5673/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.03.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Auslieferungsverfahren von Boris Mazo
Boris Mazo, russischer Staatsbürger, war ab August 2012 im russischen Kulturministerium als stellvertretender Leiter der Abteilung für Vermögensverwaltung und Investitionspolitik und ab März 2013 als Leiter dieser Abteilung tätig. Aufgrund eines Verdachtes, dass Boris Mazo in seiner Funktion gemeinsam mit anderen Personen im Zeitraum zwischen August 2012 bis Marz 2013 Staatsgelder im Betrag von umgerechnet € 2.474.000,00 veruntreut hat, wurde er am 16. März 2016 in Russland verhaftet. Er wurde daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von 1,5 Jahren sowie zu einer Geldstrafe von 250.000 Rubel (entspricht ca. 3390 Euro) verurteilt und hat seine Strafen gänzlich verbüßt.
Am 25. Februar 2018 ist Boris Mazo für eine medizinische Behandlung nach Österreich eingereist und wird seither in Österreich behandelt. Im Mai 2018 haben die russischen Behörden ein weiteres Strafverfahren gegen Boris Mazo eingeleitet und beschuldigen ihn der Veruntreuung weiterer 450 Millionen Rubel im Zuge von Bau- und Montagearbeiten der Eremitage St. Petersburg.
Im Dezember 2018 ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation die Auslieferung des Betroffenen zur Strafverfolgung wegen der Straftat des Betrugs, welche mit Beschluss vom 15.10.2019 vom Landesgericht Wien als zulässig erklärt wurde. Rechtsmittel von Boris Mazo sowie zahlreiche Anträge auf Hemmung der Durchführung der Auslieferung blieben erfolglos. Bei der Einschätzung der Sicherheitslage in Russland wird in den Gerichtsurteilen häufig auf diplomatische Zusicherungen verwiesen.
Im Oktober 2019 ersuchten außerdem die spanischen Behörden die Auslieferung von Boris Mazo aufgrund von Geldwäscherei von in Russland veruntreuten Geldern. Die Auslieferung nach Spanien wurde jedoch vom Landesgericht Wien nicht bewilligt.
Am 23. Mai 2018, nachdem Boris Mazo von dem erneuten Strafverfahren der russischen Behörden gegen ihn erfahren hat, beantragte er in Österreich Asyl. Er bringt vor, politisch verfolgt zu sein und im Falle einer Rückkehr der Folter und unmenschlicher Behandlung iSd Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu sein. Zusätzlich wurde in Russland eine Verfassungsänderung durchgeführt, welche vorsieht, dass Gerichtsurteile einschließlich europäischer Gerichtsurteile nicht mehr umzusetzen sind, wenn sie russischen Interessen widersprechen. Grundsätzlich hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) innerhalb von 6 Monaten eine Entscheidung über den Asylantrag zu treffen, dieses ist jedoch aktuell noch anhängig. Boris Mazo befindet sich gleichzeitig in Schubhaft und soll an die russischen Behörden ausgeliefert werden.
Der Grundsatz der Nichtzurückweisung, oder das "Non-Refoulement"-Gebot, welches in Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention verankert ist, besagt, dass man Menschen nicht in Staaten zurückführen darf, in denen Ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Art. 3 EMRK beinhaltet dieses Verbot ebenfalls und lässt auch eine Rückführung von verurteilten Straftäter_innen in unsichere Herkunftsländer nicht mehr zu (siehe dazu die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestags mit dem Titel "Völker- und Menschenrechtliche Vorgaben für Abschiebung von straffällig gewordenen Flüchtlingen: https://www.bundestag.de/resource/blob/408768/e5632bc349bdd5722303c06481316d7f/wd-2-002-16-pdf-data.pdf)
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche konkreten diplomatischen Zusagen haben die russischen Behörden gegenüber den österreichischen Behörden im Fall einer Auslieferung von Boris Mazo wann gemacht?
2. Wie werden diese diplomatischen Zusicherungen wann von wem überprüft?
3. Welche Konsequenzen hat eine Nicht-Einhaltung von diplomatischen Zusicherungen?
4. Aufgrund welcher Informationsquellen wird die Sicherheitslage Russlands aktuell von den österreichischen Gerichten eingeschätzt? Bitte um Auflistung und Anhang aller relevanten Dokumente.
5. Welche Informationen haben Sie bezüglich der Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in Russland? Bitte um Anhang aller relevanten Dokumente.
a. Welche Informationen haben Sie bezüglich der Wahrung von Art. 3 EMRK in Russland, insbesondere in russischen Gefängnissen? Bitte um genaue Erläuterung sowie um Anhang aller relevanten Dokumente.
b. Welche Informationen haben Sie bezüglich der Wahrung von Art. 6 EMRK in Russland? Bitte um genaue Erläuterung der Rechtsschutzgarantien und des Verfahrensablaufs im Fall einer Menschenrechtsverletzung nach EMRK sowie um Anhang aller relevanten Dokumente.
6. Wie wird durch eine Auslieferung während laufenden Asylverfahrens die Einhaltung der völkerrechtlichen "Non-Refoulement"-Gebotes sichergestellt?
7. Anhand welcher Informationsquellen wird eine Prüfung des Auslieferungsasyls nach § 19 Z. 3 ARHG durchgeführt?
a. Welche konkreten Punkte wurden im Fall Boris Mazo im Rahmen dieser Prüfung berücksichtigt?