5323/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.02.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

betreffend Behördenschikane durch die Austrocontrol?

 

Leopold R. war seit dem 27.05.1986 Inhaber einer Fluglizenz und baute als Geschäftsführer mit der „Aerial Helicopter - Leopold R.“ bis in das Jahr 2008 ein großes privates Unternehmen auf dem Gebiet des Helikopterfluges in Österreich auf.

Nachdem der „Aerial Helicopter – Leopold R.“ am 25.07.2007 die CAME-Urkunde (Betriebserlaubnis) von der Austrocontrol Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH (ACG) problemlos ausgestellt / wiedererteilt worden war, entzog die ACG der „Aerial Helicopter – Leopold R“ am 13.03.2008 durch Bescheid zu GZ. AOT 501-1/10-08 und AOT 781/317/173-08 unerwartet dieselbe.

75 Piloten verloren ihren Erwerb – 16 Helikopter mussten umgehend stillgelegt werden.

Im Mai 2009 wurde dem Piloten Leopold R. darüber hinaus die Fluglizenz entzogen / nicht wiedererteilt, dies mit der Begründung, er verfüge gemäß § 32 Luftfahrtgesetz (LFG) nicht mehr über die für das zum Fliegen eines Helikopters erforderliche „Zuverlässigkeit“, sodass seine Flugschule seitdem ruhendgestellt ist.

Da Leopold R. seit 13 Jahren – defacto – mit Berufsverbot durch die ACG belegt ist, wurde über sein Vermögen die Insolvenz eröffnet.

Die Berufung des Leopold R. an das Bundesministerium als sachlich für die ACG zuständige Oberbehörde in Bezug auf die CAME-Urkunde (Betriebserlaubnis) war erfolglos.

Die Berufungsverhandlung vor den Unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich (UVS) in Bezug auf fünf durch Leopold R. angeblich durchgeführte, luftfahrtrechtlich unbewilligte Helikopterstarts und Landungen (die zum Unzuverlässigkeitsvorwurf im Sinne des § 32 LFG und zum Verlust der Fluglizenz führten) erbrachte, dass in mindestens vier Fällen die Behauptung, Leopold R. habe unbewilligte Flüge vorgenommen, von der ACG schlicht nur „konstruiert“ worden waren, weil sich Leopold R. an diesen Tagen nicht einmal in der Nähe von Helikoptern aufgehalten hat.

Mit Erkenntnissen erklärte der VwGH beide Verfahren - sowohl das Verfahren um den Entzug der CAME-Urkunde (Erk VwGH zu AZ. 2011/03/0085), als auch das Verfahren um den Entzug / Nichterteilung der Fluglizenz - (Erk VwGH zu AZ. 2010/03/036) aufgrund schwerster formeller Mängel für nichtig und hob sämtliche Bescheide vollumfänglich auf.

Unter Bezugnahme auf des „erste Erkenntnis“ stellt das „zweite Erkenntnis“ unmissverständlich klar, dass

·         der Vorwurf, Leopold R. sei „unzuverlässig“ im Sinne des § 32 LFG, von niemandem mehr erhoben werden dürfe;

·         darüber hinaus sei Leopold R. in Bezug auf die CAME-Urkunde und Fluglizenz wieder in das Jahr 2008 zurückzuversetzen, so, als ob es die Untersagungs- und Nichterteilungsbescheide der ACG niemals gegeben hätte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie ist der aktuelle Stand in den beiden genannten Verfahren CAME-Urkunde und Fluglizenz?

2.    Ist die ACG dem Auftrag des VwGH vom 24.04.2013 zu AZ. 2011/03/0085 zwischenzeitlich nachgekommen und hat Leopold R. die CAME-Urkunde wieder ausgestellt, sodass er sein Flugunternehmen weiterführen kann?

a.    Wenn nein, mit welcher Begründung / warum kam bzw. kommt die ACG bis zum heutigen Tag dem höchstrichterlichen Erkenntnis nicht nach?

b.    Wenn nein, ist das Verhalten / die rechtliche Begründung der ACG, Leopold R. die CAME-Urkunde, trotz eines höchstrichterlichen Erkenntnisses immer noch nicht zu erteilen, mit geltendem in Österreich vereinbar?

c.    Wenn ja. aufgrund welcher Rechtsgrundlage und mit welcher Begründung ist das Verhalten der ACG, trotz des zuvor genannten Erkenntnisses des VwGH, erlaubt, Leopold R. die CAME-Urkunde weiter vorzuenthalten?

3.    Wäre eine mögliche Begründung der ACG, sie könne die Ausstellung der CAME-Urkunde weiterhin mit der Begründung verweigern, „Leopold R. sei vom VwGH in seinem Erkenntnis zu AZ. 2011/03/0085 nur aus rein formellen Gründen vollinhaltlich Recht gegeben worden“ rechtlich zulässig und mit der Rechtsordnung der Republik Österreich vereinbar? Wie lautet die Rechtsgrundlage bzw. Judikatur hierzu?

4.    Ist die ACG dem Auftrag des VwGH vom 27.02.2013 zu AZ. 2010/03/036 zwischenzeitlich nachgekommen und hat Leopold R. wieder in den Zustand des Jahres 2008 zurückversetzt und ihm die Fluglizenz wieder ausgestellt, sodass er wieder uneingeschränkt fliegen und seinen bis 2008 ausgeübten Beruf vollumfänglich nachgehen kann?

a.    Wenn nein, mit welcher Begründung / warum kam bzw. kommt die ACG dem höchstrichterlichen Erkenntnis bis zum heutigen Tag nicht nach?

b.    Wenn nein, ist das Verhalten / die rechtliche Begründung der ACG, Leopold R. die Fluglizenz, trotz eines höchstrichterlichen Erkenntnisses immer noch nicht zu erteilen, aus Sicht des BMK mit geltendem Recht in Österreich vereinbar?

c.    Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage und mit welcher Begründung ist es der ACG, trotz des zuvor genannten Erkenntnisses des VwGH, erlaubt, Leopold R. die Fluglizenz weiter vorzuenthalten?

5.    Wäre eine mögliche Begründung der ACG, sie könne Leopold R. die Erteilung seiner innerstaatlichen Fluglizenz verweigern, „weil er seit dem Jahr 2013 Inhaber einer EASA-Fluglizenz sei und die Innehabung zweier Fluglizenzen aufgrund europäischen Rechts verboten“ - vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des VwGH zu AZ. 2010/03/036 (zweite Erkenntnis), dass unmissverständlich klarstellt, dass Leopold R. in den Zustand bei Aberkennung des Fluglizenz in das Jahr 2008 von der ACG zurückzuversetzen sei und er zu diesem Zeitpunkt noch keine EASA-Fluglizenz besaß, sodass sich die Problematik einer Doppellizenz seit dem Jahr 2013 gar nicht stellt - rechtlich zulässig und mit der Rechtsordnung der  Republik Österreich vereinbar, zumal Leopold R. bereits mehrfach der ACG anbot, nach dem Erhalt der innerstaatlichen Fluglizenz die EASA-Fluglizenz unverzüglich zurückzugeben?

6.    Seit wann ist es dem BMK (vormals BMVIT) bekannt, dass die ACG die Erkenntnisse des VwGH zu AZ. 2010/03/036 sowie AZ. 2011/03/0085 womöglich nicht umgesetzt hat, sämtliche Anträge und Eingaben des Leopold R. bei der Flugbehörde ignoriert und er deshalb gezwungen war am 17.12.2019 zu GZ. 31 Cg 27/19x eine Amtshaftungsklage bei dem hierfür zuständigen Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gegen die Republik Österreich eingebracht hat, mit der er einem Schadenersatz in Höhe von Euro 33.379.350,78 begehrt?

7.    Seit wann bzw. war der ACG und dem BMK (vormals BMVIT) überhaupt bekannt, dass Leopold R. sich im Jahr 2008 im Nassfeld im Bereich der Flugrettung engagieren wollte, ebenso wie der in der ACG für die Aberkennung / Nichtwiedererteilung der zuvor benannten CAME-Urkunde und Fluglizenz zuständige Sachbearbeiter der ACG, Herman H., einem Gesellschafter zweier auf dem Gebiet der Flugrettung tätigen Firmen, der WWW Bedarfsluftfahrtsgesellschaft mbH (FN 179201g) sowie MJS Medical JET Service Dichtl & Partner GmbH (FN 256328d), die im Jahr 2009 in die Insolvenz verfielen?

a.    Sahen die ACG und das BMVIT (nunmehr BMK) im Jahr 2008 keinen möglichen Interessenskonflikt des zuständigen ACG-Mitarbeiters zwischen beruflicher Aufgabe und unternehmerischer Tätigkeit?

                                      i.Wenn ja, wie wurden einem möglichen Interessenskonflikt durch die ACG und das BMVIT (nunmehr BMK) konkret entgegengewirkt, sodass eine objektive Beurteilung von Anträgen an die ACG möglich blieb?

8.    Ist dem BMK bekannt, dass sich Leopold R. persönlich durch das Übersenden der Schriftsätze in dem Verfahren zu GZ. 31 Cg 27/19x des LGZRS am 10.10.2020 und 07.09.2020 an das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wandte und darauf niemals eine Antwort bekam?

a.    Wenn ja, wurde die juristischen Argumentation des Leopold R. in seiner Amtshaftungsklage zu GZ. 31 Cg 27/19x des LGZRS Wien im BMK (vormals BMVIT) auf seine Begründetheit hin intern einer näheren tatsächlichen und juristischen Überprüfung unterzogen?

                                      i.Warum wurde dies vor dem Hintergrund eines drohenden Schadens für die Republik in Höhe von Euro 33.379.350,78 nicht getan?

b.    Wenn ja, gibt es Zweifel an dem tatsächlichen Wahrheitsgehalt / der Nachweisbarkeit der juristischen Argumentation des Leopold R.?

c.    Wenn ja, zu welchem juristischen Ergebnis gelangte das Ministerium nach Überprüfung des gesamten Vorbringens des Leopold R. in dem Verfahren zu GZ. 31 Cg 27/19x des LGZRS Wien?

9.    Sieht das BMK eine Möglichkeit, den Streit mit Leopold R. dahingehend außergerichtlich zu erledigen und den Rechtsfrieden wiederherzustellen, in dem es die ACG anweist, den Erkenntnissen des VwGH Folge zu leisten und Leopold R. die CAME-Urkunde sowie die Fluglizenz wieder zu erteilen, mit der Folge, dass ein eine Schadenersatzklage in Höhe von Euro 33.379.350,78 möglicherweise obsolet wird?

a.    Hat das BMK (vormals BMVIT) nach dem 24.04.2013 („zweites Erkenntnis“) derartige Schritte unternommen, um sich mit Leopold R. außergerichtlich zu einigen, sodass den Erkenntnissen des VwGH entsprochen wird?

                                      i.Wenn nein, warum haben die ACG / das BMVIT bisher nicht derartige Schritt übernommen?

10. Seit wann ist dem BMK bekannt, dass die Volksanwaltschaft aufgrund des Umstandes, dass die ACG möglicherweise ihren sich aus den VwGHE zu AZ. 2011/03/0085 und AZ. 2010/03/036 ergebenden Pflichten nicht nachkommt, ein Verfahren zu GZ. 2020-0.845.309 (VA/BD-VIN/A-1) eröffnet und sowohl das BMK als auch die ACG zu einer Stellungnahme aufgefordert hat?

11. Wie lautet die Stellungnahme / wie rechtfertigen das BMK und die ACG im Verfahren der Volksanwaltschaft zu GZ. 2020-0.845.309 (VA/BD-VIN/A-1) ihr Vorgehen in der Causa „Leopold R.“?

12. Besteht zwischen dem Umstand, dass im Jänner 2021 die Finanzprokuratur im Auftrag des Rechnungshofes an das BMK eine Liste mit notwendigen Rückstellungen versandt hat, in der das Verfahren des Leopold R. zu GZ. 31 Cg 27/19x mit einem Betrag in Höhe von Euro 33.379.350,78 aufgeführt ist und der Eröffnung des Verfahrens der Volksanwaltschaft zu GZ. 2020-0.845.309 (VA/BD-VIN/A-1) ein kausaler Zusammenhang?