5905/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.03.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend offene Fragen zu Geschäftsraummieten

 

Die österreichischen Unternehmer_innen stehen aufgrund der rigorosen behördlichen Schließungen, vor existentiellen Problemen und kämpfen um das Überleben. Der zum Teil gänzliche Wegfall der Geschäftsgrundlagen führt quer über alle Branchen zu akuten Liquiditätsproblemen. Seit Beginn der Krise 2020 stellen sich somit für Geschäftsraummieter_innen wie Vermieter_innen solcher Räumlichkeiten unter anderem die wesentliche Frage, ob die Mieten für Geschäftsräume trotz der behördlichen Maßnahmen weiterhin (in vollem Umfang) bezahlt werden müssen. Diesbezüglich herrscht derzeit große Unsicherheit und Unwissenheit bei den Unternehmer_innen in Bezug auf allfällige Mietzinsminderungsansprüche bei Geschäftsraummieten in Folge Unbrauchbarkeit des Bestandsobjekts (§§ 1096, 1104, 1105 ABGB).

 

In den FAQ zum Fixkostenzuschuss 800.000 (FKZ 2) steht, dass „bis zur Klärung der Rechtslage auch nur unter Vorbehalt einer späteren Rückforderung“ der auf diesen Bestandzinsteil entfallenden Betrag des FKZ 2 ausgezahlt wird. Die andauernde rechtliche Unsicherheit schafft somit einen Berg an Rückzahlungsforderungen, die wiederum eine Prozesslawine mit sich bringen wird. Zwar ist es immerhin positiv, dass die Bestandzinsen als Aufwendungen zunächst berücksichtigt werden können, wenn mit dem Bestandgeber kein Einvernehmen erzielt wird. Wegen ausbleibender Informationen der Bundesregierung in diesem Bereich ist aber kritisch zu hinterfragen, warum ein Bestandnehmer laut FAQ für einen Anspruch jedenfalls „Zweifel gegenüber dem Bestandgeber hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der (Höhe der) getätigten Bestandzinszahlung“ schriftlich bekräftigen muss und sich dabei vorbehalten muss, „die Leistung des Bestandzinses zurückzufordern, sollte die Leistung (rechts)grundlos gewesen sein“. Viele Unternehmer_innen, die das nicht genau so gemacht haben, bekommen die Kosten nicht ersetzt und müssen lange und kostspielige Verfahren dazu führen. Zahlreichen Unternehmer_innen verstehen daher nicht, warum der Bundesminister für Finanzen eine solche Ausgestaltung des Instruments gewählt hat.

Gemäß dem FAQ ist es "nicht zumutbar (ist), dass das Unternehmen einen Rechtsstreit mit unsicherem Ausgang mit dem Bestandgeber riskiert. Dieser Gedanke ist jedoch nicht zu Ende gedacht, da Mieter_innen regelmäßig unter Vorbehalt die Miete weiterhin zahlten, um keinen etwaigen Kündigungsgrund zu verwirklichen bzw. die Verlängerung eines befristeten Mietvertrags nicht zu riskieren. Kommt es nun zu keiner Einigung werden Mieter_innen nun gezwungen binnen 3 Jahren die zuviel bezahlte Miete gerichtlich einzuklagen, um einer Verjährung der Ansprüche zu entgehen.

 

Es stellen sich somit zahlreiche Fragen in Hinblick darauf, welche konkreten Abläufe der Bundesminister für Finanzen bei der Erstellung des Fixkostenzuschuss 2 im Auge hatte.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Nach welchen Kriterien sollte der Intention dieses Instruments nach eine Prüfung der Erfüllung dieser Schadensminimierungspflicht betreffend Bestandzinsen im Hinblick darauf, dass höchstgerichtliche Judikatur zu §§ 1104 f ABGB iZm der aktuellen Pandemie fehlt, erfolgen?

2.    Wer sollte der Intention dieses Instruments nach die Bestandzinsminderung prüfen? Der Antragsteller, die COFAG, die Gerichte?

3.    Wurde bei der COFAG abgefragt, ob im Zuge der Gewährung von Fixkostenzuschüssen bereits Überprüfungen der Schadensminimierungspflicht durchgeführt wurde?

a.    Wenn ja, wie viele wurden bereits durchgeführt?

                                      i.Bei wie vielen Verfahren stellte die COFAG eine Verletzung der Schadensminimierungspflicht fest?

                                    ii.Bei wie vielen Verfahren forderte die COFAG Fixkostenzuschüsse zurück?

b.    Wenn nein, warum wurde dies noch nicht abgefragt?

4.    Wann besteht der Intention dieses Instruments nach eine Pflicht zur Rückzahlung des auf die Miete entfallenden Betrags des Fixkostenzuschusses?

5.    Können der Intention dieses Instruments nach Mieter_innen einen Rechtsirrtum geltend machen, wenn vorbehaltslos entgegen der Förderrichtlinien der COFAG die volle Miete gezahlt wurde?

a.    Bitte um detaillierte Darstellung der Rechtsansicht

6.    Sind der Intention dieses Instruments nach spezielle Rückzahlungsmodelle für unberechtigt erhaltene Fixkostenzuschüsse vorgesehen?

a.    Wenn ja welche? Bitte um Angabe der Rahmenbedingungen der Modelle.

b.    Wenn nein, wie beabsichtigt das BMF die Unternehmen, die derartige Zuschüsse schon ausgegeben haben, vor der drohenden Insolvenz zu bewahren?

7.    Wann besteht der Intention dieses Instruments nach der Verdacht auf Förderbetrug im Bezug auf die Schadensminimierungspflicht?

8.    Ist das BMF in Verbindung mit dem BMJ, um sich auf die erst am Anfang befindliche Zivilverfahrenswelle betreffend Bestandsverhältnisse vorzubereiten?

9.    Erfolgte bei der Erstellung dieses Instruments eine Einschätzung über die Zahl sich daraus ergebenden zivilgerichtlichen Verfahren? Wenn nein, inwiefern wurde diese Rechtsunsicherheit mit Vertretern des BMJ abgeklärt?

10. Inwiefern wurde bei der Erstellung des Instruments eine Möglichkeit berücksichtigt zivilrechtliche Ansprüche, die der/die Antragsteller_in gegen den/die Vermieter_in hat, der COFAG zu zedieren, um Unternehmen hinsichtlich Prozesskosten und Prozessrisiko zu entlasten? Wurden oder werden Maßnahmen vorbereitet, um eine solche Hilfestellungen für Betroffenen sicherzustellen? Fanden Gespräche dazu mit der COFAG und/oder dem BMJ statt?

11. Handelt es sich der Intention dieses Instruments nach bei den staatlichen Coronaunterstützungsleistungen um ein stellvertretendes Commodum, das dem/der Vermieter_in herauszugeben ist? Bitte um detaillierte Erläuterung

12. Plant das BMF eine Gesetzesänderung bezüglich der §§ 1104, 1105 und 1096 ABGB anzuregen, um Rechtssicherheit und Planungssicherheit für die Unternehmen herzustellen? Bitte um Begründung

13. Ist das BMF mit dem BMJ in Verbindung, um Richter_innen bezüglich der Auswirkungen ihrer Urteile im Bezug auf die staatlichen Coronahilfen zu informieren?