6130/J XXVII. GP
Eingelangt am 26.03.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Streitigkeiten über Pflegegeldleistungen vor dem Arbeits- und Sozialgericht
Die für Arbeit und Soziales zuständigen Gerichte sind für Streitigkeiten bei Pflegegeldleistungen zuständig. Der Antrag auf Pflegegeld kann beim jeweiligen Pensionsversicherungsträger eingebracht werden. In weiterer Folge erfolgt ein Hausbesuch durch einen Arzt beziehungsweise eine Ärztin oder in manchen Fällen durch eine diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson, um den Pflegebedarf festzustellen. Der pflegebedürftige Mensch hat das Recht, bei der Begutachtung eine Vertrauensperson beizuziehen, die Angaben zur konkreten Pflegesituation machen kann. Auf Grundlage dieses Gutachtens entscheidet die zuständige Stelle über die Zuordnung zu einer Pflegegeldstufe mittels Bescheid. Gegen diesen Bescheid kann Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht werden. Ein allfälliges Pflegegeld wird rückwirkend ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat ausbezahlt.
Die schriftliche Anfrage Nr. 5071/J der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA vom 20. Jänner 2021 hatte „Ärztliche Gutachten hinsichtlich des Bezugs von Pflegegeld in Zeiten der COVID-19 Pandemie“ zum Thema und wurde seitens des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz am 18. März 2021 mit der Nr. 5029/AB beantwortet.
Darin hieß es: Nach dem Grundsatz der sukzessiven Kompetenz hat das Sozialgericht nicht die Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, sondern ein eigenes Verfahren durchzuführen und aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen vollkommen neu zu entscheiden. Durch die Klage tritt der Bescheid des Entscheidungsträgers außer Kraft und das Gericht prüft nun in einem völlig neuen Verfahren, ob und in welcher Höhe ein Pflegegeld gebührt.
Weiters wurde, betreffend etwaiger Personalaufstockungen, festgehalten: Derzeit sind etwaige Personalaufstockungen nicht geplant. Die Entscheidungsträger greifen in Pflegegeldverfahren überwiegend auf externe Gutachter*innen zu und sind laufend bemüht, ausreichend Ärzte*innen und Pflegefachkräfte zur Verfügung zu haben, um sicherzustellen, dass das Pflegegeldverfahren nach 60 Tagen abgeschlossen werden kann.
Die nicht geplante Personalaufstockung bezog sich nicht auf jene Untersuchungen, die im Rahmen einer Klage vor dem Arbeits- und Sozialgericht durchzuführen sind. Die Kronenzeitung berichtete am 13. Jänner 2021 über eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht, bei der sich der Sachverständige fünf Monate lang bzw. überhaupt nicht bei der Patientin meldete und diese mittlerweile auch verstarb, bevor ein Gutachten erstellt werden konnte.
In diesem Artikel wird unter anderem festgehalten: Auch dem Gericht ist die lange Zeitdauer aufgefallen. Man habe - allerdings erst im Dezember - das Gutachten urgiert, teilte man auf unsere Anfrage mit. Ergänzend wolle man festhalten, dass seit Jahren die gerichtsinternen Bemühungen, die viel zu geringe Anzahl der medizinischen Sachverständigen im Bereich des Pflegegeldes zu erhöhen, keinen zufriedenstellenden Erfolg brachten.[1]
Der Artikel erweckt einmal mehr den Eindruck, dass Pflegebedürftige in Sachen Überprüfung der Pflegestufe extrem lange Wartezeiten in Anspruch nehmen müssen, wenn eine Klage eingebracht wird.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Klagen in Sachen Überprüfung des Pflegegrades wurden bei den zuständigen Sozialgerichten in den Jahren 2015 bis 2020 eingebracht? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern)
2. Wie viele Klagen wurden im laufenden Jahr eingebracht?
3. Wie viele Klagen waren jeweils in den Jahren 2015 bis 2021 offen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern)
4. Wie viele Klagen wurden in den Jahren 2015 bis 2021 abgeschlossen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern).
5. Wie lange (wie viele Tage) dauern im Durchschnitt die Verfahren bei Klagen in Sachen Überprüfung des Pflegegrades?
6. Sind Ihrem Ministerium weitere Fälle (wie der oben geschilderte) bekannt, bei denen Betroffene fünf Monate oder länger warten mussten, bis ein Gutachter die Zeit fand, den jeweiligen Fall zu bearbeiten?
a. Wenn ja, welche Maßnahmen wird Ihr Ministerium treffen, damit solche extremen Wartezeiten der Vergangenheit angehören?
7. Wie viele Fälle in den Jahren 2015 bis 2021 sind Ihrem Ministerium bekannt, bei denen die Verfahrensdauer über ein Jahr lang gedauert hat? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern)
8. Wie viele Fälle in den Jahren 2015 bis 2021 gab es, bei denen die Verfahrensdauer maximal ein halbes Jahr gedauert hat? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern)
9. Auf wie viele Gutachter können die Sozialgerichte aktuell zugreifen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern)
10. Ist an eine Aufstockung der Gutachter gedacht?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, wie sehen die Aufstockungspläne im Detail aus?
c. Wann kann mit der konkreten Umsetzung gerechnet werden?
11. Wie viele Klagen wurden in den Jahren 2015 bis 2021 von den zuständigen Sozialgerichten abgewiesen? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern.
12. Bei wie vielen Klagen wurden in den Jahren 2015 bis 2021 den Klägern Recht gegeben? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern.
13. Bei wie vielen Klagen in den Jahren 2015 bis 2021 wurde die Klage fortgeführt, obwohl die pflegebedürftige Person bereits verstorben war? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern)
14. Bei wie vielen Klagen in den Jahren 2015 bis 2021 konnte der Pflegegrad der betroffenen Person nicht mehr festgestellt werden, weil sie verstarb, bevor eine Überprüfung durch den Arzt vorgenommen werden konnte? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern)