5247/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.02.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Chaos bei Geschäftsraummieten“

Durch die gesetzlichen COVID-19-Maßnahmen konnten viele UnternehmerInnen ihre gemieteten Geschäftsräumlichkeiten nicht, oder nur eingeschränkt, nutzen.

Daher war vor dem erstem Lockdown Rechtssicherheit herzustellen, inwieweit die Miete zu entrichten ist, insbesondere mit Blick auf Bestimmungen des ABGB.

Leider gab es keine rasche legistische Klärung.

Spät erklärte Justizministerin Zadic, dass ihrer Rechtsauffassung nach keine Miete zu entrichten sei. Eine verbindliche gesetzliche Klärung blieb aus.

Daher müssen sich jetzt MieterInnen und Gerichte zahlreich mit Räumungsklagen herumschlagen. Offensichtlich teilen viele VermieterInnen die Rechtsansicht von Zadic nicht oder wollen so Druck machen.

So weit, so schlecht.

Wer am Do., 28.1.2021 im ORF die Sendung „ECO“ verfolgte, konnte sogar im Originalton der Geschäftsführers vernehmen, dass die COFAG ohne jede Not auf eine weiteren Verkomplizierung der Situation hinarbeitet.

Anstatt die Rechtsansicht der Justizministerin zu exekutieren, stellt die COFAG über den Fixkostenzuschuss Mittel zur Bezahlung der VermieterInnenseite zur Verfügung. Nicht ohne, wie ebenfalls in der Sendung zu vernehmen war, eine Rückforderung dieser Mittel in Aussicht zu stellen. Die Anfragestellerin kann sich kaum eine Vorgehensweise vorstellen, die bei gleichzeitiger Verwendung von Steuergeld mehr Rechtsunsicherheit bei gleichzeitiger Maximierung von Bürokratie und Belastung der Justiz erzielen könnte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)      Warum stellt die COFAG über den Fixkostenzuschuss Geld für Mieten bereit, wenn laut Justizministerin Zadic diese aufgrund der Bestimmungen des ABGB ausgesetzt werden kann (und folglich aus Sicht des/der ordentlichen Unternehmerin ausgesetzt werden muss)?

2)      Ist es Kalkül oder eine Fehleinschätzung, dass, wie Berechnungen der ORF-Sendung ECO vom Do., 28.1.2021 veranschaulichen, hier Steuergeld überwiegend Vermietern zu Gute kommt, anstatt den beatragenden UnternehmerInnen?

3)      Inwieweit deckt sich die in der Sendung ECO von COFAG-GF Bernhard Perner getätigte Antwort auf die geäußerte UnternehmerInnen-Kritik („mein Vermieter leistet keinen Beitrag“), nämlich Fairness sei etwas, das sich erst herauskristallisieren werden würde, mit der Intention des Finanzministeriums bei der Entwicklung des Fixkostenzuschusses?

4)      Inwieweit ist Fairness im Bezug auf das Konzept des Fixkostenzuschusses relevant bzw. nicht relevant?

5)      Inwieweit ist es vorhergesehen worden bzw. bei der Planung in Kauf genommen worden, dass in vielen Fällen der gewährte Fixkostenzuschuss in den Kassen von VermieterInnen landet?

6)      Ist die getätigte Aussage von COFAG-GF Perner zutreffend, dass man sich im Bezug auf die womöglich „hunderte Millionen Euro“ an geleisteten Zuschüssen, die für Mieten aufgewendet wurden, einzelfallbezogen zu Rückforderungen bzw. Nicht-Rückforderungen der geleisteten Beträge für Miete kommen werde?

7)      Falls Perners Aussage zutrifft: Warum wird in Aussicht genommen UnternehmerInnen dadurch ungleich zu behandeln?

8)      Falls Perners Aussage zutrifft: Warum wird in Aussicht genommen VermieterInnen dadurch ungleich zu behandeln?

9)      Falls Perners Aussage nicht zutrifft: ISt die COFAG Ihrer Meinung nach in guten Händen?

10)  Welche Beurteilungsgrundglae könnte es im Bezug auf die in Frage 6 beschriebene Rückforderungspraxis geben, die nicht völlige Willkür manifestieren würde?

11)  Hat die COFAG überhaupt die notwendigen Dokumentationen, um die geleisteten Fixkostenzuschüsse im Bezug auf eine allfällig notwendige Rückforderung aufgrund geleisteter Mietzahlungen zu beurteilen?

12)  Hat die COFAG überhaupt die notwendigen personellen Ressourcen, um die geleisteten Fixkostenzuschüsse im Bezug auf eine allfällig notwendige Rückforderung aufgrund geleisteter Mietzahlungen zu beurteilen?

13)  Falls nein, welche Maßnahmen sind in Aussicht genommen um diese Ressourcen aufzubauen?

14)  Falls ja: Wäre es aus Ihrer Sicht nicht sinnvoller, die Förderungsgenehmigungen zu beschleunigen anstatt für selbst verursachtes Förderungschaos Bürokratie aufzubauen?

15)  Wann soll eine allfällige Beurteilung der möglichen Rückzahlung aufgrund erbrachter Mietzahlungen durch Förderungsempfänger erfolgen?

16)  Welche Vorgehensweise ist in jenen Fällen in Aussicht genommen, in denen der Förderungsempfänger dann bereits Insolvent ist?

17)  Unter welchen Umständen kann und will sich die COFAG dann subsidiär beim Vermieter schadlos halten?

18)  Unter welchen Umständen will sich die COFAG dann beim Vermieter schadlos halten wenn aus sonstigen Gründen kein Rückfluss der Förderung in angemessener Frist erfolgt?

19)  Werden oder wurden Rücklagen für die absehbaren Aufwendungen im Bezug auf gerichtliche Auseinandersetzungen rund um den Themenkomplex Rückforderungen aufgrund geleisteter Geschäftsraummieten gebildet?

20)  Welche Alternativen sehen Sie um diese absehbare, enorme Mehrbealstungen der ordentlichen Gerichte (noch) abzuwenden?

21)  Welchen Betrag hat die COFAG im Rahmen des Fixkostenzuschusses bis Stichtag 1. Februar 2021 aliquot für Mietzahlungen genehmigt bzw. ausbezahlt (bitte um Angabe der Anzahl der Fälle und des Gesamtbetrags)?

22)  Wieviel Prozent der geleisteten Mittel für Fixkostenzuschüsse entspricht das?

23)  Falls die, auf die Fragen 1 bis 20 gegebenen Antworten den Schluss zulassen, dass die COFAG nach bisheriger Rechtsprechung nicht zwingend zu errichtete Mietzahlungen mitfinanziert hat und diese nicht oder nur eingeschränkt zurückgefordert werden sollen oder können: Inwieweit halten Sie es für gesetzlich gedeckt, Steuermittel für gesetzlich nicht zwingende Zahlungen an Vermieter aufzuwenden?

24)  Da sich in der Gesamtbetrachtung keine Hemmung erkennen lässt, Steuermittel für die Sicherung von Kapitalerträgen einzusetzen: Warum gab es keine offene Förderung und Zuwendung an Vermieter gewerblicher Immobilien?

25)  Auf welche rechtliche Expertise stützt sich die COFAG bei der Finanzierung von Mietleistungen, die nach bisheriger Rechtsprechung aufgrund der Bestimmungen des ABGB nicht zu leisten sind?

26)  Inwieweit beinhaltet die Förderungspraxis der COFAG Anreize, dass FörderungswerberInnen die Möglichkeit der Aussetzung von Mieten vorzunehmen oder eine konsensuale Lösung mit der VermieterInnenseite anzustreben?

27)  Inwieweit gab es Bedenken, dass die Förderpraxis der COFAG ein Anreiz ist, Zahlungen an VermieterInnen, noch dazu mit Steuergeid, vorzunehmen, obwohl diese aufgrund der bisherigen Rechtssprechung nicht notwendig ist?

28)  Gab es im Bezug auf die Bedeckung von Mietkosten im Rahmen des Fixkostenzuschusses in der Förderpraxis der COFAG bislang Wechsel oder Anpassungen in der Förderpraxis?

29)  Gibt es aufgrund der aktuellen Entwicklungen Überlegungen, im Bezug auf die Bedeckung von Mietkosten im Rahmen des Fixkostenzuschusses in der Förderpraxis der COFAG jetzt oder in Zukunft Änderungen vorzunehmen?

30)  Sie haben selbstverständlich in der Öffentlichkeit hartes Durchgreifen gegen Kurzarbeits- FörderungsbezieherInnen angegündigt, wenn tatsächlich keine Kurzarbeit stattfindet, aber warum konnten Sie sich noch nicht zu einer klaren Position gegen Förderung von Mietkosten durchringen, obwohl im Fall von gewerblichen Objekten tatsächlich keine gesetzliche Notwendigkeit für die Zahlung dieser Mieten infolge der covidbedingten Einschränkungen im Licht der korrespondierenden ABGB-Bestimmungen und der bisherigen Spruchpraxis der ordentlichen Gerichte gegeben ist?