5716/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.03.2021
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit

betreffend Hygiene Austria und Arbeitsleihfirma Ante Portas

 


Nach der Hausdurchsuchung an zwei Standorten der „Hygiene Austria“ herrscht betroffenes Schweigen, der Bundeskanzler, einst voller Lob für das Unternehmen, das in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu einer seiner engsten Vertrauten seit vielen Jahren steht, und nicht mit öffentlichen Danksagungen sparte, gibt sich nun verschlossen, angesichts der aufgedeckten Betrügereien.

 

Der Standard berichtete dazu am 05. März 2021 folgendes:

 

„Hygiene Austria: Auf 17 chinesische Masken kamen drei "made in Austria"

Ein Informant berichtet von Schwarzarbeit, chinesischen Masken und schlechten Arbeitsbedingungen bei Hygiene Austria. Der Maskenproduzent setzt auf dubiose Zeitarbeitsfirmen“

 

„Der Informant ist sichtlich aufgeregt. Er weiß gar nicht, wo er beginnen soll, muss immer wieder abbrechen, während er sich durch die gesammelten Materialien arbeitet. Er hat die Arbeitsbedingungen beim Maskenhersteller Hygiene Austria miterlebt. Nach der Razzia bei der Firmenkooperation von Palmers und Lenzing will er nicht länger schweigen und erzählt, wie die Produktion in der Arbeitsstätte in Wiener Neudorf tatsächlich verlaufen ist.

Er spricht davon, dass es eigenes Personal gab, das die Schwarzarbeiter angeleitet habe. Den besten Job sollen die Aufpasser gehabt haben. Rund um die Uhr seien zwei Leute an der Hintertür platziert gewesen, um Alarm zu schlagen, falls wer komme. "Die sind dagesessen und haben geraucht", erzählt der Informant.“

 

„Maschinen liefen ununterbrochen

Währenddessen wurde in der Produktionshalle geschuftet, erzählt er. Nicht einmal fürs Putzen seien die Maschinen abgedreht worden. Wie DER STANDARD von mehreren Seiten erfuhr, gab es deshalb mindestens einen schweren Arbeitsunfall, der bei den Behörden als Haushaltsunfall gemeldet worden sein soll. Viele Arbeiter sollen noch auf ihr Gehalt warten. In der Halle sei es nicht hygienisch zugegangen. Der Stoff für die Masken sei in Rollenform teils unverpackt auf dem dreckigen Boden gestanden, wie Fotos zeigen. Handschuhe und Haarnetze sollen in der Halle in vielen Fällen nur getragen worden sein, wenn etwa die Politik für einen PR-Termin antanzte. Es gab offenbar auch eine klare Vorgabe dafür, wie die fremde mit der heimischen Maskenware vermischt werden sollte. Laut Ermittlern kamen in Kartons auf 17 China-Masken drei aus Österreich.“

 

„Klein und frisch gegründet

Der Informant kann auch auf Anhieb alle Leiharbeitsfirmen nennen, von denen Hygiene Austria Personal für die Maskenproduktion anheuerte. Palmers und Lenzing dürften nicht die seriösesten Partner hinzugezogen haben. Gelb ist die Bonität bei Steady Global Partners, rot bei Ad Job Assist. Äußerst schwach ist sie auch bei First Staff und Ante Portas. Ante Portas hat eine Gewerbeberechtigung allein als Sicherheitsdienst mit niedrigeren Kollektivverträgen. Als Arbeitskräfteüberlasser darf die Firma nicht tätig sein. Alle vier Firmen sind klein, wurden frisch gegründet und haben zugekaufte gewerberechtliche Geschäftsführer. Steady wurde als Scheinfirma identifiziert, Ad Jobs ist in Konkurs.“

 

„Moderne Lohnsklaven

Martin Zieger, Präsident des Verbands der Personaldienstleister, sieht bei ihnen Alarmstufe Rot. "Das hat nichts mit seriöser Zeitarbeit zu tun", sagt er dem STANDARD. Keine der Firmen habe sich einer Qualitätsprüfung unterzogen, keine erfülle die Voraussetzungen, um Mitglied im Verband zu werden. Wer sie beauftrage, für den zähle offenbar nur der Preis. Zieger fordert, dass ihre Auftraggeber in die Pflicht genommen werden. "Ich darf nicht billig einkaufen und mich dann darüber beschweren, dass es nicht funktioniert."

 

„Ähnliches kommt von Ermittlern. Es gebe viele unseriöse Personalvermittler, die weder über eine Rechtsabteilung noch über eine Lohnabrechnung verfügten. Oft sind nur eine Adresse und eine Telefonnummer vorhanden. Die Akquirierung von Mitarbeitern erfolge oft über Subfirmen. Von Kickback-Zahlungen ist die Rede und von einer Art Schneeballsystem. Einer zahlt den anderen. Moderne Lohnsklaven seien die über diesen Weg in Unternehmen entsendeten Mitarbeiter. Oft seien diese Arbeiter nur geringfügig angemeldet, von Urlaubs- und Weihnachtsgeld könne nicht die Rede sein. Hygiene Austria ließ eine Anfrage vorerst unbeantwortet, man sammle derzeit noch Fakten. (Verena Kainrath, Jan Michael Marchart, Bettina Pfluger, Aloysius Widmann, 5.3.2021)“

 

Unter anderem sollen Arbeitsleihmitarbeiter folgender Firma bei der Hygiene Austria eingesetzt worden sein:

 

ANTE PORTAS GesmbH
Hütteldorfer Straße 257D
1140 Wien
Firmenbuchnummer:
FN 369044 m
UID-Nummer:
ATU66764101
Beginndatum der Rechtsform:
2011-09-22
Tätigkeitsbeschreibung:
Security-Wachdienst

Handelnde Personen:
Geschäftsführer
Frau Levai Laurin 
Privatperson
alleinvertretungsberechtigt
Geschäftsführer
Herr Nejezchleba Mario 
Privatperson
alleinvertretungsberechtigt
Gesellschafter
Herr Nejezchleba Mario 
Privatperson
Anteil: 50,00%
Gesellschafter
Frau Levai Laurin 
Privatperson
Anteil: 50,00%

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Gab es eine Kontrolle des Arbeitsinspektorats am Firmenstandort und an den Mitarbeitereinsatzorten der Firma Ante Portas seit der Firmengründung?

2.    Wenn ja, wann und auf welcher Grundlage?

3.    Welche arbeitsrechtlichen und arbeitnehmerschutzrechtlichen Tatbestände und Missstände wurden bei diesen Kontrollen des Arbeitsinspektorats seit der Firmengründung festgestellt?

4.    Falls keine festgestellt wurden, mit welcher Begründung?

5.    Gab es eine Kontrolle des Arbeitsinspektorats an den Produktionsstandorten der Firma Hygiene Austria 2020 und 2021 im Zusammenhang mit eingesetzten Mitarbeitern der Firma Ante Portas?

6.    Wenn ja, wann und auf welcher Grundlage?

7.    Welche arbeitsrechtlichen und arbeitnehmerschutzrechtlichen Tatbestände und Missstände wurden bei diesen Kontrollen des Arbeitsinspektorats 2020 und 2021 festgestellt?

8.    Falls keine festgestellt wurden, mit welcher Begründung?