5417/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.02.2021
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ANFRAGE

 

der Abg. Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Michael Schnedlitz, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit

betreffend rechtliche Qualität inländischer Reisewarnungen

 

Die von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Die Grünen) am 08. Februar 2020 ausgesprochene „inländische“ Reiswarnungen für das Bundesland Tirol rufen zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen hervor:

 

„Arbeitsrechtler rät von Tirol-Reisen ab

Die von der Bundesregierung ausgesprochene Reisewarnung für Tirol ist laut Juristen zwar nicht verbindlich. Allerdings könnten Reisen in das Bundesland arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen, sagte Arbeitsrechtler Franz Marhold am Dienstag gegenüber ORF.at. „Ich rate derzeit davon ab, nach Tirol zu fahren.“

Die Reisewarnung für Tirol ist Rechtsexperten zufolge eine Mahnung bzw. Empfehlung der Regierung. Für den auf Medizinrecht spezialisierten Juristen, Karl Stöger, ist der Schritt überhaupt ein „Akt politischer Verzweiflung“. Peter Bußjäger vom Institut für öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre in Innsbruck stellte ebenfalls die Rechtsverbindlichkeit einer Reisewarnung für ein Bundesland infrage.

Arbeitsrechtsexperte Marhold stimmte seinen Kollegen im Gespräch mit ORF.at zu. „Ich kann nicht aufgehalten oder bestraft werden“, so der Vorstand des Instituts für Arbeitsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Allerdings könnte auch eine Empfehlung bzw. Mahnung der Regierung arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen – insbesondere bei der Frage nach der Entgeltfortzahlung bei einer Covid-19-Erkrankung. „Die innerösterreichische Reisewarnung kann als Maßstab bei der Bewertung der Fahrlässigkeit eine Rolle spielen.“

„Nicht notwendige Reisen“ vermeiden

„Wenn eine Person trotz Warnung der Bundesregierung nach Tirol reist, um dort etwa Ski zu fahren, und anschließend an Covid-19 erkrankt und deshalb der Arbeit fernbleibt, könnte der Arbeitgeber unter Umständen die Entgeltfortzahlung verweigern“, so der Arbeitsrechtler. Ob es sich dabei um eine „grob fahrlässig herbeigeführte Arbeitsunfähigkeit“ handelt, müsste dann wohl das Arbeits- und Sozialgericht klären.

Marhold sagte, dass „nicht notwendige Reisen“ nach Tirol zu vermeiden sind. Damit gemeint sind etwa Tagesausflüge. Wenn zum Beispiel ein Bauleiter bzw. eine Bauleiterin in das Bundesland fahren muss, um eine Baustelle zu besichtigen, sei es beruflicher Natur und vom Interesse des Arbeitgebers gedeckt. In diesem Fall dürfte es keine Probleme geben, so der Universitätsprofessor.

Die Arbeiterkammer (AK) riet im Ö1-Morgenjournal dazu, die Reisewarnung ernst zu nehmen. Falls Reisen nach Tirol außerhalb des Berufs notwendig sind (z. B. um ältere Familienangehörige zu pflegen), sollte man das mit dem Arbeitgeber zuerst absprechen. (https://orf.at/stories/3200739/)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Welche konkreten arbeitsrechtlichen Konsequenzen hat eine „inländische“ Reisewarnung für Arbeitnehmer generell?

2.    Auf welche verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Grundlage stützten sich diese konkreten arbeitsrechtlichen Konsequenzen in Folge einer „inländischen“ Reisewarnung für Arbeitnehmer?

3.    Wie ist die Frage einer Entgeltfortzahlung bei einer Covid-19-Erkrankung oder einer Qualifikation als K1 bzw. K2-Kontaktperson arbeitsrechtlich in Folge einer „inländischen“ Reisewarnung für Arbeitnehmer zu sehen?

4.    Qualifizieren Sie als Arbeitsminister die Negierung einer solchen „inländischen“ Reisewarnung bei einer erfolgten Covid-19-Erkrankung oder einer Qualifikation als K1 bzw. K2-Kontaktperson als „grob fahrlässig herbeigeführte Arbeitsunfähigkeit“?

5.    Wenn ja, auf welcher konkreten rechtlichen Grundlage?