5341/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.02.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend faire qualitätsvolle Rechtsberatung für LGBTIQ-Asylsuchende
Mit 01.12.2020 hat die neue Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU) die Betreuung Asylsuchender in den Einrichtungen des Bundes übernommen. Sie löste damit die private Schweizer Firma ORS ab.
Seit 01.01.2021 obliegt auch die Rechtsberatung in Asylverfahren der Bundesbetreuungsagentur. NGOs hatten wiederholt Kritik daran geübt. Diese Entwicklung sei problematisch zu sehen, weil dies eine Verstaatlichung der Rechtsberatung im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren bedeute und die Unabhängigkeit der Rechtsberatung im Asylverfahren dadurch infrage gestellt sei.
Zum Leistungsumfang der BBU zählen laut gemeinsamer OTS-Aussendung von Innenminister Nehammer und Justizministerin Zadić vom 30.12.2020:
· Durchführung der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, soweit diese dem Bund obliegt,
· Rechtsberatung gemäß §§ 49 bis 52 BFA-Verfahrensgesetz,
· Durchführung der Rückkehrberatung (§ 52a BFA-VG),
· Zurverfügungstellung von Menschenrechtsbeobachter_innen sowie die
· Zurverfügungstellung von Dolmetscher_innen und Übersetzer_innen im Rahmen von Asylverfahren
Die Unabhängigkeit der Asylrechtsberatung in der BBU werde dabei laut Justizministerin Zadić in erster Linie durch die Weisungsfreiheit der Rechtsberatung abgesichert, zusätzlich gebe es einen Qualitätsbeirat bestehend aus renommierten Expert_innen der Zivilgesellschaft und Praxis.
Faktoren wie Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung oder erlebte Gewalt können die Möglichkeit Asylsuchender, gleichberechtigt am Asylverfahren teilzunehmen, einschränken. Manche Asylsuchenden sind deshalb auf besondere Garantien und besondere Unterstützung während des Asylverfahrens angewiesen, damit sie ihre Rechte wahrnehmen und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen in gleicher Weise erfüllen können wie Asylsuchende ohne besondere Bedürfnisse. Das betrifft nicht zuletzt in hohem Ausmaß die Gruppe LGBTIQ-Asylsuchender.
Die Situation von LGBTIQ-Geflüchteten im österreichischen Asylwesen weist hinsichtlich der Sicherstellung von fairen und qualitätsvollen Asylverfahren trotz Entschließungsantrag der Regierungsparteien (741/A(E)) aus dem Sommer 2020, in dem die Abgeordneten der im Nationalrat vertretenen Regierungsfraktionen die Regierung aufgefordert hatten, regelmäßige Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zu gewährleisten, zielgruppengerechte Herkunftsländerdokumentation und ausreichend Dolmetscher_innen zur Verfügung zu stellen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen in den Prozess einzubinden, nach wie vor grobe Missstände auf, denen es entgegenzuwirken gilt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie wird die tatsächliche Unabhängigkeit der Rechtsberatung in Asylverfahren gewährleistet und überprüft?
2. Aus welchen Expert_innen aus Zivilgesellschaft und Praxis setzt sich der Qualitätsbeirat zusammen?
3. Welche Aufgaben und Zuständigkeiten hat der Qualitätsbeirat konkret?
4. In welcher Form werden die besonderen Bedürfnisse von LGBTIQ-Asylsuchenden hinsichtlich Befragung und Rechtsberatung durch die BBU berücksichtigt?
5. LGBTIQ-Flüchtlinge haben in der Regel einen erhöhten Betreuungs-und Sensibilisierungsbedarf, sind zu einem hohen Prozentsatz traumatisiert durch sexuelle Gewalt, Folter etc. In welcher Form und welchem Ausmaß trägt die BBU diesen besonderen Umständen Rechnung?
6. In welcher Form und mit welchen Maßnahmen wird sichergestellt, dass LGBTIQ-Asylsuchende nicht einer homophoben oder transphoben Umgebung oder solchen Anfeindungen ausgesetzt sind?
7. Welche Sensibilisierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen hinsichtlich respektvollen und professionellen Umgangs mit Angehörigen vulnerabler Gruppen, im speziellen LGBTIQ-Personen, werden in der BBU konkret angedacht und/oder sind bereits in Durchführung?
a. Von wem werden die Maßnahmen jeweils durchgeführt?
8. In welcher Frequenz und welchem Umfang sind Sensibilisierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen angedacht und sind sie für die Mitarbeiter_innen der BBU verpflichtend?
a. Wenn ja, für welche Mitarbeiter_innen?
b. Wenn nein, warum nicht?
9. Wie viele geeignete Dolmetscher_innen stehen in der BBU speziell für die Gruppe der LGBTIQ-Asylsuchenden konkret in welchem zeitlichen Ausmaß in welchen Sprachen zur Verfügung?
10. In welcher Form findet die Einbindung zivilgesellschaftlicher LGBTIQ-Organisationen zusätzlich zum Beirat bereits statt resp. ist geplant, sie einzubinden?