5274/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.02.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Missbrauch von Kurzarbeit

 

Obwohl die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise breite Teile des Wirtschaftslebens lahm gelegt hat, zeigt sich dass nicht alle Branchen im gleichen Ausmaß von der Krise betroffen sind. Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich 2020 insgesamt zwar deutlich gestiegen: in einigen Branchen aber ist sie dramatisch hoch, während sie in anderen kaum messbar ist. Jeder Dritte in der Branche Beherbergung und Gastronomie ist ohne Job, während die Arbeitslosigkeit in der Finanz- oder der Information- und Kommunikationsbranche kaum existent ist. 

Am Beginn der Coronakrise war die Kurzarbeit sicherlich eine wesentliche Maßnahme zur Abschwächung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Restriktionsmaßnahmen. Aber sie ist eben nur eine Überbrückungshilfe und sie macht nur als Brücke von einem Ufer zum anderen Sinn, nicht aber als Steg hinaus in den Ozean. Je länger die Kurzarbeit dauert, umso größer ist der Anteil der gestützten Jobs, die strukturell auch ohne Coronakrise schon gefährdet waren. Ebenso steigt im Zeitverlauf der Anteil an Betrieben, die aufgrund öffentlicher Transfergelder überleben und damit ökonomisch gesunden Mitbewerbern Konkurrenz machen und deren Marktposition schädigen. Kurzarbeitsmissbrauch ist darüber hinaus schwer zu erkennen und zu unterbinden. Viele Politiker bekommen aus der Bevölkerung laufend Berichte von kurzarbeitenden Steuerberatern, Schlossern, Elektrikern, Automechanikern und dergleichen, die aber realiter voll ausgelastet sind.
Außerdem gehört die Kurzarbeit zu den teuersten Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzumildern. Damit die Mittel dort ankommen, wo sie am Meisten benötigt werden, braucht die Kurzarbeit nach der ersten, auf drei Monate befristeten Vereinbarung einen Anreiz, damit die Kosten durch weitere Verlängerungen nicht unnötig noch deutlicher steigen. Jeder Cent wird gerade gebraucht, um die Wirtschaft zu stabilisieren und für Liquidität im Ausnahmezustand zu sorgen. D
aher wäre eine gegen Missbrauch einerseits und Mitnahmeeffekte andererseits aufgesetzte Kurzarbeitsregelung umso wichtiger. Je größer der Kreis der Berechtigten und je laxer die Kontrollen sind, desto mehr Mitnahme-Effekte und potenziellen Missbrauch gibt es. Wie aktuelle Medienberichte zeigen, ermöglicht die aktuelle Ausgestaltung der Kurzarbeit, dass Unternehmen das Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen, sich dadurch Arbeitskosten ersparen, aber de facto keine Reduktion der Arbeit in dem Ausmaß vorsehen. So gab auch das die Finanzpolizei bekannt, dass rund ein Viertel der Kontrollen im Jahr 2020 auf Kontrollen bezüglich der Kurzarbeit zurückzuführen ist. Von den 7.072 Kontrollen wurden gleich in 3.816 Fällen Abweichungen zum Förderansuchen festgestellt - mehr als die Hälfte der kontrollierten Kurzarbeitsansuchen wurden also nicht rechtmäßig umgesetzt.

Quellen:

https://kurier.at/politik/inland/kurzarbeit-missbrauch-finanzpolizei-stellte-bisher-150-anzeigen/400955855

https://kurier.at/politik/inland/finanzpolizei-bilanz-29-prozent-mehr-kontrollen-wo-die-pruefer-fuendig-wurden/401166381

https://www.derstandard.at/story/2000118381166/bisher-150-anzeigen-wegen-missbrauchs-von-kurzarbeit

https://vorarlberg.orf.at/stories/3086696/

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Unternehmen wurden seit 2015 von der Finanzpolizei kontrolliert? (Aufschlüsselung nach Jahren, NACE Klassifizierung und Bundesländern)

2.    Wie hat sich der Beschäftigungsstand der Beamten der Finanzpolizei seit 2015 entwickelt? (Aufschlüsselung nach Vollzeitäquivalent, Jahren und Bundesländern)

3.    Wie hoch waren jeweils die Summen, der durch die Arbeit (Einbringung von Abgabenrückständen, Beschlagnahmen und Pfändungen über Sicherstellungen, Strafanträgen etc) der Finanzpolizei in den einzelnen Jahren seit 2015 "hereingebrachten" Abgabenforderungen des Bundes? (unmittelbare monetäre Erfolgsbilanz zugunsten des Bundes)

4.    Wie viele Unternehmen wurden seit Einführung der Kurzarbeit 2020 von der Finanzpolizei kontrolliert? (Aufschlüsselung nach NACE Klassifizierung, Bundesländern und Monaten)

5.    Wie viele Unternehmen wurden  2020 aufgrund des Verdachts auf Kurzarbeit-Missbrauch von der Finanzpolizei kontrolliert? (Aufschlüsselung nach NACE Klassifizierung, Bundesländern und Monaten)

a.    Welche anderen Gründe haben zu einer Kontrolle geführt? (Um eine Auflistung von Gründen wird gebeten)

6.    Wie vielen Unternehmen konnte ein Kurzarbeit-Missbrauch nachgewissen werden? (Aufschlüsselung nach NACE Klassifizierung, Bundesländern und Monaten, sowie unter Angabe der fördernden Stellen) 

a.    Wie hoch ist der entstandene Schaden? (Aufgeschlüsselt nach geschädigter Stelle)

7.    Wie viele Fälle von Sozialleistungsbetrug wurden im Rahmen der Kontrollen von Kurzarbeit festgestellt? (Aufschlüsselung nach NACE Klassifizierung, Bundesländern und Monaten)

8.    Wie viele Anzeigen gab es bisher aufgrund von Missbrauch von Kurzarbeitsbeihilfen? (Aufschlüsselung nach NACE Klassifizierung, Bundesländern und Monaten)