604/J XXVII. GP
Eingelangt am 22.01.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits und GenossInnen
an den Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und
Konsumentenschutz
betreffend Transparenz über Lieferengpässe von Medikamenten und Impfstoffen sowie die Herkunft der Inhaltsstoffe
In den letzten Jahren kommt es bei Arzneimitteln vermehrt zu Vertriebseinschränkungen; dieses Problem trifft nicht nur Österreich, sondern ist EU- bzw. weltweit zu beobachten.
Schätzungen zufolge kommen mittlerweile mehr als 90 % aller weltweit hergestellten Antibiotika aus Indien und China. Die Grundsubstanzen werden in China hergestellt, in Indien weiterverarbeitet und dann in die gesamte Welt exportiert. Günstige Preise für die Substanzen durch niedrige Lohnkosten und geringere Sozial- und Umweltstandards spielen bei der Produktionsverlagerung keine unerhebliche Rolle. Dies kann allerdings zu erheblichen „Nebenwirkungen“ führen: die Konzentration auf wenige Herstellungsstätten für Arzneimittel und Wirkstoffe können ein Grund für Lieferengpässe sein, ebenso wie Qualitätsmängel bei der Herstellung oder Produktions- und Lieferverzögerungen bei Rohstoffen.
Die primäre Verantwortung, die Lieferfähigkeit von Arzneimittel aufrecht zu erhalten, liegt grundsätzlich beim Zulassungsinhaber bzw. beim Großhändler (§ 57a. (1) Arzneimittelgesetz). Es ist sicher zu stellen, dass der Bedarf der Patientinnen und Patienten im Inland gedeckt ist.
Da die geltende Rechtslage (§ 34 Arzneimittelbetriebsordnung AMBO 2009) nur die Meldung einer Vertriebseinschränkung aufgrund eines Qualitätsmangels verpflichtend vorsieht, soll mit einer Verordnung des BMASGK die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung erfolgen. Vorgesehen ist eine Meldepflicht des Zulassungsinhabers bei jeder Einschränkung der Vertriebsfähigkeit einer verschreibungspflichtigen Arzneispezialität im Inland an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen sowie ein Verbot des Exports der vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen veröffentlichten Arzneispezialitäten in eine andere Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraums. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die betroffenen verschreibungspflichtige Arzneispezialitäten zur Deckung des Bedarfs der Patienten/-innen im Inland erhalten bleiben .
Da die Gefahr von Vertriebseinschränkungen durch die fortschreitende globale Entwicklung in den letzten Jahren am Zunehmen ist, müssen rasch geeignete Maßnahmen gesetzt werden, um eine Trendumkehr zu bewirken.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage:
1. In 3875/AB XXVI. GP wurde auf eine Task-Force hingewiesen, die Problemstellungen
im Konnex mit Vertriebseinschränkungen für Medikamente bearbeiten sollte.
Wer waren die TeilnehmerInnen dieser Task-Force? Welche konkreten Resultate
wurden in dieser Task-Force erarbeitet? Wird die Task-Force weitergeführt
werden?
2. Nach Angaben der Europäischen Arzneimittelagentur haben rund 80%
der Hersteller pharmazeutischer Substanzen, die in Europa vertrieben werden,
ihren Sitz außerhalb Europas. Die Konsequenz dessen ist, dass die
pharmazeutische Industrie in Europa immer weiter abnimmt, was auch einen Verlust
an Unabhängigkeit im Gesundheitsbereich bedeutet. Besonders problematisch
ist dabei der Wegfall von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Gibt es
strategischer Überlegungen, Produktionsstandorte aus dem Ausland wieder
zurück in die EU zu holen und wenn ja, welche?
3. Erst kürzlich hat das ö. Pharmaunternehmen Sanochemia
Pharmazeutika AG Insolvenz angemeldet; hauptbetroffen ist der
Produktionsstandort im burgenländischen Neufeld/Leitha mit 140
MitarbeiterInnen. Auch wenn die Sanochemia Medienberichten zufolge damit
rechnet, Ende 2019 die volle Betriebsbewilligung wieder erlangt zu haben stellt
sich die Frage: welche Strategien verfolgt Ihr Ressort, um bessere Bedingungen
für eine ortsnahe Produktion von Medikamenten zu schaffen? Welche
Möglichkeiten sehen Sie, dass sich die pharmazeutischen Unternehmen ihrer
berufsethischen Verpflichtung und ihrer Verantwortung, zur Sicherstellung der
öffentlichen Gesundheit beizutragen, bewusster werden?
4. Welche Maßnahmen wären aus Sicht Ihres Ressorts weiter dazu geeignet, die Gewährleistung der Versorgungskontinuität mit pharmazeutischen Grundsubstanzen zu sichern, um so eine zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen?