5349/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.02.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Psychische Gesundheit von Kindern in der Krise
Die Corona-Krise hat durch Lockdowns und Schulschließungen massive Auswirkungen auf die Lebensrealität von Kindern. Vielen fehlen die sozialen Anknüpfungspunkte und das Verständnis für die Maßnahmen ist aufgrund des Alters oft auch wesentlich geringer. Das führt zu massiven Auswirkungen, wie schon im Herbst Studien gezeigt haben (1). Besonders bei jungen Erwachsenen zeigt sich in Studien ein Anstieg der Belastung, mittlerweile sind 50 Prozent der Menschen zwischen 18 und 24 Jahren von depressiven Verstimmungen, Angstsymptomen und Schlafstörungen betroffen (2). Mittlerweile wachsen sich die psychologischen Folgen zu psychiatrischen Problemen aus, Krankenhäuser in Wien und Graz berichten von Engpässen in der Versorgung und steigenden Zahlen von Essstörungen und Depressionen (3, 4).
Die Situation stellt aber kein neues Problem dar. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist seit Jahren ein Mangelfach, die Suche nach einem Kassenplatz ist oft vergeblich. So gibt es in den meisten Bezirken Österreichs nicht einmal einen Kassenarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Quelle: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_03673/index.shtml
Durch die mangelnde Behandlung verschärft sich die Situation für viele Patienten, da die verspätete Behandlung zu vermeidbaren stationären Aufenthalten führt. Doch auch die Krankenhäuser sind nicht ausreichend ausgerüstet, in fast allen Bundesländern wird die im Strukturplan Gesundheit vorgeschriebene Anzahl an stationären Betten nicht erreicht (5). Einige Bundesländer hatten in den vergangenen Jahren einen Ausbau der Versorgung angekündigt, durch die zusätzlichen Kosten im Gesundheitsbereich, die Covid-19 ausgelöst hat, wurde beispielsweise der Ausbau der Versorgung in Kärnten verschoben (6). Die Situation wird weiter erschwert, weil die Kinder- und Jugendpsychiatrie dank des Ausbildungsschlüssels für Fachärzte ohnehin ein Mangelfach ist und nicht genügend nachkommende Ärzte ausgebildet werden.

Quelle: https://oegkjp.at/2018-ist-stand-der-versorgung/
Zusätzlich differenziert das Gesundheitswesen sehr stark zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie, psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung. Durch eine bessere Integration der verschiedenen Therapiemöglichkeiten könnten bestimmte Krankheitsbilder behandelt werden, bevor sie eine psychiatrische Behandlung benötigen. Das Gesundheitsministerium hat bereits 2017 begonnen, einen Schwerpunkt auf eine integrierte psychosoziale Versorgung zu legen, allerdings ist wenig über die Umsetzung der Projekte bekannt (7).
Bekannt ist lediglich, dass es in Österreich 1074 Psychotherapeuten zur Behandlung von Kindern gibt, allerdings ist nicht bekannt, wie viele Therapien von der Krankenkasse abgegolten werden. Im Vergleich dazu sieht die psychologische Versorgung eher schlecht aus, da hier auch keine Behandlungsmöglichkeiten durch die Gesundheitskasse vorgesehen sind. Die Verteilung zwischen den Bundesländern ist wiederum sehr unterschiedlich, beispielsweise gibt es in Vorarlberg keinen einzigen Psychologen mit Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche. Es gibt zwar auch die Möglichkeit, dass Psychologen anderer Spezialisierungen wie der klinischen Psychologie einen Fokus in diesem Bereich haben, ohne eine Kassenregelung kann diese aber nicht als versorgungswirksam gewertet werden.
|
Bundesland |
Psychologen für Kinder-, Jugend und Familienpsychologie |
Kinder und Jugendliche <19 |
Psychologen/ 10.000 Kinder |
|
Österreichweit |
402 |
1.720.915 |
2,34 |
|
Burgenland |
6 |
52.317 |
1,15 |
|
Kärnten |
18 |
101.595 |
1,77 |
|
Niederösterreich |
66 |
328.556 |
2,01 |
|
Oberösterreich |
53 |
301.793 |
1,76 |
|
Salzburg |
10 |
110.108 |
0,91 |
|
Steiermark |
143 |
224.909 |
6,36 |
|
Tirol |
14 |
147.692 |
0,95 |
|
Vorarlberg |
0 |
85.015 |
0,00 |
|
Wien |
99 |
368.930 |
2,68 |
Aufgrund der Dringlichkeit der Situation hat BM Rudolf Anschober im Bundesrat am 28. Jänner die Einberufung eines eigenen Beraterstabes angekündigt, dieser soll mit erarbeiten, wie die psychischen Folgen der Coronakrise behandelt werden können.
Quellen:
(1) https://www.deutschlandfunk.de/studie-zur-auswirkungen-der-pandemie-wenn-corona.862.de.html?dram:article_id=485087
(2) https://www.donau-uni.ac.at/de/aktuelles/news/2021/psychische-gesundheit-verschlechtert-sich-weiter0.html
(3) https://www.kleinezeitung.at/lebensart/gesundheit/5928755/CoronaFolgen-fuer-die-Psyche_Extremer-Anstieg-von-Essstoerungen
(4) https://www.kleinezeitung.at/international/corona/5928381/Kein-Platz-mehr_KinderPsychiatrie-in-Wien-schlaegt-Alarm
(5) https://www.addendum.org/kinderpsychiatrie/therapieplaetze/
(6) https://kaernten.orf.at/stories/3052322/
(7) https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:09fb2747-fb26-4d81-a831-3b752f03947e/integrierte_psychosoziale_versorgung_von_kindern_und_jugendlichen_-_abschlussbericht%202016.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele kassenfachärztliche Stellen sind gemäß ÖSG für die Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesehen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Kasse, Bezirken und Bundeländern)
2. Wie viele kassenfachärztliche Stellen sind gemäß Stelleplanung für die Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesehen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Kasse, Bezirken und Bundeländern)
3. Wie viele kassenfachärztlichen Stellen sind der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind derzeit besetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Kasse, Bezirken und Bundesländern)
4. Für wie viele Kinder und Jugendliche haben die Krankenkassen im Jahr 2020 die Aufwände für die psychiatrische Behandlung übernommen? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle)
a. Für wie viele Sitzungen? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle)
i.Wie viele Sitzungen bei Vertragsärzten durchgeführt? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle)
ii.Wie viele Sitzungen bei Wahlärzten durchgeführt? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle)
b. Wie viele dieser Patienten hatten mehr als zehn Sitzungen im vergangenen Jahr?
c. Für wie viele Sitzungen wurde um Kostenerstattung je Krankenkasse angesucht?
i.Wie hoch war der Rechnungsbetrag?
ii.Wie viel wurde dabei erstattet?
5. Welche Schritte setzen Sie, um einen Ausbau der niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater mit Kassenvertrag voranzutreiben?
6. Wie viele Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind derzeit im niedergelassenen Bereich aktiv? (Bitte um Aufschlüsselung nach Vertrags-/Wahlärzten, Bezirken und Bundesländern)
7. Wie viele Krankenhausbetten sind laut Strukturplan Gesundheit für die Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesehen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Versorgungsregionen und Bundesländern)
8. Wie viele Krankenhausbetten gibt es für die Kinder- und Jugendpsychiatrie? (Bitte um Aufschlüsselung nach Versorgungsregionen und Bundesländern)
a. Wie viele Patienten wurden jeweils behandelt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bezirken für die vergangenen drei Jahre)
9. Wie viele kinder- und jugendpsychiatrische Rehabilitationseinrichtungen sind laut Strukturplan Gesundheit für die Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesehen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Versorgungsregionen und Bundesländern)
10. Wie viele kinder- und jugendpsychiatrische Rehabilitationseinrichtungen gibt es derzeit? (Bitte um Aufschlüsselung nach Versorgungsregionen und Bundesländern)
a. Wie viele Patienten wurden jeweils behandelt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bezirken für die vergangenen drei Jahre)
11. Welche Mittel will das Ministerium ergreifen, um den seit Jahren angekündigten Ausbau im niedergelassenen und stationären Bereich zu forcieren?
a. Welche Rolle spielt dafür die Mehrbelastung und der höhere Bedarf durch die Coronakrise?
b. Welche spezifischen Maßnahmen sind geplant für Problemfelder, die durch die Coronakrise verstärkt werden (bspw. Essstörungen, Angststörungen, Suchtprävention)?
1. Wie viele Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche gibt es in Österreich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Vertrags-/Wahlpsychotherapeuten, Kassen, Bezirken und Bundesländern)
2. Für wie viele Kinder und Jugendliche haben die Krankenkassen die Aufwände für die psychotherapeutische Behandlung übernommen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Kasse/ÖGK-Landesstelle, Bezirken und Monaten für die vergangenen drei Jahre)
d. Für wie viele Sitzungen? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle und Monaten)
iii.Wie viele Sitzungen bei Vertragsärzten durchgeführt? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle und Monaten)
iv.Wie viele Sitzungen bei Wahlärzten durchgeführt? (nach Kasse/ÖGK-Landesstelle und Monaten)
e. Wie viele dieser Patienten hatten mehr als zehn Sitzungen in den vergangenen drei Jahren?
f. Für wie viele Sitzungen wurde um Kostenerstattung je Krankenkasse angesucht?
iii.Wie hoch war der Rechnungsbetrag?
iv.Wie viel wurde dabei erstattet?
3. Welche Pläne gibt es, die psychotherapeutische Versorgung für Kinder und Jugendliche auszubauen?
4. Welche Maßnahmen können hier auf Bundesebene getroffen werden?
5. Welche Maßnahmen sind seitens der Krankenkassen vorgesehen?
6. Welche Maßnahmen werden auf Landesebene durch das Ministerium koordiniert?
1. Wie viele Psychologen für Kinder und Jugendliche gibt es in Österreich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Vertrags-/Wahlpsychologen, Kassen, Bezirken und Bundesländern)
2. Wie viele Kinder und Jugendliche sind in psychologischer Behandlung? (je Kasse/ÖGK-Landesstelle)
3. In welchem Zeitraum soll eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung sichergestellt werden?
a. Kann der Zeitraum bis Mai eingehalten werden?
4. Sollen durch diese Maßnahmen auch Vertragsstellen geschaffen werden oder handelt es sich um eine reine Kostenübernahme?
5. Welche Pläne gibt es, die psychologische Versorgung für Kinder und Jugendliche auszubauen?
6. Welche Maßnahmen können hier auf Bundesebene getroffen werden?
7. Welche Maßnahmen sind seitens der Krankenkassen vorgesehen?
8. Welche Maßnahmen werden auf Landesebene durch das Ministerium koordiniert?
1. Welche Maßnahmen sind in Planung, um psychologische, psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung besser ineinander zu integrieren?
2. Welche Maßnahmen können hier auf Bundesebene getroffen werden?
3. Welche Maßnahmen sind seitens der Krankenkassen vorgesehen?
4. Welche Maßnahmen werden auf Landesebene durch das Ministerium koordiniert?