5893/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.03.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Ministeriumsübergreifende Pandemiebekämpfung

Die Coronakrise hat uns gezeigt, dass kein Land eine Insel ist. Ebenso ist kein Ministerium von anderen unabhängig und so kam es beispielsweise bei den Beschaffungen auch rasch zu Kooperationen zwischen den einzelnen Ressorts. Allerdings waren viele der gesetzten Maßnahmen Reaktionen, im Bereich der Planung ist wenig bekannt. Klar ist allerdings, dass das Gesundheitsministerium nicht die einzige involvierte Stelle ist. So wurde beispielsweise vom Verteidigungsministerium bereits im Zustandsbericht 2019 eine Pandemie als ein Bedrohungsszenario beschrieben, das nicht richtiger vorhergesagt werden hätte können:

"Eine Pandemie ist die unkontrollierte Ausbreitung einer hochansteckenden Infektionskrankheit, beispielweise (sic!) mit Grippeviren, die nicht eingedämmt werden kann. Im Falle einer Pandemie bei Menschen könnte es dazu kommen, dass in einer ersten Phase von bis zu sechs Monaten kein Impfstoff bzw. keine Medikation zur Verfügung stünde. In einer zweiten Phase wäre zwar ein Impfschutz entwickelt, die Produktionskapazitäten würden für den großen Bedarf jedoch nicht ausreichen. Aufgrund einer Vielzahl an Toten und massenhaft Erkrankten hätte dies massive Auswirkungen auf das Funktionieren von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Im Extremfall dürften die Menschen ihre Häuser nicht verlassen, es käme zu massiven Versorgungsengpässen, die Krankenhäuser, Sanitätszentren und mobilen medizinischen Dienste wären überfordert." (1)

Seitens des Verteidigungsministeriums wurde das Sicherheitsrisiko einer Pandemie mit über 90 Prozent bewertet, die Wahrscheinlichkeit wurde zwar nur bei rund 40 Prozent eingeschätzt, allerdings mit steigender Tendenz. Noch im selben Jahr wurde die Wahrscheinlichkeit in der Sicherheitspolitischen Analyse für das Jahr 2020 auf rund 55 Prozent erhöht. Da gleichzeitig das Global Preparedness Monitoring Board die internationale Sicherheitsvorsorge gegen eine Pandemie als unzureichend betrachtete, betonte das Verteidigungsministerium die Notwendigkeit der Pandemievorsorge.

Wichtige Kernpunkte dieser Vorsorge waren:

· Planung und Koordination des öffentlichen Gesundheitssystems mit Fokus auf die Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen von Bund, Ländern, Gemeinden und internationaler Vernetzung

· Berücksichtigung von Strukturen für Sicherheit, Verkehr, Energieversorgung, Trinkwasser- und Nahrungsmittelversorgung, sowie Bildung

· koordinierte Vorgangsweise der Medien und Berichterstattung

· Stetige Evaluierung, Aktualisierung der Pandemiepläne und regelmäßige Übung des Zusammenwirkens aller Beteiligten

· Aufbau rascher Detektionsmöglichkeiten im Rahmen nationaler und internationaler Surveillance-Systems, um Infektiosität und Kontagiosität einzuschätzen

· Vorbereitung auf eine Impfpflicht-Debatte

· Aufbau von Lagerbeständen an Virustatika oder Antibiotika

· Erweiterung der Strukturen von Quarantänestationen, Hochisoliereinheiten und Patiententransportmöglichkeiten (2)

Laut Zustandsbericht des Ministeriums wäre das Bundesheer im Fall einer Pandemie jedenfalls ein "essenzieller Bestandteil jeglicher Risikobewältigungsstrategien", in der Sicherheitspolitischen Analyse 2020 werden hierzu das SKKM, Lagerungs- und Transportmöglichkeiten, sowie speziell geschultes Personal und die Bereitstellung von Strukturen erwähnt. Dafür gäbe es aber eine Bedingung: " – vorausgesetzt die notwendigen personellen, materiellen und infrastrukturellen Ressourcen sind sichergestellt." Und weiter: "Gegenwärtig ist dies aber nicht der Fall."

Offen bleibt, welche Szenarien und Maßnahmen das BMLV in seiner Vorbereitung tatsächlich abgedeckt hatte und welche Informationen für mögliche Maßnahmen an die zuständigen Stellen beispielsweise im Bundesministerium für Gesundheit weiter geleitet wurden.

(1) https://www.bundesheer.at/archiv/a2019/unserheer2030/pdf/zustandsbericht_unserheer2030.pdf

(2) https://www.bundesheer.at/pdf_pool/publikationen/sipol_jahresvorschau2020.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Welche Pläne zur Pandemiebekämpfung hatte das Verteidigungsministerium im Rahmen seiner Vorbereitung auf mögliche Bedrohungsszenarien aufliegen?

2. Wann waren diese zuletzt aktualisiert worden?

3. Waren diese Pläne zu einem früheren Zeitpunkt in den vergangenen fünf Jahren dem Ministerrat kommuniziert worden?

a. Wenn ja: Wann genau wurden welche Pandemieszenarien vorgestellt (Bitte um Auflistung der Sitzungen)?

4. Auf welchen Ebenen soll diesen zufolge Koordination zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und auch Nachbarländern stattfinden? (Bitte um Übermittlung der einzelnen Maßnahmen)

a. Wurden diese Maßnahmen, wie Kooperationen aussehen sollten, zu Beginn der Pandemie mit anderen Ministerien besprochen? (Bitte um Auflistung, welche Maßnahmen wann bei welcher Stelle zur Umsetzung vorgestellt wurden)

b. Welche dieser Maßnahmen wurden - soweit das BMLV weiß - umgesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Maßnahmen, zuständiger Stelle und Implementierungszeitraum)

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

5. Welche Strukturmaßnahmen waren seitens des BMLV im Falle einer Pandemie in folgenden Bereichen geplant: Sicherheit/ Verkehr/ Energieversorgung/ Trinkwasser- und Nahrungsmittelsicherheit/ Bildung

a. Welche Strukturmaßnahmen wurden durch das BMLV den jeweiligen zuständigen Stellen zur Umsetzung vorgeschlagen? (Bitte um Auflistung, welche Maßnahmen wann bei welcher Stelle zur Umsetzung vorgestellt wurden)

b. Welche dieser Maßnahmen wurden - soweit das BMLV weiß - in den jeweiligen Bereichen umgesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Maßnahmen, zuständiger Stelle und Implementierungszeitraum)

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

6. Welche Vorgangsweise war seitens des BMLV im Umgang mit Medien im Falle einer Pandemie vorgesehen?

a. Welche Vorschläge wurden seitens des BMLV an zuständige Stellen weitergeleitet? (Bitte um Auflistung, welche Maßnahmen wann bei welcher Stelle zur Umsetzung vorgestellt wurden)

b. Welche dieser Maßnahmen wurden - soweit das BMLV weiß - umgesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Maßnahmen, zuständiger Stelle und Implementierungszeitraum)

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

7. Welche Maßnahmen waren seitens des BMLV zur Evaluierung und Aktualisierung von Pandemieplänen vorgesehen?

a. Auf welche Maßnahmen beziehungsweise deren Notwendigkeit wurden andere Stellen vom BMLV hingewiesen? (Bitte um Auflistung, welche Maßnahmen wann bei welcher Stelle zur Umsetzung vorgestellt wurden)

b. Welche dieser Maßnahmen wurden von den jeweiligen Stellen - soweit das BMLV weiß - tatsächlich umgesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Maßnahmen, zuständiger Stelle und Implementierungszeitraum)

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

8. Welche Übungen zum Zusammenwirken verschiedener Beteiligter (Einsatzorganisationen, Bundesheer, Krankenhäuser oÄ) waren seitens des BMLV zur Vorbereitung auf eine potenzielle Pandemie vorgesehen?

a. Wie häufig waren diese Übungen in den vergangenen zehn Jahren durchgeführt worden?

b. Welche der vorgesehenen Beteiligten nahmen an derartigen Übungen tatsächlich teil?

9. Welche Surveillance-Systeme zur Erhebung von Infektiosität und Kontagiosität wären seitens des BMLV vorgesehen gewesen?

a. Rückwirkend wären im Falle der SARS-CoV-2-Pandemie ein breites Netz an PCR-Testkapazitäten, sowie flächendeckendes Sequenzieren von Virusproben die entsprechenden Maßnahmen gewesen. Welche Beschaffungs- / Organisationsmaßnahmen wären seitens des BMLV für so einen Fall vorgesehen gewesen?

b. Wurden diese Maßnahmen den zuständigen Stellen vorgestellt? (Bitte um Auflistung, welche Maßnahmen wann bei welcher Stelle zur Umsetzung vorgestellt wurden)

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

10. Welche Handlungsempfehlungen hat das BMLV bezüglich einer Impfplicht?

a. Welche Handlungsempfehlungen gibt es seitens des BMLV zur Moderation der Imfppflicht-Debatte?

11. Welche Lagerbestände an Virustatika und Antibiotika empfiehlt das BMLV in seinen Plänen zur Pandemiebewältigung?

a. Welche Lagerbestände gab es nach Wissensstand des BMLV zu Beginn der Pandemie in Österreich?

b. Welche Maßnahmen hätte das BMLV zum Ausbau dieser Lagerbestände vorgesehen gehabt?

c. Welche Maßnahmen wurden getroffen?

d. Wie bewertet das BMLV die getroffenen Maßnahmen?

12. Welche Maßnahmen zur Schaffung von Quarantänestationen, Hochisoliereinheiten und Patientransportmöglichkeiten wären seitens des BMLV im Falle einer Pandemie vorgesehen gewesen?

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

13. Welche weiteren Maßnahmen waren seitens des BMLV zur Vorbereitung auf eine Pandemie vorgesehen gewesen (bspw Lagerbestand an Schutzausrüstung)?

b. Welche dieser Maßnahmen wurden - soweit das BMLV weiß - in den jeweiligen Bereichen umgesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Maßnahmen, zuständiger Stelle und Implementierungszeitraum)

c. Bei welchen getroffenen Maßnahmen hatte das BMLV andere Handlungsempfehlungen abgegeben? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen und der zugehörigen Empfehlung des BMLV)

14. In der Sicherheitspolitischen Analyse 2020 steht, dass die "notwendigen personellen, materiellen und infrastrukturellen Ressourcen" seitens des Bundesheeres zur Erfüllung der Aufgaben im Rahmen der Pandemiebekämpfung nicht gegeben waren. Welche konkreten Aufgaben wären laut BMLV in den Bereich des eigenen Handlungsfeldes gefallen?

a. Welche dieser Aufgaben wurden seit Februar 2020 vom Bundesheer durchgeführt?

b. Für welche Aufgaben wurde auf andere Stellen wie beispielsweise Einsatzorganisationen zurückgegriffen?

c. Welche Aufgaben wurden gemäß der geplanten Maßnahmen nach Abschätzung des BMLV nur unzureichend erfüllt?

d. Welche konkreten Maßnahmen wären nötig, damit diese Aufgaben im Falle einer neuerlichen Pandemie erfüllt werden könnten?

15. Welche theoretisch vorgesehenen Maßnahmen haben sich in der Praxis der Pandemiebekämpfung als obsolet erwiesen?

16. Welche Maßnahmen waren theoretisch nicht vorgesehen und mussten in der Praxis dennoch gesetzt werden?

17. Wie werden sich diese auf die zukünftige Strategie des BMLV in der Pandemieplanung auswirken?