5134/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.01.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Nurten Yılmaz
und GenossInnen
an die Bundesministerin für EU und Verfassung

betreffend Mehrsprachige „Corona-Kommunikation“ durch Ihr Ministerium

Am 27.12.2020 wurden in öffentlichkeitswirksamen Shows die ersten Menschen in Österreich mit dem Covid-19-Impfstoff (mRNA) gegen das SARS-CoV-2 – Virus von Biontech/Pfizer geimpft. In der Folge kam es jedoch zu Pannen und Verzögerungen, weshalb u. a. der nationale Impfplan kritisch hinterfragt und die weiteren Impfungen schließlich vorgezogen wurden. Gefordert wird daher eine überarbeitete wirksame Impf- und Teststrategie.

In diesem Zusammenhang müssen auch nationale und EU-weite Aufklärungskampagnen folgen. Ziel muss eine hohe Durchimpfungsrate und damit eine hohe Immunisierung der Menschen in Österreich und in Europa sein. Denn eine Pandemie lässt sich nicht ohne nachvollziehbare Politik, ohne einer guten Krisenkommunikation und umfassenden Aufklärung bewältigen. Dies ist eine Aufgabe für die in Österreich ebenfalls die Gebietskörperschaften und im besonderen Maßen deren Gesundheitsämter zuständig sind.

Zur wirksamen Bekämpfung bzw. zur Eindämmung der Pandemie müssen alle Menschen in Österreich erreicht werden - auch jene, die auf mehrsprachige Informationen angewiesen sind und im Alltag Erstsprachen abseits von Deutsch verwenden.

Die reine Übersetzung deutscher Texte in die jeweiligen Sprachen reichen im Regelfall dafür nicht aus. Sie müssen in vereinfachter und verständlicher Form – regelmäßig aktualisiert –  zur Verfügung gestellt werden. Die Umsetzung der gültigen Corona-Regelungen sowie die Immunisierung der in Österreich lebenden Bevölkerung hängen von einer klaren Kommunikation ab, die auch bei allen Teilen der Bevölkerung ankommen muss.

Die Gefahr gezielter Desinformation und die Verbreitung irreführender Informationen ist bei allen Bevölkerungsgruppen gegeben. Das Internet und soziale Medien spielen dabei eine tragende Rolle. Umso wichtiger ist es sicherzustellen, dass Informationen und Aufklärung über die wichtigsten Aspekte und Strategien zur Pandemiebekämpfung über unterschiedliche Medien[1] verbreitet werden. Fehlende, aber auch lückenhafte mehrsprachige Informationen grenzen nicht nur Menschen ohne entsprechenden Deutschkenntnissen aus, sondern sie gefährden auch die gesamte Bevölkerung.

Diese Corona-Informationen müssen möglichst alle Menschen in Österreich niederschwellig erreichen. Dabei darf auf Menschen mit fehlenden oder geringen Deutschkenntnissen nicht vergessen werden. Nur so kann der Virus nachhaltig bekämpft werden. Eine Studie der OECD wies bereits nach, dass MigrantInnen in zahlreichen Ländern ein mindestens doppelt so hohes Infektionsrisiko als im Inland Geborene haben. Dies liegt nicht nur an der mangelnden Information, sondern daran, dass MigrantInnen besonders in der kritischen Infrastruktur („SystemerhalterInnen“ in der Pflege, Supermärkte, Logistik,…) arbeiten. Dazu kommen noch schlechte gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die eine ausreichende und zielgerichtete mehrsprachige Information verunmöglichen bzw. erschweren (z. B. fehlende Computer oder WLAN).

Weiters müssen diese Informationen laufend aktualisiert werden. Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) hat zwar einige positive Maßnahmen gesetzt und Informationen in 17 Sprachen zur Verfügung gestellt (www.integrationsfonds.at/coronainfo), es ist jedoch unklar, ob diese auch bei der Zielgruppe ankommen. Vorbildhaft sind z.B. die Corona-Informationen in türkischer Sprache von „NEUE HEIMAT ZEITUNG – Yeni Vatan Gazetesi“, die im Jänner die fünfte Sonderausgabe zur Pandemiebekämpfung veröffentlichen und verbreiten wird (PDF-Version).

Um möglichst viele Menschen zu erreichen muss besonders am Arbeitsplatz, sowie in Schulen oder in Kinderbetreuungseinrichtungen speziell aufgeklärt werden. Dabei ist es auch wichtig, dass PädagogInnen informiert werden und Rahmenbedingungen geschaffen werden um Kinder ebenso aufzuklären. Denn besonders für Menschen mit  schlechten Deutschkenntnissen können ihre Kinder und Enkeln wichtige VermittlerInnen sein. Gleichsam muss auch gewährleistet sein, dass weder die jüngere Generation noch auf PädagogInnen Lückenbüßer für die fehlerhafte und mangelnde mehrsprachige Informationspolitik der Regierung sein dürfen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

1.    Welche Strategie verfolgt Ihr Ressort um sicherzustellen, dass mehrsprachige Corona-Informationen zu den wichtigen Aspekten der Pandemiebekämpfung bei denen ankommen, die darauf besonders angewiesen sind?
a.) Über welche Medien verbreiten Sie mehrsprachige Informationen?

b.) In welchen Sprachen?

2.    Welche diesbezügliche Strategie und Maßnahmen gibt es in den Bundesländern, die bundesrechtliche Regelungen, wie beispielsweise das Epidemie Gesetz, umzusetzen haben (mittelbare Bundesverwaltung)? Gibt es entsprechende Absprachen bzw. Vorgaben durch den Bund? Wenn nein, warum nicht?

3.    Welche diesbezüglichen Strategien und Maßnahmen gibt es in den Städten, insbesondere den Landeshauptstädten? Gibt es Absprachen bzw. Vorgaben durch den Bund oder durch das jeweilige Land? Wenn nein, warum nicht? Welche diesbezüglichen Initiativen gibt es durch den Städtebund?

4.    Welche diesbezügliche Strategie und Maßnahmen gibt es in den Gemeinden? Gibt es Absprachen bzw. Vorgaben durch den Bund bzw. durch das jeweilige Bundesland? Wenn nein, warum nicht? Welche diesbezüglichen Initiativen gibt es durch die Gemeinde- und Städteverbände?

5.    Wer ist auf Bundesebene für die diesbezügliche Koordination der mehrsprachigen „Corona-Information“ zwischen den Gebietskörperschaften unter Einbeziehung von MigrantInnenorganisationen verantwortlich? Wer in Ihrem Ressort? Welche Tätigkeiten wurden hier in den letzten Monaten gesetzt?

6.    Seit wann bieten Sie auf der Website Ihres Ressorts fremdsprachige „Corona-Informationen“ an?

a) In welchen Sprachen und wie viele Aufrufe gab es seither (nach Monat)?

7.    Auf welchen Websites nachgeordneter Dienststellen des Ressorts wurden und werden mehrsprachige „Corona-Informationen“ angeboten (bitte um Bekanntgabe dieser Websites)? In welchen Sprachen? (bitte um Aufschlüsselung auf die einzelnen Sprachen)?

8.    Welche konkreten „Corona-Informationen“ wurden/werden dabei angeboten (bitte um Aufschlüsselung nach Themen)?

9.    Gibt es für einzelne Sprachen auch VertreterInnen (z. B. aus MigrantInnenorganisationen), die für Behörden ihres Ressorts als eine Art „CORONA-Informationsbeauftragte“ tätig sind und eine Sprachzielgruppe betreuen?
a.) Wenn ja für welche Sprachen?
b.) Wenn nein, warum nicht?

10. Haben Sie entsprechende „Corona-Informationen“ (Anzeigen) in fremdsprachigen Medien geschalten?
a.) Wenn ja, seit wann und in welchen Medien? (Bitte um Auflistung nach Medium und Datum)
b.) Wenn nein, warum nicht?

11. Haben Sie entsprechende „Corona-Beratungsangebote“ in den in Österreich gebräuchlichsten Fremdsprachen entwickelt?
a.) Wenn ja, in welchen Sprachen und wer ist jeweils der Träger dieser Beratungen?
b.) Wenn ja: Werden diese flächendeckend angeboten?
c.) Wenn nein, warum nicht? (betrifft alle Fragen)

12. Welche einschlägigen Corona-Informationsunterlagen werden bei diesen Beratungen angeboten? Und zwar zu welchen konkreten Corona-Themen und in welchen Sprachen?

13. Gibt es auch spezifische mehrsprachige Informationsangebote als Antwort auf Gerüchte und Fehlinformationen?
a) Wenn ja, in welchen Medien und in welchen Sprachen?
b) Wenn nein, warum nicht?
c) Welche Angebote sind dies konkret?

14. Welche Corona- Informationen wurden und werden speziell für Flüchtlinge und AsylwerberInnen in ihrem Ressort entwickelt? Welche Informationsunterlagen werden in Flüchtlingsunterkünften eingesetzt?
a. Wenn ja, seit wann und in welchen Sprachen?

15. Wie sieht konkret die Zusammenarbeit mit NGOs, Hilfsorganisationen sowie mit Flüchtlings- und mit MigrantInnenvereinen aus? Mit welchen arbeiten Sie – falls überhaupt - vor allem bezüglich Informationen zu Corona zusammen (bitte um Aufschlüsselung)?

16. Gibt es eigene „Corona-Informationsteams“, die in den in Österreich gebräuchlichsten Fremdsprachen die (zuständigen) Behörden in ihrer „Corona-Aufklärungsarbeit“ unterstützen?
a.) Wenn ja, in welcher Sprache?
b.) Wenn nein, warum nicht?

17. Bieten Sie eine (oder mehrere) fremdsprachige/mehrsprachige „Corona-Hotline“ an?
a.) Wenn ja, in welcher Sprache und wo ist diese angesiedelt?
b.) Wenn nein, warum nicht?

18. Welche Unterstützungen bekommen Sie bei dieser notwendigen „Corona-Information“ von den in Österreich akkreditierten Botschaften (Wien) und den Konsulaten in den Bundesländern?

19. Gibt es entsprechende direkte Informations- und Aufklärungsangebote für deren jeweiligen Staatsangehörigen, die in Österreich leben und hier ihren ordentlichen Wohnsitz haben?

20. In welcher Form werden Menschen mit fehlenden oder geringen Deutschkenntnissen über die Möglichkeit einer freiwilligen „Covid-19-Impfung“ in ihrem Ressort  aufgeklärt?. Was ist diesbezüglich generell geplant?

21.  Gibt es eine Strategie wie speziell Drittstaatsangehörige (bspw. AsylwerberInnen) über die Möglichkeit einer freiwilligen „Covid-19-Impfung“ im Jahr 2021 aufgeklärt werden?

22. Wie wurden bzw. werden Personen mit fehlenden oder geringen Deutschkenntnissen, die als Angehörige einer Risikogruppe qualifiziert wurden, aufgeklärt und auch über die Impfmöglichkeiten informiert?

23. Wie werden Menschen mit fehlenden oder geringen Deutschkenntnissen im österreichischen „Corona-Impfplan“ berücksichtigt? Insbesondere Angehörige der Risikogruppen (z. B. Menschen mit mangelnder Mobilität demenzerkrankte Personen?)

 

24. Wird bei der Einführung des elektronischen Impfpasses der Situation von Menschen mit fehlenden oder geringen Deutschkenntnissen bzw. MigrantInnen und Flüchtlingen Rechnung getragen und wenn ja, in welcher Form?

25. Welche Informations- und Impfstrategie wird bei mehr- und fremdsprachigen Insassen von Haftanstalten verfolgt? (bitte um detaillierte Auskunft)

 

26. Welche Informations- und Impfstrategie wird bei Drittstaatsangehörigen, die aufgrund beruflicher Verpflichtungen in Österreich für einen befristeten Zeitraum leben, allerdings naturgemäß nicht in ihrem Heimatland Corona-geimpft werden können, verfolgt. (Bitte um detaillierte Auskunft).

 

27. Welche Informations- und Impfstrategie wird bei PendlerInnen verfolgt (Bitte um detaillierte Auskunft)?

 

28. Wird bei PendlerInnen bei der Impfstrategie zwischen jenen, die täglich nach Österreich einpendeln, und jenen, die über einen längeren Zeitraum in Österreich leben, unterschieden?

 

29. Werden die 24-Stunden-PflegerInnen, die im Zweiwochenrhythmus in Österreich leben, zum ehestmöglichen Zeitpunkt in die Impfreihung aufgenommen werden und wie sehen bei dieser, höchst gefährdeten Personengruppe, die Informationsstrategien aus?

 

30. Werden bei den 24-Stunden-PflegerInnen auch die „Agenturen“, die für die Vermittlung der Pflegekräfte zuständig sind, in die Informationsarbeit inkludiert? (Wenn ja, wie; Wenn nein, warum nicht?)

31. Werden Jugend- und Freizeitvereinigungen der jeweiligen ethischen Gruppen in die Informationsarbeit über die Corona Impfungen einbezogen?  Und ist dabei gewährleistete, dass auch kleinere, nicht im Zentrum der medialen Berichterstattung stehenden ethnische Gruppierungen ohne Abstriche in die Informationsarbeit einbezogen werden? (Bitte um detaillierte Antwort).

 

32. Welche Vorkehrungsmaßnahmen sind getroffen worden, um auch jene Menschen, die aufgrund des Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 § 58 c in der Fassung der Novelle BGBl I 96/2019, das mit 1. September 2020 in Kraft getreten ist, in Österreich zum Teil oder gänzlich leben, in die Informations- und Impfstrategie einzubeziehen? (bitte um detaillierte Angaben)



[1] z. B. Websites, Merkblätter, Radiosendungen, Soziale Medien