5814/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.03.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Sabine Schatz,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend Wissenslücken von Schüler:innen im Bereich der NS-Zeit
Im Mai 2020 präsentierte das Zentrum für Politische Bildung im Auftrag der Arbeiterkammer Wien eine repräsentative Studie, die den historischen Wissensstand von Schüler:innen der neunten Schulstufe untersucht. Die Ergebnisse zeigen eklatante Lücken im Wissen um den Nationalsozialismus, obwohl die Zeit von 1939-1945 in der achten Schulstufe explizit im Lehrplan enthalten ist. Rund 1.200 Wiener Schüler:innen an AHS, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) und Polytechnischen Schulen (PTS) wurden 14 Fragen gestellt.
Weniger als ein Drittel der AHS-SchülerInnen konnten den Begriff Antisemitismus richtig definieren, an den Polytechnischen Schulen waren noch weniger. Nur ein Drittel aller befragten Schüler:innen konnte angeben, dass die NSDAP die einzige zugelassene Partei war. Das Novemberpogrom im Jahr 1938 ist den Jugendlichen ebenfalls weitgehend unbekannt.
Die Zahl der vom Nationalsozialismus ermordeten Jüdinnen und Juden wurde von den Schüler:innen massiv unterschätzt – weit weniger als die Hälfte der SchülerInnen konnte hier eine richtige Einordnung treffen. Um eine umfassendere Einschätzung des Wissens der SchülerInnen zur Zeit des Nationalsozialismus zu erhalten, wurden 14 Fragen gemeinsam als Test ausgewertet. Von den maximal zu erreichenden Punkten (35) erreichten die Schüler:innen im Durchschnitt nur 7,7 Punkte.
Das Bildungsministerium kündigte als Reaktion auf die Studie an, „dass sowohl in der Lehrkräfteausbildung als auch in der Lehrkräftefortbildung die Auseinandersetzung mit dieser Thematik intensiviert werden muss“[1].
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Welche Schritte wurden konkret seit der Ankündigung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Profil vom 9.5.2020 gesetzt, wonach „sowohl in der Lehrkräfteausbildung als auch in der Lehrkräftefortbildung die Auseinandersetzung mit dieser Thematik intensiviert werden muss“? (Mit der Bitte um Aufschlüsselung nach konkreten Maßnahmen bzw. Zwischenergebnissen mit dem jeweiligen Datum und Kosten)
a. Welche Expert:innen wurden eingeladen an den Maßnahmen mitzuarbeiten bzw. beauftragt diese auszuarbeiten? (Bitte um konkrete Auflistung und Kosten)
b. Wie viele Stunden wurden in Ihrem Ressort und den zugeordneten Stellen bisher aufgewendet, um die Ankündigung Ihres Ressorts umzusetzen?
2. Welche Schritte sind noch in Planung, um die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Lehrkräftefortbildung, Lehrkräfteausbildung und im Unterricht zu intensivieren? (Bitte mit detaillierter Beschreibung der geplanten Maßnahmen inkl. Kostenschätzung und Zeitplan)
a. Welche Expert:innen wurden eingeladen an den Plänen mitzuarbeiten bzw. beauftragt diese auszuarbeiten? (Bitte um konkrete Auflistung und Kosten)
3. Welche konkreten Schritte wurden seitens Ihres Ministeriums bzw. der ihm angegliederten Stellen (z.B. Institut für Holocaust Education) zur Unterstützung der Lehrkräfte hinsichtlich der Umstellung auf Distance Learning gesetzt, um die Wissenslücken der Schüler:innen zu decken bzw. nicht noch größer werden zu lassen angesichts der Pandemie?
a. Welche Expert:innen wurden eingeladen an den Plänen mitzuarbeiten bzw. beauftragt diese auszuarbeiten? (Bitte um konkrete Auflistung und Kosten)
4. Der befragte Jahrgang wies eklatante Wissenslücken auf. Welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen für Lehrkräfte gab konkret für den befragten Jahrgang, um im Themenbereich Antisemitismus und Nationalsozialismus nacharbeiten zu können? (Bitte um konkrete Auflistung der Maßnahmen)
5. Wann und wie evaluiert Ihr Ministerium, ob dem Lehrplan entsprechende Unterrichtsinhalte – etwa im Themenbereich der NS-Zeit – auch entsprechend vermittelt werden?
a. Von wem wird diese Evaluation durchgeführt?
b. Wird es im Hinblick auf die betreffenden Jahrgänge, die vor den besonderen Herausforderungen des Homeschoolings standen, besonderes Augenmerk geben, um die Umsetzung der Lehrpläne hinsichtlich des Nationalsozialismus geben?
6. Wann, wie und von wem wird evaluiert, ob Inwiefern wird die Umsetzungen der Ankündigungen, „dass sowohl in der Lehrkräfteausbildung als auch in der Lehrkräftefortbildung die Auseinandersetzung mit dieser Thematik intensiviert werden muss“ kontrolliert und evaluiert? Wie viele Mitarbeiter:innen sind damit betraut?
7. Die erwähnte Studie wird im Auftrag der Arbeiterkammer erhoben. Werden von Ihrem Ministerium ebenfalls Studien durchgeführt oder beauftragt, um den tatsächlichen Wissenstand, verglichen mit den Anforderungen des Lehrplans, in verschiedenen Fächer von Schüler:innen zu überprüfen bzw. vergleichen zu können? (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum, Kosten, Studienautor:innen/Institution der Durchführung und Thema/Inhalt)
8. Ein zentraler Bestandteil der Geschichtsvermittlung über die NS-Zeit und den Holocaust bieten Besuche von Gedenkstätten wie dem ehemaligen KZ Mauthausen. Wurden Alternativen seitens Ihres Ministeriums bzw. der zugeordneten Stellen erarbeitet, um auch in Zeiten von Distance-Learning und Schulschließungen um hier Alternativen anbieten zu können?
9. Sind Sie hinsichtlich der Gedenkstättenbesuche von Schüler:innen im Austausch mit der, für die Gedenkstätten verantwortlichen Ministerin?
a. Wenn ja, seit wann?
b. Welche Maßnahmen wird Ihr Ressort setzen, um Schüler:innen sicher und rasch den so wichtigen Besuch in der Gedenkstätte eines ehemaligen Konzentrations- und/oder Vernichtungslagers zu ermöglichen?
10. In der Anfragebeantwortung vom 13.07.2020 zur parlamentarischen Anfrage Nr 1988/J-NR/2020 (Antwort zur Frage 3) schreiben Sie, dass die fertige Studie, deren Ergebnisse und Interpretationen jedenfalls „im mit nationalen und internationalen Expertinnen und Experten besetzten wissenschaftlichen Beirat des Holocaust-Education Instituts _erinnern.at_ mit den Studienautorinnen und -autoren zu diskutieren“ sei. Wann wurde diese Studie in diesem wissenschaftlichen Beirat bereits diskutiert? (Bitte Bekanntgabe des konkreten Datums)
a. Welche Maßnahmen wurden seitens Ihres Ressorts im Anschluss daran gesetzt?
11. In der Anfragebeantwortung vom 13.07.2020 zur parlamentarischen Anfrage Nr 1988/J-NR/2020 (Antwort zur Frage 11)[2], wird erwähnt, dass Sie an einer Umsetzung des Regierungsprogrammzieles betreffend einer Umsetzung von Maßnahmen, die ein sicheren Weiterbestehens von _erinnern.at_ gewährleisten sollen, arbeiten. Welche Maßnahmen wurden diesbezüglich bereits gesetzt? (Bitte um detaillierte Beantwortung inkl. Kosten, Zeitplan und konkrete Schritte)
12. In der Anfragebeantwortung vom 13.07.2020 zur parlamentarischen Anfrage Nr. 1988/J-NR/2020 (Antwort zur Frage 13)[3], schreiben Sie, dass die im Regierungsprogramm angekündigte Stärkung der Erinnerungskultur für Jugendliche inner- und außerhalb der Schulen, in Planung sei. Welche Maßnahmen diesbezüglich sind bereits umgesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum, Kosten)
13. Wird es Seitens des Ministeriums langfristige Verträge mit externen Institutionen/Verein geben, die die außerschulische bzw. externe Weiterbildung von Kindern und Jugendlichen im Bereich des Nationalsozialismus vorantreiben?
a. Wenn ja, wer hat bzw. wird solche Verträge erhalten? (Bitte um Bekanntgabe des Namens der Institution/des Vereins, Höhe und Dauer des Auftragsvolumens, konkreter Auftrag und Bundesland)
b. Gibt es aufgrund der aktuellen Situation in Bezug auf Covid-19, eine Änderung in der Planung dieser Maßnahmen? Wenn ja ,welche?
14. Welche Maßnahmen zur Stärkung der Erinnerungskultur für Jugendliche inner- und außerhalb der Schulen sind in Planung? (Bitte um detaillierte Beantwortung inkl. Zeitplan und Kosten)
[1] https://www.profil.at/oesterreich/studie-schueler-wissensluecken-ns-zeit-11472365, abgerufen am 8. März 2021
[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_01988/index.shtml, angerufen am 8. März 2021
[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_01988/index.shtml, abgerufen am 8. März 2021