5487/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.02.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Wo sind die Hotspots einer COVID-19 Infektion? Dem Contact Tracing auf der Spur.

Die momentanen Teststrategien in Bezug auf COVID-19 Infektionen werfen viele Fragen auf. Viele Infektionen hätten mit einem koordinierten Zusammenspiel unterschiedlicher Maßnahmen verhindert werden können. Infektionsketten und Cluster wären bei rechtzeitigem Eingriff nie weiter gewachsen und eine schwer wieder einzufangende Community Transmission wäre verhindert worden.

Vor der Durchführung der Massentest wurden von diversen regionalen Entscheidungsträger*innen Zweifel angemeldet, ob eine Kontaktnachverfolgung bei allen positiven Ergebnissen durchführbar sein wird. Durch zielgerichtetes, sehr rasches und effizientes Contact Tracing wären viele der beim Massentest positiv getesteten Personen bereits in Absonderung gewesen.

Bei Firmenclustern wird bisher nicht systematisch isoliert bzw. Betriebe durchgetestet. Hier wird viel Potential liegen gelassen. Die Clusteranalyse der AGES erhebt außerdem lediglich den Punkt „Arbeit". Eine Aufteilung in diverse Arbeitsplatzsettings würde wichtige Einsichten in die Arbeitsplatzsicherheit diverser Branchen bringen. (Siehe den ECDC Report COVID-19 clusters and outbreaks in occupational settings in the EU/EEA and the UK[1])

Die Clusteranalysen der AGES zeigen, dass durchschnittlich 60% der Ansteckungsfälle im Haushalt passieren. „Wie das Virus in die Haushalte kommt, wissen wir nicht", sagt AGES-Chefepidemiologin Daniela Schmid gegenüber ORF.at. „Jeder Haushaltscluster hat einen Quellenfall, dessen Quelle wiederum ungeklärt ist."[2] Das heißt, wenn durchschnittlich 40 Prozent der Fälle ungeklärt sind und von den durchschnittlich 60 Prozent der geklärten Fälle wiederum 60 Prozent ungeklärt, da Infektionen im Haushalt sind. Ist hier noch sinnvoll von Contact Tracing zu sprechen?

Contact Tracing wurde bisher noch kaum einer Evaluierung unterzogen - es wird je nach Bundesland stark unterschiedlich viel Geld dafür ausgegeben, es gibt aber kaum Daten darüber, was es bringt und was es leisten kann.

Ende 2020 häuften sich Medienberichte wonach die Verständigung über das Testergebnis, die Abfrage der Kontakte und die Information der Kontakte nicht oder nur unzureichend funktionierte. Infizierte mussten- soweit möglich - ihre Kontaktpersonen seibst zu informieren.

„Ein Online-Rechner der WHO geht von 13.000 notwendigen Personen (Anm.: im Contact Tracing) mindestens aus, also dreimal so viel, wie es derzeit sind, hieß es im Ö1-!lMorgenjournal"[3] Laut Recherchen des Moment Magazins gab es Anfang Dezember lediglich 850 Stellen.[4]

Bei extrem schneller Kontaktverfolgung können Infektionsketten proaktiv unterbrochen werden. Damit hätte man direkten Einfluss auf den Reproduktionsfaktor.

Die unzureichende und intransparente Information der Öffentlichkeit spiegelt die vorhandenen Probleme wider. Auf unterschiedlichen Plattformen (AGES, Gesundheitsministerium, Innenministerium) werden regelmäßig unterschiedliche Zahlen veröffentlicht und Daten, die zum Beispiel um 8 Uhr veröffentlicht werden sollten sind teilweise bis 11 Uhr noch nicht online gestellt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Wurden die durchgeführten Massentests in den Bundesländern einer detaillierten Evaluierung über die Wirksamkeit und Effizienz der flächenhaften Testungen unterzogen?

a.       Wenn ja, was haben diese ergeben?

b.       Wenn nein, warum nicht?

2.       Sind aus einzelnen Bundesländern solche Analysen bekannt?

a. Wenn ja, was lassen diese ablesen?

3.       Gibt es zum in den Bundesländern installierten Contact Tracing Untersuchungen zur Wirksamkeit in Bezug auf die epidemiologischen Parameter (Reduktion Fallzahlen, Kosteneffizienz)?

a. Wenn ja, was ergeben diese und welche Schlüsse werden daraus gezogen?

4.       Wurde die verwendete Software für das Contact Tracing evaluiert?

a.       Wenn ja, welche Verbessungsmaßnahmen wurden empfohlen?

b.       Wie wird die Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen finanziert?

c.       Wie wird die Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen kontrolliert?

d.       Wenn nein, warum nicht?

5.       Gibt es Untersuchungen, ob der letzte Lockdown zum Ausbau des Contact-Tracings genutzt wurde?

a.   Wenn ja, was sind die Ergebnisse?

b.  Wenn nein, warum nicht?

6.       Wird von Ihnen evaluiert und gegenübergestellt innerhalb wie vieler Stunden/Tage Infizierte und ihre Kontaktpersonen in den Bundesländern kontaktiert wurden?

a,       Wie viele Stunden/Tage vergehen zwischen positiven Testergebnis, Absonderungsbescheid, Befragung des/der Infizierten und Information der Kontaktperson?

b.       Wenn nein, warum nicht?

7.       Wird von Ihnen erhoben wieviel Personal in den Bundesländern für Contact Tracing verantwortlich ist (Vollzeitequivalente ausschließlich für diese Tätigkeit)?

a.        Wenn ja, erheben Sie, ob diese Ressourcen ausreichend sind, um alle neue Fälle pro Tag nachzuverfolge?

b.       Wenn ja, welche Unterstützung gibt es für Bundesländer die keine ausreichenden Ressourcen haben?

c.        Wenn nein, warum nicht?

8.       Daten aus GB deuten darauf hin, dass Behinderte, Marginalisierte und Menschen in finanziell prekären Situationen häufiger und schwerer durch eine Infektion betroffen sind. Erheben Sie welche Bevölkerungsgruppen in Österreich hauptsächlich von Infektion, schwerer Erkrankung mit und ohne Todesfolge betroffen ist?

a.        Wenn ja, was ist das Ergebnis der Erhebung?

b.       Wenn nein, warum nicht?

9.     Die für die Öffentlichkeit verfügbaren Daten auf den verschiedenen Portalen sind oft unterschiedlich und werden oft zu spät veröffentlicht. Wie begegnen Sie diesem Problem?

a.        Was spricht dagegen eine Einrichtung, die große Erfahrung hat großes Datenvolumen aus unterschiedlichen Quellen sinnvoll aufzuarbeiten, wie etwa die Statisik Austria, mit dieser Aufgabe zu betreuen?

b.   Wann wird es eine Klärung der Veröffentlichung von durchgeführten Test (getrennte Ausweisung PCR- und Antigen-Test) geben?

10.   Werden Sie den Punkt „Arbeit“ in der Clusteranalyse in diverse Arbeitspiatzsettings unterteilen?

 

a.       Wenn ja wann?

b.       Wenn nein, warum nicht?

11.    Wie stellen Sie sicher, dass es in Betrieben und Büros nicht zu weiteren Clusterbildungen kommt?

a.        Welche Maßnahmen und Verordnungen werden Sie dazu erlassen?

b.       Wenn nein, warum nicht?

12.    Es gibt zunehmend Indizien, dass bei Menschen mit vorangegangener Coronavirus Erkrankung mit der Zeit die Antikörper immer mehr werden, auch bei jenen, die schon im März 2020 erkrankt sind, steigen die Antikörper von Test zu Test an. Warum stellen diverse Regelungen betreffend Menschen, die schon eine Coronainfektion durchlitten haben, auf eine sechs Monate zurückliegende Erkrankung ab?

a.        Welche Untersuchungen bezüglich der Entwicklung der Anzahl von Antikörpern gibt es in Österreich und was zeigen diese?

b.       Auf welche ausländischen Studien betreffend Antikörperverlauf greifen Sie für Regelungen zurück, wenn es um durchgemachte Coronaerkrankungen geht und was zeigen diese Studien?



[1] COVID-19 clusters and outbreaks in occupational settings in the EU/EEA and the UK (Europa.eu)

[2] Coronavirus: Kleine Cluster als großes Problem – news.ORF.at

[3]  ̎Gezwungene Freiwilligkeit  ̎ bei Massentests? I DiePresse.com

[4] Contact-Tracing: Wie gut sind die Bundesländer auf Massentests und Lockerungen vorbereitet? I Moment.