5506/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.02.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits
und GenossInnen
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Unterschiedliche Regelungen im Zuge der Vormerkung/Anmeldung bei den Corona-Impfplattformen der Länder
„Die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, gibt es in ganz Österreich. Die Abläufe sind allerdings von Bundesland zu Bundesland verschieden und werden laufend weiterentwickelt. Wir aktualisieren die Informationen regelmäßig für Sie“ ist auf der Homepage von österreich-impft.at nachzulesen. Etwas realistischer ist da die Homepage des Gesundheitsministeriums: „Eine Vormerkung zur Corona-Schutzimpfung ist bereits jetzt in allen Bundesländern möglich. Hier werden Sie an die zuständige Stelle in Ihrem Bundesland weitergeleitet“.
Denn je nach Impfplan und Priorisierung müssen sich an der Corona-Impfung Interessierte noch einige Monate gedulden, ehe sie nach der Voranmeldung den Aufruf zur Terminvereinbarung erhalten.
Seit Anfang Feber sind in allen neun Bundesländern Vormerksysteme für Impfwillige online. Diese Vormerksysteme differieren zum Teil sehr stark: während zB in Wien von Beginn an eine differenzierte Anmeldung nach Berufs- und Personengruppen bzw. Risikogruppen möglich war, besteht in Niederösterreich nur eine ganz allgemeine Möglichkeit zur Vormerkung. Kürzlich waren 10.000 Termine für Personen über 80, die Notruf Niederösterreich auf seiner Website zur Anmeldung freigeschaltet hatte, innerhalb kürzester Zeit vergeben, viele SeniorInnen – vor allem jene ohne Computer bzw. Familienmitglieder, die die Anmeldung hätten online vornehmen können, gingen leer aus. Das schafft enormen Frust bei den Menschen. Die Knappheit an Impfstoffen kombiniert mit der Unterschiedlichkeit der Vormerk- und Anmeldesysteme zehren an den Nerven vieler Impfwilliger.
Zusätzlich kommen bei einigen der Corona-Impfung-Vormerksysteme der Länder datenschutzrechtlich problematische Systeme zum Einsatz: So verwenden die Anmeldeplattformen in Niederösterreich, Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg Google reCAPTCHA zum Schutz vor mißbräuchlichen automatischen Eingaben von Computern ("Bots"). Nun ist Google reCAPTCHA zwar kostenfrei – aber nicht gratis: denn „bezahlt“ wird bei dessen Nutzung mit Daten.
Der reCAPTCHA von Google ist aus Datenschutzsicht nicht unumstritten; für die Analyse des Verhaltens werden personenbezogene Daten wie ua. die IP-Adresse, die Referrer URL (die Adresse der Seite von der der Besucher kommt), Informationen über das Betriebssystem, Cookies, Mausbewegungen und Tastaturanschläge, die Verweildauer auf der Seite und auch Einstellungen des Nutzergeräts (z.B. Sprache, Standort, Browser etc.) ausgelesen und an Google weitergeleitet.
Der Wunsch der Betreiber der Anmelde- und Vormerksysteme für die Corona-Impfung nach dem Schutz ihrer Webseite vor Bots und Cyber-Angriffen über Captchas ist verständlich - allerdings gibt es dafür auch datenschutzfreundlichere Lösungen als Google reCAPTCHA. Der Werbekonzern Google nutzt nämlich erhaltene Daten für personalisierte Werbe-Anzeigen und hält sich auch sehr bedeckt, ob und wofür die erhobenen Daten verwendet werden.
„Dass die IP-Adresse an Google geht, sei ohnehin schon bedenklich“ so der Jurist und Datenschutzexperte Peter Harlander in der SN vom 6.2.2021, die als erstes Medium darüber berichtet hat. Da reCAPTCHA überdies Teil des Google Werbenetzwerks ist und dabei Daten zusammengeführt werden, wisse Google, dass sich die Person XY für die Impfung angemeldet habe. Diese Form der Datenweitergabe ist aber für Harlander „zweifelsfrei einwilligungspflichtig“. Es fehlt aber offensichtlich die datenschutzrechtlich erforderliche Freiwilligkeit im Sinne des DSGVO.
Wer nämlich dieser nicht zustimmt, dem wird die Impfung verweigert. Für Harlander ist daher die Verwendung von reCAPTCHA rechtswidrig und illegal. Die Bestimmungen der DSGVO werden nicht eingehalten.
Ganz abgesehen davon ist dazu auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Sache C-311/18 (Schrems II) vom 16. 07. 2020 zu verweisen, das eine Übermittlung personenbezogener Daten in die USA und damit an Google nicht zulässt. Die USA verfügen nämlich über kein angemessenes Datenschutzniveau.
Fraglich ist auch, ob die BenutzerInnen der Impf-Anmeldeplattformen die jeweilige Datenschutzerklärung lesen bzw. ob ihnen bewußt ist, wozu sie ihre Zustimmung erteilen sollen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehende
Anfrage:
1.
Welcher
Informationsstand liegt Ihrem Ressort zu den Corona-Impfung Anmelde/Vormerkplattformen
der einzelnen Bundesländer vor?
2.
Zwischen
den Corona-Impfung Anmelde/Vormerkplattformen der einzelnen Bundesländer gibt
es teils erhebliche Unterschiede. So ist es auf der Wiener Plattform seit
Beginn an möglich, sich nach Berufsgruppe oder Risikogruppe einzutragen,
sich für den Fall zu registrieren, dass kurzfristig Impfungen frei werden
und im Onlineprofil Daten einzusehen und zu ändern. Diese
Möglichkeiten fehlen beispielsweise auf dem niederösterreichischen
Portal völlig. Diese und zahlreiche weitere Unterschiede auf den diversen Plattformen
führen zu Frust und Verunsicherung bei den Impfwilligen. Ist es aus Sicht
Ihres Ressorts wünschenswert, dass die Anmelde/Vormerkplattformen der
Länder für die Corona-Impfung so stark differieren?
3.
Gab
es im Vorfeld keine abstimmenden Gespräche zwischen Ihrem Ressort und den
Ländern, um eine halbwegs einheitliche Vormerk- und Anmeldestruktur
für die Corona-Impfung zu schaffen?
4.
Auf
einigen der Vormerk/Anmeldeplattformen für die Corona-Impfung sind erhebliche
datenschutzrechtliche Probleme feststellbar – vor allem dort wo Google reCAPTCHA
zum Einsatz kommt. Wie ist aus Sicht Ihres Ressorts der Einsatz von Google reCAPTCHA
auf diesen Plattformen zu bewerten?
5.
Diese
Form der Datenübermittlung an Google bedarf nach der DSGVO auf jeden Fall
der freiwilligen Einwilligung der NutzerInnen. Ohne diese Einwilligung ist
allerdings keine Anmeldung zur Corona-Impfung möglich. Ist aus dieser
Sicht die Freiwilligkeit der Datentransferzusage in die USA überhaupt
gegeben? Entspricht dies aus Sicht Ihres Ressorts der DSGVO?
6.
Welche
Möglichkeiten sieht Ihr Ressort generell bzw. im Zuge der mittelbaren
Bundesverwaltung auf jene Länder einzuwirken, die Google reCAPTCHA als
Schutz vor Bots auf ihren Impf-Anmeldeplattformen verwenden, auf
datenschutzfreundlichere Dienste umzusteigen?
7. Werden
Sie an alle Bundesländer bzw. die Landeshauptleute eine Weisung erteilen,
die Datenschutzkonformität bei den Impfvoranmeldungsportalen
sicherzustellen? Wenn nein, warum nicht?
8. ExpertInnen
zufolge besteht durch den Einsatz von Google reCAPTCHA auf den
Impf-Anmeldeplattformen und die Weitergabe der IP-Adressen die Gefahr, dass
letztendlich durch die Datenzusammenführung bei Google sogar eine Zuordnung
erfolgen könne, wer sich konkret für die Corona-Impfung angemeldet
hat. Wie beurteilt Ihr Ressort diese Möglichkeit aus Sicht des Schutzes
persönlicher Daten?
9. Wie
sehen aus Sicht des Ressorts eine oder mehrere datenschutzkonforme Alternativen
für eine Anmelde/Vormerkplattformen für die Corona-Impfung aus, ohne,
dass dabei eine Identifizierbarkeit der angemeldeten Personen möglich ist?
10.
Gibt
es Seitens des Ressorts einen Vorschlag für eine "DSGVO-konforme
Impfregistrierungsplattform"? Wenn nein, warum nicht?
11.
Gibt
es eine Zusammenarbeit des Ressorts - so wie es in Deutschland durch
Gesundheitsminister Jens Spahn erfolgt- mit Google bzw. dem Europa
Geschäftsführer Philipp Justus?
12.
Wie
viel Beschwerden sind wegen dieser Datenschutzverletzungen bei der
Datenschutzbehörde bereits eingelangt?
13.
Wenn
nein, werden Sie die Datenschutzbehörde beauftragen, alle
Impfanmeldeplattformen in den Bundesländern auf
Datenschutzkonformität zu überprüfen? Wenn ja, wann? Wenn nein,
warum nicht?