5659/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.03.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage Leistungen der BBU GmbH

 

Am 16. Mai 2019 wurde das Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BBU-Errichtungsgesetz – BBU-G) - trotz heftiger Kritik im Begutachtungsverfahren - von ÖVP und FPÖ im Nationalrat beschlossen. Dieses Gesetz trat (überwiegend) am 20. Juni 2019 in Kraft. Darin ist festgeschrieben, dass die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH) ihre Tätigkeit im Bereich der Grundversorgung ab 1. Juli 2020 wahrnehmen soll; dies wurde später auf 1. Dezember 2020 verschoben. Die Tätigkeit im Bereich der Rechtsberatung, der Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe, der Menschenrechtsbeobachtung von Abschiebungen und der Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen hat die Bundesagentur am 1. Jänner 2021 aufgenommen.

Die Durchführung der Rechtsberatung durch die BBU GmbH umfasst jene vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 49 BFA-VG sowie jene vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gemäß § 52 BFA-VG. Die Bundesagentur stellt also Rechtsberater_innen für das Verfahren vor dem BFA sowie Parteienvertreter_innen und damit Verfahrensgegner_innen des BFA im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bereit. Die BBU GmbH ist jedoch sowohl finanziell als auch organisatorisch und personell eng mit dem BMI verflochten. Dies ist vor allem im Hinblick darauf problematisch, dass das BFA, also die Asylbehörde erster Instanz und die belangte Behörde im Asylverfahren zweiter Instanz, als dem Bundesminister für Inneres (BMI) unmittelbar nachgeordnete Behörde gegenüber dem BMI weisungsgebunden ist.

Die Geschäftsanteile an der Bundesagentur stehen zu 100% im Eigentum des Bundes. Die Ausübung der Gesellschafterrechte, etwa das Recht auf Information bzw. Auskunft, obliegt dem/der Bundesminister_in für Inneres (§ 1 Abs 5 BBU-G). Als alleinige/r Gesellschaftervertreter_in hat der/die BMI mit Beschluss für die Geschäftsführung verbindliche allgemeine Grundsätze der Geschäftspolitik und der Unternehmensführung festzulegen (§ 12 Abs 2 BBU-G). In Bezug auf Belange der Rechtsberatung vor dem BVwG hat der/die BMI zwar vor Beschlussfassung Einvernehmen mit dem/der Bundesminister_in für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) herzustellen, doch ist nicht geregelt, welche Konsequenzen aus dem allenfalls fehlenden Einvernehmen folgen.

Die vielfältigen organisatorischen Gestaltungs- und Eingriffsmöglichkeiten des/der BMI zeigen sich unter anderem auch in der umfassenden Kompetenz betreffend die Erstellung des Rahmenvertrags gemäß § 8 BBU-G. Zur Deckung der Kosten der Bundesagentur und ihrer Aufgaben, einschließlich der notwendigen Personal- und Sachkosten sowie aller Aufwendungen, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nötig sind, leistet der/die BMI jährliche Zuwendungen (§ 3 Abs 1 BBU-G). Die interne Kostenrechnung der Bundesagentur unterliegt grundsätzlich der Überprüfung durch den/die BMI (§ 7 Abs 1 BBU-G).

Im türkis-grünen Regierungsprogramm 2020-2024 findet sich zur BBU GmbH Folgendes:

"Umsetzung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) mit den Tätigkeitsfeldern Grundversorgung, Rechtsberatung, Rückkehrberatung, Dolmetschleistungen, Menschenrechtsbeobachtung.

·         Besetzung des Aufsichtsrats der BBU durch Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums und externe Expertinnen und Experten

·         Schaffung eines Qualitätsbeirates zur zusätzlichen Absicherung der Unabhängigkeit der Rechtsberatung unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft, Juristinnen und Juristen, dem UNHCR und der Volksanwaltschaft"

In der Beantwortung der NEOS Anfrage 4242/J (siehe https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_04145/index.shtml) erklärt Innenminister Nehammer, dass aus Gründen der Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG weder der Rahmenvertrag noch die Ergebnisse und Empfehlungen des Qualitätsbeirates veröffentlicht werden. Frage 6 aus der NEOS Anfrage 4242/J konnte zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung noch nicht abschließend beantwortet werden und wird daher hier in Frage 1 noch einmal gestellt. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Rechtsberater_innen werden der BBU GmbH pro Standort jeweils zur Verfügung stehen? Bitte um Auflistung nach Standort.

a.    Auf Basis welcher Kalkulationen/Informationen wurde diese Planung getroffen? Bitte um Übermittlung des Konzepts.

b.    Müssen die Rechtsberater_innen neben den in § 13 BBU-G angeführten Voraussetzungen noch andere Anforderungen erfüllen?
i. Wenn ja, welche?
ii. Wenn ja, sind diese Anforderungen im Rahmenvertrag gemäß § 8 BBU-G festgelegt?

c.    Sind zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung bereits alle vorgesehenen Rechtsberatungsstellen besetzt?

2.    Durch welche konkreten Maßnahmen zusätzlich zum Qualitätsbeirat wird die Qualität und Unabhängigkeit der Rechtsberatung gesichert? 

3.    Ist eine Evaluierung der Unabhängigkeit der Rechtsberatung vorgesehen?

a.    Wenn ja, durch wenn soll diese ab wann durchgeführt werden?

b.    Wenn ja, durch welches Verfahren wurde die Aufgabe der Evaluierung vergeben? Bitte um Übermittlung allfälliger Ausschreibungen oder Aufträge.

c.    Wenn ja, welcher Zeitraum soll wie genau evaluiert werden? Bitte um Übermittlung des Evaluierungskonzepts.

d.    Wenn ja, werden die Ergebnisse dieser Evaluierung veröffentlicht?

                                      i.Wenn ja, wann und wo?

                                    ii.Wenn nein, warum nicht?

e.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Welche konkreten Maßnahmen sieht der Rahmenvertrag zum Schutz des Kindeswohls von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sowie von Kindern im Familienverband jeweils vor (Bitte um Übermittlung aller vorliegenden Schutzkonzepte)

a.    im Bereich der Rechtsberatung?

                                      i.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von UMF vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                    ii.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von Kindern im Familienverband vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                   iii.Welche speziellen Standards zum Schutz von Kindern werden im Rahmen der Rechtsberatung angewandt?

1.    Ist eine von den Eltern getrennte Rechtsberatung von Kindern im Familienverband vorgesehen?

a.    Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

                                                                                      i.Wer prüft diese Voraussetzungen wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

                                   iv.Welche weiteren speziellen Schutzmaßnahmen sind für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vorgesehen? Bitte um genaue Erläuterung aller Maßnahmen.

                                    v.Welche Ausbildung haben die Mitarbeitenden im Bereich des Kinderschutzes?

b.    im Bereich der Grundversorgung?

                                      i.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von UMF vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                    ii.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von Kindern im Familienverband vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                   iii.Welche speziellen Standards zum Schutz von Kindern werden im Rahmen der Grundversorgung, insbesondere im Zusammenhang mit der Unterbringung, Tagesstruktur und Betreuung von Kindern, angewandt?

                                   iv.Welche weiteren speziellen Schutzmaßnahmen sind für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vorgesehen? Bitte um genaue Erläuterung aller Maßnahmen.

                                    v.Welche Ausbildung haben die Mitarbeitenden im Bereich des Kinderschutzes?

c.    im Bereich der Rückkehrberatung?

                                      i.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von UMF vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                    ii.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von Kindern im Familienverband vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                   iii.Welche speziellen Standards zum Schutz von Kindern werden im Rahmen der Rückkehrberatung angewandt?

1.    Ist eine von den Eltern getrennte Rechtsberatung von Kindern im Familienverband vorgesehen?

a.    Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

                                                                                      i.Wer prüft diese Voraussetzungen wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

                                   iv.Welche weiteren speziellen Schutzmaßnahmen sind für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vorgesehen? Bitte um genaue Erläuterung aller Maßnahmen.

                                    v.Welche Ausbildung haben die Mitarbeitenden im Bereich des Kinderschutzes?

d.    im Bereich der Menschenrechtsbeobachtung bei Abschiebungen? 

                                      i.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von UMF vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                    ii.Ist eine individuelle Beurteilung der Gefährdung von Kindern im Familienverband vorgesehen?

1.    Wenn ja, wie wird diese zu welchem Zeitpunkt von wem vorgenommen?

2.    Wenn nein, warum nicht?

                                   iii.Welche speziellen Standards zum Schutz von Kindern werden im Rahmen der Menschenrechtsbeobachtung angewandt?

                                   iv.Welche weiteren speziellen Schutzmaßnahmen sind für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vorgesehen? Bitte um genaue Erläuterung aller Maßnahmen.

                                    v.Welche Ausbildung haben die Mitarbeitenden im Bereich des Kinderschutzes?

5.    Nach welchen Standards werden die sogenannten "Remunerant_innen-Eltern" für unmündige UMF durch wen ausgewählt?

a.    Wie wird die psychische Eignung der Personen für diese Rolle sichergestellt?

6.    Welche konkreten Aufgaben haben die sogenannten "Remunerant_innen-Eltern"?

7.    Ist eine Evaluierung bzw. Überprüfung des Betreuungverhältnisses der "Remuneranten_innen-Eltern" vorgesehen?

a.    Wenn ja, wann wird diese jeweils von wem durchgeführt?

b.    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen zur Evaluierung oder Überprüfung sind vorgesehen?

c.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Welche Standard Operating Procedures sind bei Feststellung einer möglichen Kindeswohlgefährdung vorgesehen?

9.    Wie oft ist 2020 und 2021 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung eine Mitteilung wegen Kindeswohlgefährdung gem. § 37 Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz erfolgt? Bitte um Auflistung nach Standort.

10. Wie viele UMF sind aktuell in Bundesbetreuungseinrichtungen untergebracht? Bitte um Auflistung nach Alter, Standort und Dauer des Aufenthalts.

a.    Wie viele davon befinden sich im Zulassungsverfahren?

b.    Wie viele davon befinden sich bereits im inhaltlichen Asylverfahren?

11. Wie viele UMF sind aktuell in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht? Bitte um Auflistung nach Alter.

12. Anhand welcher Kriterien und mit welcher rechtlichen Begründung werden Kinder jeweils entweder in Bundesbetreuungseinrichtungen oder in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht? 

13. Sieht der Rahmenvertrag eine Unterbringung von unmündigen UMF in Bundesbetreuungseinrichtungen vor?

a.    Wenn ja, mit welcher Begründung für wie lange maximal?

b.    Wenn ja, wie viele unmündige UMF wurden 2020 und 2021 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung nach welchem Verfahren untergebracht?

14. Aus welchen Mitteln wird die Rechtsberatung in welcher Höhe finanziert?

a.    Aus welchen Mitteln wird die Beratung in welcher Höhe in erstinstanzlichen Verfahren finanziert?

                                      i.Wie viele Beratungsstunden ergeben sich aus diesen Mitteln für erstinstanzliche Verfahren? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland.

b.    Aus welchen Mitteln wird in welcher Höhe die Vertretung in Verfahren vor dem BVwG finanziert?

15. Ist ein freier Parteienverkehr im Sinne einer Beratung ohne Voranmeldung vorgesehen?

a.    Wenn ja, wo zu welchen Zeiten jeweils?

b.    Wenn nein, wie wird die Terminvergabe für welche Standorte organisiert?