5813/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.03.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Kai
Jan Krainer,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend „Wir ham´s ja“ - indirekte steuerliche Förderung illegalen Glücksspiels?
Guten Morgen, Herr Finanzminister, hätte eine parlamentarische Anfrage: bräuchte Auskünfte (erstens wegen Glücksspiel und zweitens bezüglich eines Steuerproblems das Novomatic in Österreich hat! Glauben Sie geht sich das noch diese Woche aus?? Oder wenigstens binnen acht Wochen?) lg Jan Krainer
Wie die Tageszeitung der Standard in ihrer Online-Ausgabe am 11. März 2021 berichtete (https://www.derstandard.at/story/2000124850226/wir-hams-ja), liegen 3,3 Mrd. € bei der EU, die sich Österreich scheinbar nicht abholen möchte. Hinsichtlich der wirtschaftlich angespannten Situation in diesem Land, ist es sehr verwunderlich, warum Sie als Finanzminister diese 3,3 Mrd. € an finanzieller Unterstützung bis jetzt liegen haben lassen bzw. keine erkennbare Tätigkeit entfalten, dieses Geld auch zu lukrieren.
In diesem Artikel wird weiters auch der Glücksspielkonzern Novomatic und eines seiner Beteiligungsunternehmen genannt, der lt. OGH Judikat 6Ob124/16b aus 2017 regional illegales Glücksspiel betrieben, Abgaben aber für legales Glücksspiel gezahlt haben soll. Konkret sollen jene im Rahmen der Landeskonzession betriebenen Spielautomaten nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen haben, weshalb illegale (andere als die gesetzlich zulässigen) Spielvarianten gespielt werden konnten.
Gem. § 23 Abs. 2 BAO müssen Abgaben auch für verbotene Handlungen der Steuerpflichtigen gezahlt werden, denn „(2) Die Erhebung einer Abgabe wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt“.
Durch die offenbare Nichtfestsetzung von Abgaben wären
lt. dem oben zitierten Standardartikel dem Staat laut Schätzung von
Sachverständigen rund 300 Millionen Euro an Steuergeld entgangen. Diese
Information ist ziemlich verwunderlich, da Sie in Ihrem medialen Wirken oftmals
den Spruch „So kulant wie möglich, so streng wie nötig“
von sich geben, ja mehr noch, in der OTS vom 10.5.2020 zur Bilanz der
Finanzpolizei fordern sie selber „Null Toleranz bei Förderungsbetrug“
(https://www.ots.at/
presseaussendung/OTS_20200510_OTS0004/bluemel-null-toleranz-bei-foerderungsbetrug-ist-sorgsamer-umgang-mit-steuergeld).
Im Förderungsbericht wird zwischen direkten und indirekten Förderungen unterschieden, indirekte sind jene, die eine steuerliche Begünstigung darstellen, da weniger Steuern gezahlt werden muss.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende
Anfrage
(1) Haben Sie oder Ihre ÖVP-Amtsvorgänger Steuern für illegal betriebenes Glücksspiel erlassen und dadurch eine illegale steuerliche Förderung zu Gunsten der Glücksspielunternehmen aber zu Lasten der steuerzahlenden Österreicher*innen bewirkt?
(2) Wenn ja: Wie sieht es mit Ihrer „Null-Toleranz“ gegenüber Förderungsbetrug aus?
(3) Ist der Inhalt des oben zitierten Zeitungsartikels, insbesondere die Nichteinhebung von Abgaben, auf nach gerichtlicher Judikatur illegalen Glücksspiels, zutreffend?
(4) Ist Ihnen bekannt, dass für illegale Tätigkeit von Steuerpflichtigen dennoch Abgaben festgesetzt werden können?
(5) Wurde in diesem speziellen Fall auf die Festsetzung einer Steuernachzahlung für illegale Glücksspielangebote verzichtet?
a. Wenn ja, wie hoch wären die Einnahmen aus Ertragssteuern, nach dem Glücksspielgesetz bzw. die Strafen nach dem Finanzstrafgesetz gewesen, auf die Sie oder Ihre Amtsvorgänger verzichtet haben?
b. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage wurde seitens der Finanzverwaltung auf die Einhebung der Abgaben in diesem Fall verzichtet?
c. Wurde gar kein Veranlagungs-/Betriebsprüfungsverfahren durchgeführt (Rechtsgrundlage)?
d. Oder wurden die Abgaben nachgesehen bzw. abgeschrieben (Rechtsgrundlage)?
(6) Gab es in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen (verbotene Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz) nachträgliche bzw. rückwirkende Abgabenfestsetzungen für diese unerlaubten Angebote von Glücksspiel?
a. Welche davon betreffen illegal aufgestellte Spielautomaten?
b. Welche davon betreffen legal aufgestellte Automaten, aber illegale Spielangebote wie im oben dargestellten Fall?
Bitte bei der Beantwortung obiger Fragen um Detailangaben, also Fälle für Österreich gesamt sowie einzelne Bundesländer für die Jahre 2008-2020, getrennt nach dem festgesetzten Abgabenmehrergebnis aus illegal aufgestellten Automaten bzw. legalen Automaten mit illegaler Spielsoftware, nach Quartilen des Abgabenmehrergebnisses, dem Median, Durchschnitt, Minimum, Maximum und Fallzahl nachträglich festgesetzten Abgaben je Automat sowie je Spielanbieter je Bundesland und für Österreich gesamt.
(7) Wurden Sie erst auf Grund des oben zitierten Zeitungsartikels tätig? Wenn ja, in welcher Form?
(8) Wann wurde die E-Mailadresse „mail@recover.austria.gv.at“ eingerichtet?
(9) Wie viele E-Mails sind seither eingegangen?
(10) Wie viele davon betrafen Projektvorschläge, die auch bei der EU eingereicht werden können? (Bitte um Angabe der Anzahl und der % aller auf dieser Mailadresse eingegangener E-Mails)?
(11) Wurde von Seiten Ihres Ministeriums bereits ein Konzept für den EU-Wiederaufbaufonds erarbeitet?
a. Wenn ja, wem liegt dieses Konzept bereits vor, wann wird es öffentlich gemacht?
b. Wenn nein, warum nicht? Hängt das damit zusammen, dass auf Grund der möglichen Position des BMF Österreich genug Geld hat und deshalb auf EU-Fördermittel verzichten will?
(12) Auf Grund des Planungsstandes Mitte März 2021 könnte Österreich wie viel Förderungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds abholen? Wie viel bliebe liegen?
(13) Laut Medien wurden bereits 33,5 Mrd. € an nationalen Covid-Hilfen ausbezahlt bzw. rechtsverbindlich zugesagt: Wie viel floss bzw. fließt davon an Novomatic?
(14) Wie viel der nationalen Covid-Hilfen flossen insgesamt an Anbieter der Glücksspielbranche (Bitte um Angabe der Jahressummen für 2020 und 2021)?