kollektivertragslöhnen über das Bundeseinigungsamt erfolgen?

4)    Bis wann soll die Steuerreform durch die Senkung des Eingangssteuersatzes sowie die Erhöhung der Untergrenzen des Familienbonus umgesetzt werden?

5)    Welche Mittel werden dafür eingesetzt?

6)    Wie wirkt sich das auf die einzelnen Einkommensgruppen aus und welchen konkreten Beitrag kann es zur Armutsbekämpfung beitragen?

7)    Was bedeutet das sogenannte One-Stop-Shop für Erwerbsfähige und Ausbau der aktivierenden Hilfe (Case-Management) und welchen konkreten Beitrag kann es zur Armutsbekämpfung beitragen?

8)    Bis wann soll ein Abschluss einer 15a-Vereinbarung für die Betreuung von Sozialhilfebezieherinnen

und -bezieher im Regelpensionsalter sowie Menschen mit Behinderungen durch die Pensionsversicherungsanstalt/das Sozialministeriumservice – Kostentragung wie bisher durch die Bundesländer umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag kann dieser Abschluss zur Armutsbekämpfung beitragen?

9)    Bis wann soll das Energieeffizienzgesetz – Maßnahmen in Form von Sachleistungen (Beratung, Sanierung, Geräte tauschen), Frühwarnsystem umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag kann es zur Armutsbekämpfung beitragen?

10) Bis wann soll die Einführung eines bundesweiten, praxistauglichen Kältetelefons umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag kann es zur Armutsbekämpfung beitragen?

11) Bis wann soll die letzte Novelle des Insolvenzsrechts evaluiert werden?

12) Auf welche inhaltlichen Punkte sollte bei dieser Evaluierung insbesondere im Zusammenhang mit der Armutsbekämpfung ein Augenmerk gelegt werden?

13) Bis wann soll eine Verbesserung der Verbraucherinformation zum Basiskonto umgesetzt werden?

14) Auf welche inhaltlichen Punkte soll bei der Verbesserung der Verbrauchsinformation im Zusammenhang mit der Armutsbekämpfung ein Augenmerk gelegt werden?

15) Bis wann soll im Zusammenhang mit der Bundes-Zielsteuerungskommission Gesundheit eine Entbürokratisierung stattfinden und wie soll dadurch ein niederschwelliger Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle stattfinden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

16) Bis wann sollen vollfinanzierte Therapieplätze im Bereich Psychotherapie umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

17) Bis wann sollen bessere Zahnleistungen gewährleisten werden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

18) Bis wann soll eine Überarbeitung der Unterhaltsklagsverpflichtung im ABGB im Bereich Menschen mit Behinderung stattfinden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

19) Bis wann soll eine Absicherung von Menschen mit Behinderung stattfinden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

20) Bis wann soll ein Bekenntnis zu konsumfreien Räumen stattfinden, wie soll dieses Bekenntnis konkret umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

21) Bis wann soll eine Sensibilisierungsstrategie im Umgang mit Minderheiten und Menschen am Rande der Gesellschaft erarbeitet und umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

22) Bis wann soll eine Überprüfung der Instrumente zur Messung und der politischen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung unter Vermeidung von Doppelgleisigkeiten stattfinden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?

23) Bis wann soll die Einrichtung eines Unterausschusses „Armutsbekämpfung“ umgesetzt werden und welchen konkreten Beitrag soll das zur Armutsbekämpfung beitragen?