5736/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.03.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Follow-Up Commerzialbank Mattersburg

 

Am 14. Juli 2020 gab die Finanzmarktaufsicht (FMA) in einer Presseaussendung die vorläufige Schließung der Commerzialbank Mattersburg bekannt, die mit 15. Juli 2020 wirksam wurde. In den Tagen darauf wurde bekannt, dass offenbar jahrelang systematisch Bilanzfälschung praktiziert wurde und die Anleger der Bank somit um Beträge in Millionenhöhe gebracht wurden. Der Kriminalfall Commerzialbank Mattersburg beschäftigt seitdem nicht nur die Medien, sondern auch die Politik, unter anderem im Rahmen eines Untersuchungsausschusses des Landes Burgenland, der zwischen November 2020 und Februar 2021 regelmäßig tagte. Die letzte Sitzung des Untersuchungsausschuss fand am 26.02.2021 statt. Der Verfahrensrichter Walter Pilgermair erstellt in Folge einen Abschlussbericht (https://burgenland.orf.at/stories/3092388/). 

Bei der Finanzprokuratur – dem Anwalt der Republik – waren bis 22.02.2021 laut Medienberichten 13 Klagen gegen die Republik eingelangt, die meisten von Unternehmen. Zuletzt kamen zwei Klagen von den Masseverwaltern der Commerzialbank und von der Energie Burgenland dazu: Die Prüfer der Nationalbank und Finanzmarktaufsicht (FMA), die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und Staatsanwaltschaft Eisenstadt hätten bei der Nachverfolgung der anonymen Anzeige im Jahr 2015 über Malversationen in der Bank versagt - so die Vorwürfe. Insgesamt 57 Seiten widmeten die Anwälte den Verfehlungen der Prüf- und Ermittlungsorgane. Die Masseverwalter der Bank, Kosch & Partner Rechtsanwälte, klagten 303 Millionen Euro als Amtshaftungsklage gegen die Republik ein. Medienberichten zufolge, sind die Chancen, dass die Gläubiger das Geld auch bekommen, auch wenn die Klage erfolgreich wäre, gering. Denn vorrangig muss der Forderung der Einlagensicherung in Höhe von rund 470 Millionen Euro nachgekommen werden, aus heutiger Sicht dürfte aber selbst hier nur ein Teil der Forderung ersetzt werden. (https://burgenland.orf.at/stories/3091599/ und https://www.derstandard.at/story/2000124377373/gaeubiger-der-commerzialbank-mattersburg-genehmigen-klage-gegen-republik). Am 02.03.2021 reichte das Land Burgenland über die Regionalmanagement Burgenland (RMB) eine weitere Klage gegen die Republik in Höhe von 1,4 Mio. EUR ein (https://burgenland.orf.at/stories/3092937/). 

Laut §32 Abs. 8 BHG 2013 ist der Bund dazu verpflichtet, Rückstellungen für wahrscheinliche Zahlungen aus laufenden Prozessen zu bilden. Diese Rückstellungen sind entweder im Bundesvoranschlag (BVA) zu veranschlagen oder aber unterjährig im Budgetvollzug zu verbuchen, entsprechend des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Vollständigkeit. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses gering ist, sollten solche drohende Zahlungen als Eventualverbindlichkeit ausgewiesen werden.

In der Anfragenbeantwortung 3101/AB auf Anfrage 3091/J betreffend "Rolle der Finanzmarktaufsicht im Fall Commerzialbank" schreibt Finanzminister Gernot Blümel, dass er "in Folge des burgenländischen Bankenskandals (...) die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beauftragt habe, um Abläufe zu durchleuchten und Schlüsse daraus zu ziehen. Im Finanzministerium hat am 24. August 2020 die erste Sitzung dieser gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMF, OeNB und FMA stattgefunden. Geleitet wird die Arbeitsgruppe vom Leiter der Gruppe Finanzmärkte im Bundesministerium für Finanzen, Mag. Alfred Lejsek. Neben dem BMF sind auch Mitarbeiter von OeNB und FMA in der Arbeitsgruppe vertreten. Als externer Experte unterstützt Universitätsprofessor Dr. Stefan Pichler vom Institut für Bank- und Finanzwirtschaft der Wiener Wirtschaftsuniversität WU. Ziele der Arbeitsgruppe sind: 1. In einer Gesamtschau die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen; 2. Arbeitsabläufe, Zuständigkeiten und Zusammenhänge zu analysieren, 3. Überlegungen über (zusätzliche) Instrumente für die Zukunft zu treffen".

Auf die Frage der Abgeordneten Karin Doppelbauer im Budget-Unterausschuss zum Budgetvollzug am 22.02.2021, ob im Rahmen dieser Arbeitsgruppe bereits Ergebnisse erzielt wurden und ob diese dem Budgetausschuss des Nationalrats zur Verfügung gestellt werden könnten, gab man von Seiten des BMFs an, dass mittlerweile ein Zwischenbericht der Arbeitsgruppe erstellt wurde, und zudem ein entsprechendes Legislativpaket geplant ist.

Im Budget-Unterausschuss am 22.02.2021 brachten die Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Doppelbauer einen Antrag (820/A) ein, in dem die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission auf Bundesebene nach dem Vorbild der von Irmgard Griss geleiteten Untersuchungskommission zur Hypo Group Alpe-Adria gefordert wird. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Die von Ihnen auf Anfrage 3091/J erwähnte Arbeitsgruppe zwischen BMF, FMA, OeNB und einem externen Experten zur Commerzialbank Mattersburg hat laut Angaben des BMF im Budget-Unterausschuss am 22.02.2021 einen Zwischenbericht erstellt.

a.    Wann und wie oft traf die von Ihnen erwähnte Arbeitsgruppe seit August 2020 zusammen?

b.    Wann wurde der von Ihnen erwähnte Zwischenbericht fertiggestellt?

c.    Wann wurde Ihnen der Inhalt des Zwischenberichts übermittelt/präsentiert?

d.    Welche Personen hatten seit der Fertigstellung Zugriff auf den Zwischenbericht?

e.    Wann wird dieser Zwischenbericht dem Budgetausschuss des Parlaments zur Verfügung gestellt?

f.     Wann wird dieser Zwischenbericht im Budget-Ausschuss des Parlaments (bzw. in einem Unterausschuss) behandelt?

2.    Welche weiteren Schritte sind nach Fertigstellung des Zwischenberichts geplant?

3.    Welche Ziele der Arbeitsgruppe wurden bereits erreicht?

4.    Sind weitere Sitzungen der Arbeitsgruppe geplant?

a.    Wenn ja, wie viele, wann und mit welchen Teilnehmer_innen?

b.    Wenn ja, mit welchem Inhalt? 

c.    Wenn nein, warum nicht? 

5.    Wird es einen Endbericht geben und wann wird dieser voraussichtlich fertig sein?

a.    Welche weiteren Schritte werden sich aus diesem Endbericht ergeben?

b.    Wann wird dieser Endbericht dem Nationalrat zur Information, bzw. Behandlung, vorgelegt?

6.    Werden die Ergebnisse des von Verfahrensrichter Walter Pilgermair erstellten Abschlussberichts des Burgenländischen Untersuchungsausschusses beim Endbericht der Arbeitsgruppe berücksichtigt werden?

a.    Falls nicht, warum nicht?

7.    Im Budgetunterausschuss des Parlaments am 22.02.2021 wurde vom BMF auch erwähnt, dass als Folge der Ergebnisse des Zwischenberichts auch ein entsprechendes Legislativpaket geplant ist.

a.    Welche Maßnahmen wird dieses Legislativpaket voraussichtlich umfassen?

b.    Mit welchen Zeitrahmen rechnet man für die Einbringung dieses Legislativpakets?

8.    Hat das BMF Informationen über den jeweiligen Streitwert der einzelnen bisher bei der Finanzprokuratur im Zusammenhang mit dem Fall der Commerzialbank Mattersburg eingereichten Klagen? 

a.    Wenn ja, wie hoch ist der jeweilige Streitwert?

9.    Wie hoch schätzt das BMF das Risiko ein, dass die Republik Österreich den Prozess verliert, bzw. finanziell in Anspruch genommen wird?

10. Laut §32 Abs. 8 BHG 2013 ist der Bund dazu verpflichtet, Rückstellungen für wahrscheinliche Zahlungen aus laufenden Prozessen zu bilden. 

a.    Hat das BMF im Budgetvollzug 2020 Rückstellungen für den Fall von erfolgreichen Klagen gegen die Republik im Rahmen des Falls Commerzialbank Mattersburg gebildet?

                                      i.Falls ja, in welcher Höhe?

                                    ii.Falls nicht, warum nicht?

b.    Hat das BMF im BVA 2021 entsprechende Rückstellungen veranschlagt?

                                      i.Falls ja, in welcher Höhe?

                                    ii.Wenn nicht, warum nicht?

c.    Hat das BMF im Budgetvollzug 2021 bisher Rückstellungen für den Fall von erfolgreichen Klagen gegen die Republik im Rahmen des Falls Commerzialbank Mattersburg gebildet, bzw. ist eine solche Bildung von Rückstellungen für 2021 geplant? 

                                      i.Falls ja, in welcher Höhe?

                                    ii.Falls nicht, warum nicht?

11. Weist das BMF für 2020 oder 2021 Eventualverbindlichkeiten für die laufenden Klagen aus dem Fall Commerzialbank Mattersburg aus? 

a.    Falls ja, in welcher Höhe?

b.    Falls nicht, warum nicht?

12. Haben Sie vor, eine wie im Antrag 820/A von den Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff und Karin Doppelbauer geforderten Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission nach dem Vorbild der von Irmgard Griss geleiteten Untersuchungskommission zur Hypo Group Alpe-Adria zu veranlassen? 

a.    Wenn ja, wie wäre hier das weitere Vorgehen?

b.    Wenn nicht, warum nicht?