5609/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.02.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesministerin für Justiz

betreffend Einstellung eines Ermittlungsverfahrens, das aufgrund mutmaßlich verleumderischer Verdächtigungen des Bundeskanzlers eingeleitet worden ist

 

In einem Hintergrundgespräch mit JournalistInnen am 20. Jänner 2020 griff Kanzler Kurz die Justiz im Allgemeinen und die Wirtschafts - und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Besonderen massiv an - dies wird von anderen ÖVP-                    PolitikerInnen seit Beginn der "CASAG/Novomatic"-Causa fortgesetzt, in der auch gegen ehemalige und gegenwärtige ÖVP-Minister sowie Personen aus dem ÖVP-Umfeld ermittelt wird. Neue Brisanz erhält der Beginn dieser andauernden Diffamierungskampagne durch die Tatsache, dass nunmehr gegen Finanzminister Gernot Blümel ermittelt wird. 

Der Kanzler sprach nicht nur von einem Netzwerk roter StaatsanwältInnen, sondern stellte auch in den Raum, dass seitens der WKStA Inhalte aus Ermittlungsakten an Medien geleakt würden. 

In der Folge wurde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Geheimnisverrates und Amtsmissbrauches gegen unbekannte Täter in der WKStA eingeleitet. 

Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde im Rahmen seiner Befragung vor                   dem Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung ("Ibiza"-Untersuchungsausschuss) am 24. Juni 2020 zu der Substanz seiner Vorwürfe befragt:

 

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und weiter:

 

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Der Kanzler berief sich dabei zur "Untermauerung" seiner strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen die WKStA auf einen Tweet des Journalisten Richard Schmitt - welcher erst am Tag nach dem Hintergrundgespräch veröffentlicht wurde.

 

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Kurzum: Der Kanzler konnte nicht darlegen, auf Grund welcher Informationen er die-se schwerwiegenden Vorwürfe gegen die WKStA erhob.

Nun wurde nach der Einvernahme von Sebastian Kurz als Zeugen das Strafverfah- ren eingestellt (https://www.profil.at/wirtschaft/wksta-leaks-verfahren-                                      eingestellt/401194709). Es kann daraus geschlossen werden, dass er auch als Zeu-       ge vor der Staatsanwaltschaft keine Beweise und kein Tatsachensubstrat, das ein               valider Hinweis auf Straftaten von MitarbeiterInnen der WKStA sein könnte, erbrin- gen konnte. Das Protokoll seiner Einvernahme wurde dem "Ibiza"-                                       Untersuchungsausschuss bisher vorenthalten. 

Auch anlässlich des Bekanntwerdens der Ermittlungen gegen Minister Blümel wird wieder in einer völlig unverhohlenen und rechtsstaatlich sehr bedenklichen Art und Weise gegen die Ermittlungsbehörde WKStA Stimmung gemacht. So führte etwa VP-Justizsprecherin Steinacker in einer OTS-Meldung vom 20. Februar 2021 (OTS0042) bereits im Titel aus: „Leaks aus Teilen der WKStA sind leider Faktum“. 

Auch VP-Klubchef August Wöginger sprach in einer Pressekonferenz am 18. Febru-ar 2021 davon, dass es bei der WKStA “immer wieder zu Leaks” komme (https://zackzack.at/2021/02/18/oevp-klubchef-woeginger-wirft-wksta-leaks-vor/). Auch die Abgeordneten Taschner und Großbauer stellten in einer Aussendung (OTS0089, 18. Feb. 2021) Leaks bei der WKStA in den Raum. 

Zusammengefasst wurde und wird also seitens zahlreicher prominenter ÖVP-               PolitikerInnen, beginnend beim Kanzler, seit Beginn der "CASAG/Novomatic"-Causa wiederholt der Vorwurf erhoben, dass aus der WKStA Akten an Medien geleakt würden, also das strafrechtliche Vergehen des Amtsmissbrauches begangen worden sei. Dies, obwohl, wie mittlerweile bekannt wurde, das anlässlich der Aussagen von Kanzler Kurz im Jänner 2020 eingeleitete dahingehende Strafverfahren eingestellt wurde (https://www.profil.at/wirtschaft/wksta-leaks-verfahren-eingestellt/401194709).

§ 297 StGB lautet:

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Darüber hinaus stellt sich die Frage, in wie weit die haltlosen und fortgesetzten Vorwürfe gegen die Justiz auch den Tatbestand des § 116 StGB (Öffentliche Beleidigung eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, des Bundesheeres oder einer Behörde) erfüllen. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wann wurde das Verfahren zu "WKStA-Leaks" von welcher Behörde eröffnet? 

2.    Aufgrund welcher Informationen?

3.    Gegen wen wurde wann ermittelt?

4.    Welche Ermittlungsschritte wurden gegen wen wann gesetzt?

5.    Wie viele Personen wurden in diesem Verfahren als ZeugInnen einvernommen?

6.    Inwiefern waren die Zeugeneinvernahmen entlastend und damit einhergehend  ursächlich für die Einstellung?

7.    Wann wurde das Verfahren zu "WKStA-Leaks" (siehe verlinkter Artikel auf profil.at in der Begründung) eingestellt?

8.    Nach welcher gesetzlichen Bestimmung erfolgte diese Einstellung?

9.    Mit welcher Begründung erfolgte diese Einstellung?

10. Wird diese Begründung gemäß § 35a StAG in der Ediktsdatei veröffentlicht, und wenn ja, bis wann ist damit zu rechnen?

a.    Wenn nein: warum nicht?

b.    Wenn nein: falls die Begründung lautet, es bestehe kein öffentliches Interesse: inwiefern lässt sich dies argumentieren?

c.    Wenn nein: falls die Begründung lautet, es sei ein Verschlussakt:

                                      i.Es wurden im "Casino"- und "Ibiza"-Verfahrenskomplex, bei denen es sich auch um Verschlussakte handelt, viele Zurücklegungen veröffentlicht; inwiefern ist hier ein gegenteiliges Vorgehen gerechtfertigt?

                                    ii.War nicht auch das Verfahren zur Anzeige gegen Anna Thalhammer unter Verschluss und wurde dennoch veröffentlicht?

1.    Wann erfolgte die Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens?

2.    Wann erfolgte die Veröffentlichung der Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens?

11. In Anbetracht der in der Begründung aufgezählten Vorwürfe seitens Kanzler Kurz und weiterer ÖVP-PolitikerInnen, wonach die WKStA bzw. dort tätige Personen Akten an Medien leaken würden: wurden Ermittlungen wegen des Verdachts des strafrechtliche Vergehens der Verleumdung oder auf Grund anderer strafrechtlicher Normen (diesfalls bitte um Anführung der Normen!) eingeleitet?

a.    Wenn ja: wann, gegen wen und durch welche Ermittlungsbehörden?

b.    Wenn ja: wurden bereits Zeugen einvernommen?

c.    Wenn ja: wird in diesem Zusammenhang gegen den Kanzler oder andere ÖVP-Politiker*innen ermittelt bzw. das Bestehen eines Anfangsverdachtes geprüft?

d.    Wenn nein, warum nicht?

12. Wurden hier bereits Verfahren eingestellt bzw. nach § 35c StAG vorgegangen?

a.    Wenn ja: jeweils wann, mit welcher Begründung jeweils und wann ist mit einer Veröffentlichung nach § 35a StAG zu rechnen?

                                      i.Wenn nein, warum nicht?

13. Gab es in diesen Verfahren Weisungen und wenn ja jeweils wann, durch wen und mit welchen Inhalt?

14. Gab es diesbezügliche Anzeigen (Bezugnahme auf Frage 8) und wenn ja, gegen wen und welche Schritte wurden wann in Folge von wem gesetzt?

15. Sie kündigten Anfang Februar 2021 in einer Anfragebeantwortung an die Erstanfragestellerin an, dass die geforderte Übermittlung des Einvernahmeprotokolls des Zeugen Sebastian Kurz in diesem Verfahren an den Untersuchungsausschuss geprüft wird. Wie ist der aktuelle Stand dieser Prüfung und bis wann ist mit einer Übermittlung dieses Protokolls bzw. weiterer relevanter Teile des Strafaktes zu rechnen?

16. Inwiefern ist OStA Johann Fuchs in diese Prüfung eingebunden?