5207/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.02.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Krankenkassen: Chefärztliche Bewilligungsverfahren 2020

 

Große Unterschiede zwischen den Kassen bei der Arzneimittelbewilligung

Die Anfragebeantwortungen 13017/AB XXV. GP und 3993/AB XXVI. GP haben gezeigt, dass es bei bewilligungspflichtigen Arzneimitteln zwischen den Krankenkassen enorme Unterschiede bei der Arzneimittel-Bewilligungswahrscheinlichkeit (bzw. Arzneimittel-Nicht-Genehmigungsquote) gibt. So gab es bei er VGKK 2017/2018 altersstandardisiert im Schnitt 1,0 Ablehnungen pro 100 Versicherte, während dieser Wert bei der WGKK um ein Vielfaches höher lag: 5,1 Ablehnungen je 100 Versicherte.

Geringe Finanzkraft der Kasse erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Nicht-Bewilligung

Der von der AK betriebene Blog "Arbeit&Wirtschaft-Blog" schreibt dazu Folgendes und deutet an, dass die Risikostruktur und die Finanzlage der Kassen die Bewilligungsquote beeinflussen könnte. Sprich: je schlechter die Risikostruktur/Finanzlage einer Kasse, desto geringer ist die Bewilligungswahrscheinlichkeit.

"Aus diesen Zahlen geht hervor, dass die WGKK als eine der Krankenkassen mit der schlechtesten Risikostruktur eine deutlich höhere Ablehnungsquote – auch nach Gewichtung – vorzuweisen hat als beispielsweise die SGKK. Eine schlechte Risikostruktur liegt unter anderem aufgrund des Großstadtfaktors vor – in Wien leben mehr Arbeitslose und MindestsicherungsbezieherInnen als in den anderen Bundesländern, und diese sind in der WGKK versichert. Im Gegensatz zu den Gebietskrankenkassen haben beispielsweise die Krankenkassen der Bundesbediensteten und der Selbstständigen – die BVA und die SVA – eine deutlich bessere Risikostruktur, weil die Versicherten in der Regel erwerbstätig sind und daher auch (höhere) Beiträge aus ihrem Einkommen bezahlen. Es wäre daher wünschenswert, wenn es einen fairen Ausgleich zwischen den Trägern gäbe, damit es zu keiner Mehr-Klassen-Medizin kommt. Ob jemand ein Medikament erhält, das sie bzw. er benötigt, sollte keinesfalls davon abhängen, bei welcher Kasse sie bzw. er versichert ist und ob diese genügend Geld zur Verfügung hat." (1)

Bisher erfolgten seitens der Kammern aber keine Taten im Sinne der Versichertenvertretung

Eigenartig dabei ist, dass die Arbeiterkammer, die eigentlich selbst in den Gebietskrankenkassen (jetzt ÖGK) mit Funktionären vertreten ist, das Problem aber bisher nie offensiv zur Sprache gebracht hat oder versucht hat dieses Problem auf Funktionärsebene zu lösen. Ob die Wirtschaftskammer, die nun paritätisch in der ÖGK vertreten ist, das Thema auf dem Schirm hat, ist unbekannt. Die hohe Ablehnungsquote durch die SVA (nun SVS; 5,0 Ablehnungen je 100 Versicherte) lässt zumindest das Gegenteil vermuten. Hier stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Kammern als Versichertenvertretung geeignet sind oder ob "Sozialwahlen" (direkte Wahl der Versichertenvertretung) wie in Deutschland nicht eher im Sinne der Versicherten wären. Der entsprechende Antrag wurde aber zuletzt im Sozialausschuss von der schwarz-grünen Mehrheit vertagt. (2)

Enorme Unterschiede bei Arzneimittel-Bewilligungswahrscheinlichkeit (bzw. Arzneimittel-Nicht-Genehmigungsquote)

_scroll_external/attachments/image2020-7-23_7-29-10-bc29aacc303a85253af7fba1d240033bb990d99e78f0b4dba6e6bc02c33dba75.png

 

Quellen:

(1) https://awblog.at/medikamentenbewilligung-kostenfaktor-keine-klassen-medizin/

(2) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00316/index.shtml

 


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Anfragen zur chefärztlichen Bewilligung für Arzneimittel wurden im Jahr 2020 von den KV-Trägern bearbeitet? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

a.    Wie viele wurden dabei ganz oder teilweise abgelehnt?

b.    Bei wie vielen wurde eine Änderung der vom verschreibenden Arzt intendierten Therapie nahegelegt?

2.    Wie viele Anfragen zur chefärztlichen Bewilligung für Arzneimittel aus der "No Box" wurden im Jahr 2020 von den KV-Trägern bearbeitet? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

a.    Wie viele wurden dabei ganz oder teilweise abgelehnt?

b.    Bei wie vielen wurde eine Änderung der vom verschreibenden Arzt intendierten Therapie nahegelegt?

3.    Wie viele Anfragen zur chefärztlichen Bewilligung für Arzneimittel aus der "Roten Box" wurden im Jahr 2020 von den KV-Trägern bearbeitet? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

a.    Wie viele wurden dabei ganz oder teilweise abgelehnt?

b.    Bei wie vielen wurde eine Änderung der vom verschreibenden Arzt intendierten Therapie nahegelegt?

4.    Wie viele Anfragen zur chefärztlichen Bewilligung für Arzneimittel aus der "Gelben Box" wurden im Jahr 2020 von den KV-Trägern bearbeitet? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

a.    Wie viele wurden dabei ganz oder teilweise abgelehnt?

b.    Bei wie vielen wurde eine Änderung der vom verschreibenden Arzt intendierten Therapie nahegelegt?

5.    Wie viele Fachärzte (nach Fächern) und wie viele Allgemeinmediziner sind im chefärztlichen Bereich der einzelnen KV-Träger im Jahr 2020 tätig gewesen (nach Köpfen und VZÄ) und welche Personalaufwände sind den KV-Trägern dadurch entstanden? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

6.    In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2020 bei (teilweiser) Ablehnung ein Bescheid verlangt und wie viele Bescheide wurden innerhalb jeweils von 2, 4 bzw. 6 Monaten nach dem Verlangen erlassen? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

7.    In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2020 innerhalb der gesetzlichen Frist ein Bescheid erlassen und wie viele Klagen bei den Arbeits- und Sozialgerichten wurden eingebracht? (getrennt nach KV-Träger/ÖGK-Landesstelle)

8.    Welche Maßnahmen haben Sie als Aufsicht bereits gesetzt, um den Unterschieden bei der Kassen-Arzneimittelbewilligungsquoten entgegenzuwirken? Und in welchem Ausmaß haben sich diese Maßnahmen bereites bemerkbar gemacht?

9.    Effizienterer Verwaltungsvollzug durch Transparenz: Aufwand für die Anfragebeantwortung: 

a.    Wie viele Personen insgesamt waren bei der Anfragebeantwortung involviert?

b.    Wie viele Arbeitsstunden insgesamt fielen für die Anfragebeantwortung an? (Angabe in Halbstunden, z.B. 1,5h)

c.    In welchem Ausmaß könnte eine strukturierte, laufende Datenoffenlegung (Transparenz) diesen Aufwand reduzieren? (Angabe in Prozent und/oder Stunden)