5868/J XXVII. GP
Eingelangt am 18.03.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Erweiterung der Impfkapazitäten
In Österreich sind die Impfaktionen angelaufen, im März werden 1,1 Millionen Impfdosen geliefert. Damit muss im Vergleich zu den Lieferungen von Jänner und Februar, das Impftempo mehr als verdoppelt werden, wenn nicht sehr hohe Lagerbestände aufgebaut werden sollen. Denn zu Beginn der Impfaktion konnte zentriert in Pflege- und Krankenheimen, sowie in Krankenhäusern geimpft werden. Mit einer steigenden Durchimpfungsrate von Personal und Bewohnern in diesen Einrichtungen, müssen die Impfungen allerdings breitflächiger verteilt werden. In manchen Bundesländern wurden dafür Impfstraßen eingerichtet, in anderen werden die Impfungen an niedergelassene Ärzte verteilt und in den Ordinationen oder bei Hausbesuchen verimpft. Das scheint aber einige organisatorische Probleme auszulösen.
So berichten Bürger aus diversen Bundesländern von falschen Informationen zu Anmeldungsterminen, Impfangeboten an bereits Geimpfte Personen oder stundenlange Wartezeiten auf vereinbarte Hausbesuche für Impftermine. In Wien führte eine mangelnde Differenzierung im Anmeldesystem dazu, dass uneingeplant für zusätzliche Personengruppen Impfstoff bereitgestellt wurde, obwohl diese laut Empfehlung des nationalen Impfgremiumgs geimpft werden sollten(1).
Besonders kritisch sind diese Verteilungsprobleme zu betrachten, wenn man dem Bundeskanzler Vertrauen schenkt. Dieser sprach von einem "Ketchup-Effekt", dass nach einem langsamen Impfstart die Zahl der Impfungen rapide zunehmen würde. Bis März konnte allerdings erst ein Maximum von 170.000 Impfungen pro Woche erreicht werden. Um die Impfstofflieferungen des Monats März alleine zu verimpfen, müsste diese Zahl auf 275.000 Impfungen pro Woche erhöht werden.
Dafür muss aber die geeignete Infrastruktur geschaffen werden und dass dies nur über die Hausärzte möglich wäre bezweifelte auch die Allgemeinmedizinerin Susanne Rabady im Expertenhearing des Gesundheitsausschusses: "Betreffend Impfen, würde ich sagen, treffen Sie bei mir wirklich auf genau die richtige Stelle. Ich glaube, dass wir jetzt sehr schnell sehr viel Klarheit schaffen müssen, wer in dem Moment, in dem genug Impfstoff da ist, wen impfen wird. In den Praxen allein ist das ganz sicher nicht zu schaffen; das ist eine simple Rechnung, das schaffe sogar ich. Ich habe das für meine Praxis ausgerechnet, ich bräuchte nur für die Leute, die unbedingt zu impfen wären, 166 Stunden; 166 Stunden an mehr Arbeit. Das sind vier 40-Stunden-Wochen und das innerhalb eines kurzen Zeitraums. Das geht nicht, das ist einfach nicht machbar. Es gibt auch viel größere Praxen." (2)
Ähnliche Anforderungen stellte ihr Kollege Herwig Kollaritsch, der auf die Notwendigkeit von Infrastruktur für diese Impfungen hinweist: "Wir müssen dann pro Tag um die 100 000 Leute impfen, damit wir in etwa eine Durchimpfung zustande bringen, wie Israel das macht. Das ist eine unglaubliche Herausforderung und wir sollten uns jetzt schon für diese Zeit, in der wir viel Impfstoff haben, überlegen, wie wir das hinkriegen, denn da habe ich schon arge Bedenken, dass das so ohne Weiteres geht." (2)
Bisher scheint der Gesundheitsminister sich bei den Vorbereitungen aber eher auszunehmen und sieht die Verantwortung bei den Bundesländern: "Na ja, wir haben uns darauf geeinigt, dass der Bund die Impfdosen beschafft, den Impfplan vorgibt und die Logistik umsetzt - und dass die Länder die Impfung durchführen. Dass es regional unterschiedliche Modelle gibt, ist in Ordnung. Ich erwarte mir von den Ländern, dass sie sich perfekt auf die großen Impfmengen des zweiten Quartals vorbereiten." Gleichzeitig sollen im zweiten Quartal laut Gesundheitsminister aber 100.000 Impfdosen pro Tag verimpft werden. (3) Eine Erweiterung der Kapazitäten, indem andere Berufsgruppen die Berechtigung zum Impfen erhalten, schließt BM Anschober aus, da er Impfen zum Schutz der Patientensicherheit als rein ärztliche Kompetenz sieht (4). Dennoch wurde Sanitätern per Gesetz die Impfkompetenz zugesprochen, zu anderen Berufsgruppen gibt es keine Informationen. Fraglich ist also, wie die Ankündigungen tatsächlich umgesetzt werden, sodass die gelieferten Impfungen auch so bald wie möglich einem möglichst großen Teil der Bevölkerung verimpft werden können.
(1) https://twitter.com/mariodujakovic/status/1367074369231552514?s=20
(2) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AD/AD_00004/fnameorig_887922.html
(3) https://kurier.at/politik/inland/anschober-bis-zu-100000-dosen-am-tag-verimpfen/401195012
(4) https://www.noen.at/in-ausland/patientenschutz-anschober-impfung-soll-von-aerzten-vorgenommen-werden-oesterreich-epidemie-impfstoffe-viruserkrankung-oesterreich-coronavirus-impfung-231888005
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Nach welchen Kriterien werden Bürger von wem informiert, dass eine Impfung für sie zur Verfügung steht?
a. Wie wird bei diesen Informationen differenziert zwischen Personen, die eine Impfung aufgrund beispielsweise Ihres Alters, einer Risikogruppenzugehörigkeit oder Ihres Berufs erhalten?
b. Erfolgen die Informationen aus diesen verschiedenen Gründen immer von derselben Stelle (bspw Bundesland, Sozialversicherung oder Arbeitgeber)?
2. In welchem System werden Informationen über Kontaktaufnahme und Terminvergabe verwaltet, damit es nicht zu Mehrfach-Impfeinladungen an einzelne Bürger kommt?
a. Von wem wurde dieses System entwickelt?
b. Wer verwaltet es?
c. Falls es keine derartige Erfassung gibt: Wie soll verhindert werden, dass Personalkapazitäten in Impfangebote an bereits Geimpfte Personen gesteckt werden?
3. Wie sollen die Kapazitäten für Impfungen ausgebaut werden? (Bitte um Aufschlüsselung konkreter Maßnahmen)
4. Welche Ärzte sollen in die die Impfprogramme involviert werden und wie viele Ärzte sind berechtigt, Personen zu impfen (bspw Unterschiede zwischen niedergelassenen und angestellten Ärzten, Unterschiede nach Fachrichtung)?
a. Wie hoch ist der Kostenersatz für Ärzte pro Impfung?
b. Wie werden die Impfungen an niedergelassene Ärzte verteilt?
c. Wie wird garantiert, dass die jeweiligen Impfpräparate richtig gelagert bzw transportiert werden?
d. Wie können Kühlketten bei Impfungen, die bei Hausbesuchen verimpft werden, garantiert werden?
e. Wie sollen Ärzte die Impfbereitschaft Ihrer Patienten erheben?
f. Wie sollen Ärzte erheben, welche Patienten zu welchem Zeitpunkt geimpft werden sollen?
5. Welche Rolle spielen Sanitäter für flächendeckende Impfungen?
a. Wie viele Sanitäter dürfen Impfungen verabreichen?
b. Wie verhält sich das Verhältnis von Ärzten zu Sanitätern in Impfstraßen?
c. Wie wird garantiert, dass Patienten vor einer Impfung durch einen Sanitäter ein medizinisches Aufklärungsgespräch und eine Tauglichkeitsuntersuchung hatten?
6. Gibt es Pläne weiteren Berufsgruppen per Gesetz die Impfkompetenz zu zusprechen (bspw. Pflegekräfte, Apotheker ö.ä.)?
a. Wenn ja, welche und warum diese Berufsgruppen?
b. Wenn nein, warum nicht?
c. Wenn nein, wie sollen Ärzte und Sanitäter eingesetzt werden, um die Impfkapazitäten pro Tag zu erhöhen?
7. Welche Rolle spielen Impfstraßen in der flächendeckenden Impfstrategie?
a. Gibt es Vorgaben an die Bundesländer, wie viele Impfungen pro Tag möglich sein müssen?
b. Wenn ja, wie hoch ist diese zu welchem Zeitpunkt (Bitte um Aufschlüsselung der geplanten Kapazitäten pro Tag für jedes Monat 2021 inklusive Angabe der anvisierten Liefermengen)?
c. Wenn nein, warum nicht?
d. Wenn nein, wie soll garantiert werden, dass gelieferte Impfungen auch tatsächlich verimpft und nicht nur gelagert werden?