5108/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Unabhängigkeit der Justiz im Zusammenhang mit den Ibiza-Ermittlungen

 

Medien berichteten in den letzten Monaten über Verstrickungen diverser ÖVP-Funktionäre in die so genannte „Aktion Koks“, einer angeblich koordinierten Vorgehensweise der ÖVP gegen den damaligen FPÖ-Vorsitzenden und Klubobmann Heinz-Christian Strache.[1]

Ziel führender ÖVP-Funktionäre, darunter der ehemalige Generalsekretär der ÖVP, soll es gewesen sein, über einen Informanten u.a. Haarproben von Strache zu beschaffen. Es sollen Treffen mit dem damaligen Leiter der Abteilung „Allgemeine und Organisierte Kriminalität“ im Bundeskriminalamt, Andreas Holzer, orchestriert worden sein. Holzer leitet zudem mittlerweile die „SOKO Ibiza“ und spielt damit eine zentrale Rolle in der Aufarbeitung des größten politischen Korruptionsskandals der jüngeren Geschichte.

Holzer solle bei einem Treffen 2015 berichtet haben, dass er über angeblichen Drogenkonsum des ehemaligen FPÖ-Chefs wisse. Zudem solle er preisgegeben haben, dass er auch um die so genannte Affäre „Schellenbacher“ Bescheid wisse, also den Vorwurfs des Mandatskaufs durch einen ukrainischen Oligarchen. Nachdem die ÖVP zu wenig Geld geboten haben soll, soll es zu keinen weiteren Schritten des Informanten gekommen sein.

Laut Medienberichten habe Holzer als Abteilungsleiter keine weiteren Schritte unternommen, um die Justiz in Kenntnis von diesen gerichtlich strafbaren Handlungen zu setzen, obwohl er solche amtswegig an die Justiz weiterzuleiten hätte. Wenn es – was die Medienberichte vermuten lassen – trotz Kenntnis der gerichtlich strafbaren Handlungen, keine Verfolgungshandlungen gegeben hat, könnte damit der Tatbestand des Amtsmissbrauchs begangen worden sein. Trotz alledem versieht Holzer immer noch Dienst im Bundeskriminalamt sowie in der „SOKO Ibiza“. Er leitet das Bundeskriminalamt sogar nunmehr interimistisch und erwartet seine definitive Bestellung.

Abgeordnete der SPÖ stellten auf Grund dieser Umstände eine Anfrage an den Innenminister. Die Anfragebeantwortung 3305/AB hinterlässt jedoch mehr Fragen als Antworten. Seitens des Innenministers wird auch mehrmals auf Zuständigkeiten des Justizministeriums verwiesen.

Immer wieder wurden rund um die Ibiza-Ermittlungen Vorwürfe der politischen Einflussnahme auf die Justiz laut. Der Bundeskanzler stellte die Arbeit der Justiz infrage. Die „Soko-Tape“ händigte das Ibiza-Video über Wochen nicht an die WKStA aus.

Am 13.1.2021 wurden im Rahmen von Medienberichten rund um den Ibiza-Untersuchungsausschuss zusätzlich Vorwürfe des Amtsmissbrauchs und der Falschaussage durch Sektionschef Pilnacek und Oberstaatsanwalt Fuchs öffentlich. Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass Sebastian Kurz und die ÖVP ein System der politischen Einflussnahme auf die Justiz aufgebaut haben.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage

 

1. Werden Sie aus Konsequenz der Vorfälle rund um die Ibiza-Ermittlungen Schritte zur Stärkung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft setzen?

a) Wenn ja, welche?

b) Bis wann?

c) Wenn nein, warum nicht?

2. Werden Sie als Konsequenz der Vorfälle rund um die Ibiza-Ermittlungen Schritte zu einer Sicherung der Unabhängigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft setzen?

a) Wenn ja, welche?

b) Bis wann?

c) Wenn nein, warum nicht?

3. Wie werden Sie die Unabhängigkeit der Justiz künftig grundsätzlich besser sichern?

4. Wie werden Sie die Justiz künftig besser vor politischer Einflussnahme schützen?

5. Welche personellen Konsequenzen gibt es aufgrund der Vorwürfe vom 13.1.2021 rund um den Ibiza-Untersuchungsausschuss?

6. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führt ein Verfahren gegen Sektionschef Pilnacek und OStA Fuchs. In welchem Stadium befindet sich dieses Verfahren?

7. Wie viele Berichte wurden Ihnen bislang in dieser Sache erstattet?

8. Wann haben Sie erstmals von Befangenheitsvorwürfen gegen Christian Pilnacek, Johann Fuchs und Andreas Holzer erfahren?

9. Gab es Konsequenzen aufgrund der Vorenthaltung des Ibiza-Videos durch die „Soko-Tape“ gegenüber der WKStA?

a) Wenn ja, welche?

b) Wenn nein, warum nicht?

10. Das Innenministerium antwortet in der oben zitierten Anfrage, dass gegen Herrn Holzer keine dienstrechtlichen vorgesehen Maßnahmen eingeleitet wurden, da die Dienstbehörde nicht über die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens verständigt wurde. Was wurde seitens der Staatsanwaltschaft dem Innenministerium mitgeteilt?

11. Wie wurde die Unbefangenheit von Andreas Holzer in Hinblick auf die Ibiza-Ermittlungen sichergestellt?

12. Wurde Ihrerseits jemals die Abberufung von Andreas Holzer von den Ibiza-Ermittlungen eingefordert?

 



[1] Vgl.: https://zackzack.at/2020/08/31/aktion-koks-die-oevp-geheimaktion-gegen-strache-geheimes-dokument-belastet-chef-der-soko-ibiza-schwer/ bzw. https://www.krone.at/2220283