5528/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.02.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend unterschiedliche Zahlen zur Südafrikamutation des Coronavirus in Tirol
Die Vorgehensweise rund um die südafrikanische Virusmutation in Tirol wurde tagelang zwischen Land und Bund hin und her geschoben. Alle Tiroler Nationalratsabgeordneten der ÖVP stellten sich gegen strengere Maßnahmen vom Bund um in Tirol die weitere Ausbreitung der südafrikanischen Virusmutation zu verhindern. Sie sprachen von „Schikane“, der Abgeordnete Franz Hörl ortete sogar einen „Rülpser aus Wien“.
Verschiedene Lokalpolitiker richteten unverhohlen Drohungen an den Bund. So meinte der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser: „Wir haben uns die letzten Monate sehr viel gefallen lassen. Jetzt ist der Punkt gekommen, wo es eindeutig reicht. Was jetzt passiert, zielt wieder klar auf Tirol ab. Und das lassen wir uns nimmer gefallen. Wenn morgen (Sonntag, Anm.) nur ansatzweise irgendwas aus dem Gesundheitsministerium kommen sollte, dann werden sie uns am Montag richtig kennen lernen“.[1]
„Die Zahlen geben weder eine Verlängerung noch eine Abschottung Tirols her. Es kann doch nicht sein, dass man die Tiroler bestraft, weil wir hier schneller und vorsichtiger als andere agiert haben. Wir waren die Ersten, die zu sequenzieren begonnen haben, und nun darf uns daraus kein Strick gedreht werden“, sagte Landwirtschaftskammer-Präsident Nationalrat Josef Hechenberger.[2]
Am Sonntag, 7.2.2021, standen Krisensitzungen zwischen Land und Bund an. Das ganze Land wartete auf eine Entscheidung, die nicht getroffen wurde. Am späten Abend wurde sie vertagt.
In der Folge traten am 8.2.2021 Lockerungen des Lockdowns in Kraft. Das Land Tirol präsentierte ein Maßnahmenpaket gegen die Südafrikamutation, der Bund sprach eine Reisewarnung in Form einer Empfehlung für Tirol aus.
Angesichts einer Krisensituation in einer Pandemie, die uns seit knapp einem Jahr beschäftigt, ist dieses Vorgehen kritikwürdig und sorgt für Verunsicherung und Abwehrhaltung in der Bevölkerung.
Argumentiert wurde insbesondere mit unterschiedlichen Zahlen, was die Fälle der Südafrikamutation in Tirol betrifft. In der ZiB2 vom 7.2.2021 berichtet der Moderator von 395 Fällen, die ihm an diesem Tag vom Land Tirol gemeldet worden seien. Wirtschaftskammerpräsident Walser spricht davon, dass falsch informiert und mit falschen Zahlen gearbeitet werde: „Man macht ein Riesentheater um derzeit acht positive Fälle“.
Am 8.2.2021 forderte das Land Tirol mittels Presseaussendung Aufklärung rund um unterschiedliche Zahlenangaben: „Bis zuletzt war von der AGES vorgegeben, dass eine Voll- oder Teilsequenzierung notwendig ist, um bestätigte Fälle auszuweisen. Auf Grund anderer kolportierter Zahlen hat der Einsatzstab des Landes Tirol heute daher die AGES ersucht, um Aufklärung beim Zahlen-Wirrwarr zu sorgen.“[3]
In der ZiB2 am selben Tag spricht der Moderator davon, dass es in Tirol den größten Südafrika-Cluster außerhalb Südafrikas gebe und der Bundesregierung dazu nichts anderes als eine unverbindliche Reisewarnung einfalle. Gesundheitsminister Rudolf Anschober sagt dazu: „Wir haben (bei den Verhandlungen mit dem Land Tirol am Sonntag, Anm.) zunächst einmal die Zahlen außer Streit gestellt. Es hat sich gezeigt, dass die realen Zahlen, die bestätigten Infektionsfälle mit der Südafrika-Variante, deutlich höher sind, als bisher gesagt wurde. Das heißt, dass wir wirklich ein akutes Problem hier in Tirol haben.“
Nun kommt es in Bälde zu einer Quarantäne einer Zillertaler Gemeinde!
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende:
Anfrage
1. Welche Vorgaben gab bzw. gibt es seitens des Gesundheitsministeriums bzw. der AGES für die Erfassung und Kommunikation von Mutationszahlen seitens der Länder?
2. Wie konnte es zu den unterschiedlichen Angaben von Zahlen bzgl. der südafrikanischen Virusmutation in Tirol kommen?
3. Wie unterschieden sich die Zahlen bzgl. der südafrikanischen Virusmutation in Tirol von AGES und dem Land Tirol?
4. Aus welchen/r Quelle/n stammten die unterschiedlichen Zahlen?
5. Entspricht der oben zitierte Vorwurf, der Bund würde mit falschen Zahlen argumentieren, der Wahrheit?
a) Wenn ja, welche Konsequenzen hat das?
b) Wenn nein, wie sind Sie gegen diese Vorwürfe vorgegangen?
6. Wie haben Sie auf die Aufforderung des Landes Tirol um Aufklärung im Zahlenwirrwarr reagiert?
7. Kam es nach der Kritik aus Tirol zu Änderungen in der Erfassung der Zahlen der Virusmutationen?
8. Ist es korrekt, dass die AGES vorgegeben hat, dass eine Voll- oder Teilsequenzierung notwendig ist, um bestätigte Mutationsfälle auszuweisen?
9. Hat das Land Tirol die Zahlen korrekt ausgewiesen?
10. Gab es auch in anderen Bundesländern unterschiedliche Zahlenangaben zu Mutationsvarianten des Coronavirus? Wenn ja, wo und wie unterschieden sich die Zahlen?
11. Bitte konkretisieren Sie Ihre Aussage aus der ZiB2 vom 8.2.2021, wonach die Infektionsfälle mit der Südafrika-Variante in Tirol deutlich höher seien, als bisher gesagt wurde. Wie hat sich das herausgestellt?
12. Wie weit liegen die Zahlen aus welcher Quelle auseinander?
13. Hat das Land, wie Sie in Ihrer Aussage nahelegen, falsche Angaben gemacht?
14. Aus welchem Grund wurde die Quarantäne der Zillertaler Gemeinde erst mit einer Vorlaufzeit von vier Tagen mit 28. Feber 2021 verhängt, obwohl klar bestätigte Zahlen eine akute reale Gefahr offensichtlich machten?
[1] Vgl. : https://www.derstandard.at/story/2000123933478/tirols-wk-chef-droht-ministerium-vor-moeglichen-corona-verschaerfungen-dann
[2] Vgl.: https://tirol.orf.at/stories/3088973/
[3] Vgl.: https://www.tirol.gv.at/presse/pressemeldungen/pressemeldung/land-ersucht-ages-um-klare-kriterien-zur-bestaetigung-von-mutationen/