5221/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.02.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

betreffend ausständige Maßnahmen gegen Plastikmüllberge

 

Das Regierungsprogramm sieht zur Reduktion von Plastik(verpackungs)müll unter anderem folgende Punkte vor[1]:

·         „Gesetzliche Verankerung des Reduktionsziels von Plastikverpackungen um 20%

·         Verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen inklusive konkreter Ziele für den Ausbau von Mehrwegsystemen, insbesondere auch für Getränkeverpackungen

·         Gezielte Maßnahmen zur Reduktion von Einwegplastikverpackungen, u.a. forcierte Kooperation mit Handel, Gastronomie und Herstellern zur Reduktion von Einweggebinden“

Am 2. Juni 2020 hat zum Thema Kunststoffgetränkeverpackungen ein Runder Tisch („Plastik-Gipfel“) im BMK stattgefunden. Auf der Webseite des BMK ist dazu zu lesen: „Als nächsten Schritt werden nun bis zum Herbst konkrete Details eines möglichen Einwegpfandsystems für Österreich entwickelt.“[2]

Sie haben am 7. September 2020 einen „3-Punkte-Plan gegen die Plastikflut in Österreich“ vorgestellt, der eine Mehrwegquote für Getränkeverpackungen, die Einführung des Pfands für Einweggetränkeverpackungen und eine ökologische gestaltete Herstellerabgabe für Plastikverpackungen beinhaltet.

Auf der Webseite des BMK heißt es im Artikel zum 3-Punkte-Plan vom 7.9.2020 zum Einwegpfand: „Ein entsprechendes Pfandmodell wird derzeit im Klimaschutzministerium erarbeitet.“[3] und zur Herstellerabgabe: „Ein Modell für die Herstellerabgabe liegt vor und wird in die anstehenden Budgetverhandlungen eingebracht.“[4]

In der Nationalratssitzung vom 23.9.2020 haben Sie diese Punkte wiederholt und eine Lösung für die Einführung eines Pfandsystems bis Jahresende, sowie die Einführung einer Herstellerabgabe für Plastikverpackungen durch die „weniger Plastikmüll produziert und andererseits ein Verursacherprinzip eingeführt wird“[5] angekündigt.

Die Einführung des Einwegpfands wird vor allem von den Wirtschaftsverbänden bekämpft. Diese argumentieren u.a. damit, dass ein Pfandsystem teurer sei und eine Intensivierung der getrennten Sammlung sowie die nachträgliche Aussortierung von Plastikflaschen aus dem Restmüll günstiger kommen würde, ohne dies mit belastbaren Fakten zu belegen. Fest steht in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Kosten bei diesem Modell gleich direkt bei den HaushaltskundInnen anfallen würden während ein Pfandsystem Abfüller und Handel in die Pflicht nehmen würde.

In der Anfragebeantwortung 3676/AB vom 7.12.2020 heißt es in Hinblick auf die Aussortierung von Plastikflaschen aus dem Restmüll überdies: „EU-rechtlich sind aus dem Restmüll aussortierte Massen nicht auf die Sammelquote anrechenbar (Entwurf der EU-Durchführungsverordnung).“[6]

Eine Herstellerabgabe zur Bedeckung der rund 142 Mio. Euro pro Jahr für die EU-Plastikabgabe war nicht Teil des im November 2020 beschlossen Bundesbudgets 2021. Die Folge ist, dass diese Mittel nun von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und nicht von den verursachenden Unternehmen bezahlt werden müssen. Eine Lenkungswirkung, die zu weniger Plastikmüll führt, ist somit ausgeschlossen.

Mit Ende Jänner 2021 gibt es noch immer keine verpflichtende Mehrwegquote, kein Einwegpfandsystem und auch keine Umsetzung der Herstellerabgabe für Plastikverpackungen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.       Welche Maßnahmen haben Sie im ersten Jahr der Bundesregierung gesetzt, um das Regierungsziel von 20% weniger Plastikverpackungen bis 2025 zu erreichen?

2.       Warum gibt es noch keine – bereits für Herbst 2020 in Aussicht gestellte - Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes, die eine Einführung der Mehrwegquote für Getränke im Lebensmitteleinzelhandel festlegt und die Einführung eines Einwegpfands auf Getränkeverpackungen festschreibt?

3.       Welche Details sind noch zu klären?

4.       Bis wann ist mit einer entsprechenden AWG-Novelle zu rechnen?

5.       Welche Umsetzungsvarianten zur Verringerung von Kunststoffgetränkeverpackungen wurden seitens des BMK seit dem „Plastikgipfel“ im Juni 2020 vertieft geprüft?

6.       Welche Umsetzungsvarianten eines Einwegpfands hat das BMK herausgearbeitet/geprüft?

7.       Sind die Ergebnisse dieser Prüfung veröffentlicht worden?

a.       Wenn ja, wo sind die Ergebnisse auffindbar?

b.       Wenn nein, wann werden die Ergebnisse veröffentlicht?

c.       Werden diese Umsetzungsvarianten auch in Hinblick auf die Kostenverteilung betrachtet, mit welchem Ergebnis?

8.       Haben Sie sich bereits auf ein bestimmtes Pfandmodell festgelegt?

a.       Welches?

9.       Wurden abseits der abgeschlossenen Studie „Möglichkeiten zur Umsetzung der EU-Vorgaben betreffend Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg“ im Jahr 2020 weitere Studien bzw. Aufträge erteilt?

a.       Wenn ja, mit welchem Inhalt und an wen?

b.       Wenn nein, ist aus Ihrer Sicht die fachliche Beurteilung der Einführung eines Einwegpfands ausreichend erfolgt?

10.   Von GegnerInnen einer Pfandlösung wird ins Treffen geführt, dass eine österreichweit einheitliche Sammlung und eine Abholung direkt am Wohnort inkl. kostenintensiver Aussortierung aus dem Restmüll günstiger wären.

a.       Sind Ihnen Belege für diese Behauptungen bekannt?

b.       Teilen Sie diese Einschätzung?

c.       Wurden die von der WKO kolportierten Kosten Ihrem Ressort gegenüber plausibilisiert?

d.       Sind diese dargestellten Kosten aus Sicht des BMK nachvollziehbar?

e.       Können Sie abschätzen, welche Mehrkosten eine gelbe Tonne für jeden Haushalt und die damit verbundene Abholung mit sich bringen würde?

f.        Können Sie abschätzen, welche Mehrkosten eine Aussortierung aus dem Restmüll nach heutigem Wissenstand mit sich bringen würde und wie sich diese Mehrkosten in den kommunalen Müllgebühren auswirken würden?

11.   Im Rahmen des Durchführungsrechtsakts soll endgültig geklärt werden, ob eine nachträgliche Sortierung von Plastikflaschen aus dem Restmüll zu einer Anerkennung bei der Sammelquote führen kann. In den aktuellen Entwürfen der EU Kommission scheint das nicht der Fall zu sein.

a.       Welche Position hat Österreich im Komitologieverfahren zu diesem Durchführungsrechtsakt im Hinblick auf die Anrechenbarkeit eigenommen?

b.       Ist dieses Komitologieverfahren schon abgeschlossen, wann wird es abgeschlossen sein?

c.       Wenn eine ohnehin kostenintensive Sortierung aus dem Restmüll nicht anerkannt wird, gibt es aus Sicht des BMK dann noch wirtschaftlich darstellbare Alternativen zum Pfandsystem, um die EU-Vorgaben zu erreichen?

12.   Sie haben mehrfach eine Herstellerabgabe für Plastikverpackungen angekündigt. Im Budget 2021, in dem erstmals die „EU-Plastikabgabe“ fällig wurde, fehlt eine solche Herstellerabgabe.

a.       Wie sieht dieses Modell aus?

b.       Wann wurde mit der Planung des Modells begonnen?

c.       Wurde bei der Entwicklung auf externe Expertise zurückgegriffen bzw. von wem?

d.       Woran ist die Umsetzung dieser Abgabe gescheitert?

13.   Wie viele vermeidbare Tonnen an Plastikverpackungen werden aus Sicht des BMK im Jahr 2021 auf Grund der fehlenden Lenkungswirkung anfallen?

14.   Wird die Herstellerabgabe für Plastikverpackungen bis zum Beschluss des Budgets 2022 umgesetzt sein?

15.   Die Einwegplastik-Richtlinie sieht bis Juli 2021 Verbote von bestimmten Produkten (Wattestäbchen, Trinkhalme, etc.) vor. Solche Marktbeschränkungen gehen üblicherweise mit planbaren Fristen für die HerstellerInnen und HändlerInnen einher. Können Sie sicherstellen, dass die Vorgaben der EU-Richtlinie unter diesen Gesichtspunkten zeitgerecht in nationales Recht umgesetzt werden?

16.   Welche Kosten für externe Beratungen sind in den Jahren 2020 und 2021 im Zusammenhang mit Einwegpfand, Mehrwegquote und Herstellerabgabe entstanden?

17.   Welche externen DienstleisterInnen waren in diesem Zusammenhang für das BMK tätig?

18.   Gibt es bereits ein Vertragsverletzungsverfahren, da die Frist für die Implementierung des Kreislaufwirtschaftspakets verstrichen ist?

19.   Mit wie hohen Strafen muss für Österreich gerechnet werden, sollte es zu einer Verurteilung durch den EuGH kommen?

20.   Österreich muss bis 2022 eine Ausgangslage für den Verbrauch von Kunststoff-Getränkebechern und Speisebehälter evaluieren. Gibt es dazu bereits einen Fahrplan, wie die Mengen erhoben und die Ziele definiert werden?



[1] Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020 – 2024, S. 142.

[2] https://infothek.bmk.gv.at/pfanddiskussion-runder-tisch-zu-kunststoffgetraenkeverpackungen/

[3] https://www.bmk.gv.at/service/presse/gewessler/20200907_3punkteplan.html

[4] a.a.O.

[5] https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2020/PK0923/

[6] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_03676/index.shtml