5306/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.02.2021
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Stefan
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Abschiebung eines türkischen Ex-Spions
Im September 2020 wurde erstmals bekannt, dass ein mutmaßlicher und ehemaliger Spion des türkischen Geheimdienstes „MIT“ damit beauftragt wurde, einen Anschlag auf die Grünen-Politikerin Berivan Aslan zu verüben. Die Tageszeitung „Der Standard“ fasst in ihrer Onlineausgabe vom 27.01.2021[1] das bisherige Geschehen in dieser Causa zusammen:
„Seit dem vergangenen September kann Berîvan Aslan ihre Wohnung nur mit Polizeischutz verlassen. Damals erreichte die kurdischstämmige Politikerin der Wiener Grünen eine Hiobsbotschaft: Ein angeblicher Ex-Agent des türkischen Geheimdiensts MIT stellte sich der österreichischen Polizei und erklärte, den Auftrag erhalten zu haben, Aslan "umzubringen oder wenigstens zu verletzen". Das geht aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien hervor.
Seither hat sich einiges getan. Der italienische Staatsbürger mit türkischen Wurzeln kam in Untersuchungshaft. Aus dieser wurde er vor dem Jahreswechsel entlassen und nach Italien abgeschoben. Am 4. Februar sollte ihm in Wien wegen militärischen Nachrichtendiensts für einen fremden Staat der Prozess gemacht werden. Der Termin musste wieder abberaumt werden – mangels des Angeklagten. Die britische Tageszeitung Telegraph berichtete kürzlich, dass sich der Verdächtige nun in Nordafrika aufhält. Rund um die Causa des angeblichen türkischen Ex-Agenten wird noch gegen fünf weitere Beschuldigte ermittelt. DER STANDARD berichtete.
[...] Aus Aslans Sicht war der Geständige kein großer Lügner, immerhin seien alle Kontaktpersonen, die er angab, auch verifiziert worden. Das Umfeld des mutmaßlichen Spions weise zudem teils eine Nähe zu den ultranationalistischen und rechtsextremen "Grauen Wölfen" auf.
Allerdings ist Aslan "schockiert" über die Art und Weise, wie die Causa hierzulande behördlich behandelt wird. Bisher ist selbst für die Grünen-Politikerin der Akt unter Verschluss. Sie würde den Attentäter also gar nicht erkennen, da sie bisher gar kein Foto von ihm gesehen hat, erzählte sie. Völlig unverständlich ist für Aslan, dass der geständige mutmaßliche Ex-Agent kurz vor seinem Strafverfahren ins Ausland abgeschoben und ihm damit die Möglichkeit gegeben wurde abzutauchen. Aus der U-Haft entlassen wurde er, weil auch nach Meinung der Staatsanwaltschaft nicht mehr die Verhältnismäßigkeit gegeben war. Es hätte aus Aslans Sicht zig gelindere Mittel gegeben, um den Mann in Österreich zu halten. Aslan verlangte eine parlamentarische Untersuchung dieser Causa.
Hier schloss der ehemalige Abgeordnete und Zackzack-Gründer Pilz an. Er wollte den mutmaßlichen Agenten am Mittwoch erreichen, was aber scheiterte. Pilz geht davon aus, dass er sich auf der Flucht befindet und gegen seinen Willen abgeschoben wurde. "Wer dermaßen gegen den Erdoğan-Geheimdienst aussagt, ist gefährdet", meinte der Ex-Politiker. Jedwede Verdunkelung und Flucht des Mannes hätte verhindert werden müssen.
Für Pilz stellt sich angesichts dessen, wie die Causa verlaufen ist, die Frage, ob das Justizministerium gemeinsam mit den Ressorts Inneres und Äußeres als Komplizin eines "ausländischen terroristischen Regimes" agiert hat – er ortet einen Justizskandal. Für Kopfschütteln sorgt bei Pilz auch, dass dem angeblichen Ex-Agenten nur noch der Nachrichtendienst für einen fremden Staat zur Last gelegt wird und die Vorbereitung zum Mord praktisch verschwunden ist, obwohl der Verdächtige das gestanden hat. Wenn diese Causa nicht parlamentarisch untersucht werde, sei das eine Einladung an potenzielle Attentäter solcher Regime, weil sie "im schlimmsten Fall, wenn sie es nicht schaffen, abgeschoben werden", poltert Pilz.
Schieder erfuhr im Spätherbst von Pilz, dass auch sein Name in der Causa gefallen ist. Wie der STANDARD bereits erfuhr, meldete sich bei Schieder etwa tagelang niemand vom Verfassungsschutz. Da er Europaabgeordneter in Brüssel ist, fühlte sich von der österreichischen Behörde niemand so recht für ihn zuständig, obwohl er grundsätzlich in Wien lebt. Für sich persönlich hatte Schieder den Fall eigentlich schon abgehakt, auch weil dieser für Aslan als direkt Genannte viel dramatischer sei. Seit der Abschiebung des mutmaßlichen Ex-Agenten stellt sich der Sozialdemokrat allerdings die Frage, ob das alles mutmaßlich, fahrlässig oder gar absichtlich passiert.“
Während der angebliche Agent des MIT im Dezember 2020 abgeschoben wurde, wird gegen weitere Hintermänner ermittelt[2].
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Gegen wie viele Personen wurden in dieser Causa Ermittlungen aufgenommen? (Bitte aufgeschlüsselt nach strafrechtlich relevanten Verdacht und Nennung von Alter, Geschlecht und Staatsbürgerschaft)
a) Zu welchen Erkenntnissen gelangten die Ermittlungsverfahren (bisher)?
2. Wurden gegen den mutmaßlichen türkischen Spion auch im Zusammenhang mit dem geplanten Mord / Attentat an Berivan Aslan ermittelt?
a) Wenn ja, zu welchen Erkenntnissen gelangte das Ermittlungsverfahren (bisher)?
b) Wenn nein, warum nicht?
3. Wann genau wurde der mutmaßliche türkische Spion in U-Haft genommen?
a) Welche Gründe langen diesbezüglich zu diesem Zeitpunkt vor?
4. Wann genau wurde der mutmaßliche türkische Spion aus der U-Haft entlassen?
a) Welche Gründe langen diesbezüglich zu diesem Zeitpunkt vor?
5. Wann hat die Staatsanwaltschaft die Abhaltung einer Hauptverhandlung iZm mit dem mutmaßlichen türkischen Spion beantragt?
6. Gegen wie viele Personen wurden in dieser Causa ein Prozess anberaumt? (Bitte aufgeschlüsselt nach mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlungen und Nennung von Alter, Geschlecht und Staatsbürgerschaft)
7. Wann fiel die Entscheidung, dass der Prozess gegen den mutmaßlichen türkischen Spion am 4. Februar 2021 anberaumt wird?
8. Wird die für 4. Februar 2021 anberaumte und mittlerweile abberaumte Verhandlung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden?
a) Wenn ja, wann?
b) Wenn nein, warum nicht?
9. Wann wurde die Justiz von der Abschiebung des mutmaßlichen türkischen Spions informiert?
10. Was wurde von Seiten der Justiz unternommen, als sie von der Abschiebung Kenntnis erlangt hat?
[1] Der Standard, Warum die Grünen zur Agentencausa um Berîvan Aslan schweigen, https://www.derstandard.at/story/2000123635698/warum-die-gruenen-zur-agenten-causa-um-berivan-aslan-schweigen, aufgerufen am 02.02.2021
[2] Der Standard, Fünf weitere Beschuldigte in Causa rund um mutmaßlichen türkischen Ex-Agenten, https://www.derstandard.at/story/2000123406800/um-mutmasslichen-tuerkischen-ex-agenten-reihen-sich-fuenf-weitere-beschuldigte, aufgerufen am 02.02.2021