6132/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.03.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-19: Chaos beim Wiener Impfservice

 

 

Zwei OTS-Aussendungen des bekannten Wiener Journalisten, Publizisten und Gastronomen Dr. Stefan Gergely im Zusammenhang mit dem Chaos beim Wiener Impfservice im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie lassen aufhorchen:

 

„Covid-19: Chaos beim Wiener Impfservice

 

Ein 73-jähriger AKH-Professor im Ruhestand, bereits einmal geimpft, erhielt vor kurzem zahlreiche SMS mit verschiedenen Terminen für eine erste und zweite Impfung.

 

Ich habe bisher keine Mitteilung vom Impfservice mit einer Korrektur erhalten, dass die mir zugesandten SMS für andere gedacht waren“, versichert Gerhard Tappeiner.

 

Wien (OTS) - „Wir haben für Sie nun einen fixen Termin für Ihre zweite Teilimpfung der Corona-Schutzimpfung gebucht“, so lautet eines der SMS an Gerhard Tappeiner, Professor am Wiener AKH im Ruhestand. Er möge sich am 3. April 2021 um 16 Uhr im Impfzentrum Martinstraße einfinden.

Wenig später erhält Tappeiner ein zweites SMS: Frau Elvira Lehrl möge sich am 15. Juni um 16:35 Uhr im Austria Center Vienna einfinden. Es folgt ein weiterer Termin am 11. Juni 2021 um 15:50 um 7:15 Uhr für Johann Zahradnik, und danach ein Termin am 16. Juni 2021 um 15:50 um 7:15 für Erich Benseler. Ein viertes SMS setzt den Impftermin erst am 16. Juni 2021 um 7:15 an.

Tatsache ist, dass der Arzt am 6. März 2021 um 16 Uhr seine erste Teilimpfung im Impfzentrum Martinstraße bekommen hat und die Nebenwirkungen geringfügig waren.

Das hindert das Wiener Impfservice der MA 15 (Gesundheitsdienst der Stadt Wien) aber nicht, ihm drei weitere Termine für eine Erstimpfung zu senden: Am 23. März 2021 um 16:35 Uhr ist der eine anberaumt, um vier Tage früher, am 19.3.2021 um 15:50 Uhr der zweite. Dann folgte noch ein dritter Termin für eine Erstimpfung am 24.3. 2021 um 7:15 Uhr.

Aus den zahlreichen SMS des Wiener Gesundheitsamtes lässt sich erschließen, dass viele dieser Mitteilungen offenbar für andere Personen bestimmt sind - was schon datenschutzrechtlich unzulässig sein dürfte.

Schwerer wiegt jedoch, dass völlig unklar bleibt, ob die Personen, für die diese Termine gedacht waren, ihre Termine überhaupt bekommen haben oder ob nur Tappeiner verständigt wurde.

Es darf weiter gefragt werden, in vielen anderen Fällen ähnliche Falsch-SMS versendet wurden und werden und was mit ihnen passiert ist.

„Ich habe bisher keine Mitteilung vom Impfservice mit einer Korrektur erhalten, dass die mir zugesandten SMS für andere gedacht waren“, versichert Gerhard Tappeiner.

Fazit: Das Chaos beim Wiener Impfservice erreicht ein ungeahntes Ausmaß. Immerhin geht es beim Impfen gegen die Pandemie um Menschenleben. Wann ziehen die politisch Verantwortlichen die Konsequenzen aus diesem organisatorischen Debakel und treten zurück?“

 

Covid-19: Chaos beim Wiener Impfservice | Dr. Stefan Gergely, 14.03.2021 (ots.at)

 

„Covid-19: Chaos beim Wiener Impfservice Teil 2

 

Es werden Doppeltermine für Impfungen vergeben, eine Registrierung ist offenbar verschwunden, ein Arzt erhält mehrere Impftermine, die für andere Personen bestimmt sind.

 

Wien (OTS) - Die Chronik des Versagens: Der 92-jährige Leopold B. aus Wien-Margareten erhält am 26. Februar 2021 um 12:31 ein SMS mit einer Terminerinnerung für seine erste Teilimpfung am 27. Februar um 10:15 Uhr im Impfzentrum Gasgasse.

Am 27. Februar 2021 um 12:31 folgt ein SMS mit einem zweiten „fixen Termin für die erste Teilimpfung“ am 16. März 2021 um, 9:10 Uhr, diesmal an einem anderen Ort, im TownTown Impfzentrum.

Das Verwirrspiel wiederholt sich: Zuerst wird eine zweite Teilimpfung für den 20. März 2021 anberaumt, einige Zeit später kommt ein SMS mit fixem Termin für eine nochmalige „zweite Teilimpfung“ erst am 6. April.

„Diese Doppeltermine haben große Verunsicherung erzeugt“, berichtet dessen Tochter Claudia B. Zumindest eine andere Person hätte ja von einem der offenbar doppelt vergebenen Termine profitieren können.

Ganze 9,5 Stunden sei sie in der Warteschleife der Corona-Nummer 1450 gewesen (aufgeteilt auf vier Anrufversuche), mit dem Ergebnis, dass sie ein einziges Mal hören durfte „Wir können Ihnen nicht weiterhelfen, weil wir auch nichts wissen“.

Im Falle des Schwiegervater derselben Claudia B. lässt sich ein zweiter, jedoch anders gearteter Beleg für das Chaos beim Wiener Impfservice dokumentieren: Es handelt sich um einen 80-jährigen Mann, der nach einer Herzoperation als Risikopatient gilt. Er trug sich am ersten Tag der Anmeldemöglichkeit via Internet beim Wiener Impfservice ein und erhielt per Mail die Bestätigung seiner Anmeldung. Auf mehrfache Anfragen bei der Hotline 1450, wann mit dem ersten Impftermin zu rechnen sei, erhielt er lediglich die Auskunft „Wir wissen es nicht“.

„Da in unserem persönlichen Umfeld eine Menge jüngerer Personen ohne Risiko bereits geimpft wurden“, berichtet Claudia B. weiter, „hat mein Schwiegervater am 19. März wieder nachgefragt“. Diesmal habe eine freundliche Mitarbeiterin nachgesehen und mitgeteilt, dass für den Schwiegervater gar keine Vormerkung zur Impfung im EDV-System der Stadt Wien aufscheine: Registrierung und Vormerkung waren offenbar verschwunden.

Das Beispiel eines 73-jährigen Arztes am Wiener AKH im Ruhestand belegt eine dritte Fehlerquelle, dass es beim Wiener Impfservice drunter und drüber geht: Der Arzt erhielt zusätzlich zu Terminen für seine eigenen Teilimpfungen ganze fünf weitere SMS zugesandt, in denen jedoch andere Namen und andere Impftermine aufschienen. Es darf gefragt werden, ob die Personen, für die diese Termine offenbar gedacht waren, davon überhaupt erfahren haben (siehe Teil 1 zum Chaos beim Wiener Impfservice in einer OTS-Aussendung vom 14. März 2021).

Sollte es sich bei den oben dokumentierten Beispielen um fehlerhafte Eingaben von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern in das Computersystem des Wiener Impfservice gehandelt haben, dann könnten das bedauerliche Einzelfälle gewesen sein (solche Fehler passieren eben, nicht nur in herausfordernden Zeiten). Wenn jedoch, was wahrscheinlicher ist, das System selbst fehlerhaft funktioniert, dann wären weitaus mehr Impfwillige davon betroffen.

Da nützt auch die ständige Klage nichts, dass viel zu wenig Impfdosen geliefert würden. Im Gegenteil: Wären dreimal so viele Impfdosen in Wien angekommen, dann wäre das Chaos vermutlich dreimal so groß.

Der Schluss liegt daher nahe, dass Wien beim Zeitplan nicht nur deshalb nachhinkt, weil zu wenig Impfdosen vorhanden sind, sondern weil die Logistik nicht funktioniert. Denn im aktuellen Dokument des Gesundheitsministeriums zur „Durchführung der Corona-Schutzimpfung“ vom 15. März 2021 erhält Österreich bis Ende März 1,95 Millionen Impfdosen. Teilt man diese nach der Bevölkerungszahl auf die Bundesländer auf, so entfallen auf Wien 21 Prozent der Impfdosen, das sind 409.500 Stück. Von denen wurden mit Stand 18. März 2021 aber nur 261.716 Impfdosen verabreicht (erste und zweite Teilimpfung zusammengezählt). Es müssten also für das erste Quartal noch 147.784 Impfdosen übrig sein, das sind immerhin 36 Prozent der Liefermenge.

Nicht hoffnungsfroh macht auch eine Aussendung vom Impfservice Wien vom 19. März 2021, wonach in der kommenden Woche eine „zusätzliche Impfoffensive“ für Personen ab Jahrgang 1931 oder älter geplant sei; von dieser Altersgruppe seien „bereits 55 Prozent durchgeimpft“. Angesichts der Tatsache, dass bereits seit zwei Monaten Impfungen verabreicht werden und Senioren erste Priorität haben, ist ein Ergebnis von aktuell 55 Prozent bei über 90-Jährigen eher keine Erfolgsmeldung.

Aus den Angaben des Impfservice Wien vom 19. März 2021 lässt sich ferner ermitteln, dass seit Beginn der Impfkampagne im Schnitt dreitausend Personen pro Tag ihre erste Teilimpfung erhalten haben (Start der Registrierung war am 18. Jänner 2021). Bei diesem Tempo würde es von heute weg noch 165 Tage, also bis Ende August 2021 dauern, bis die verbleibenden und angemeldeten 499.431 Wiener ihre erste Teilimpfung erhalten haben.

Zur Frage, was mit der deutlichen Mehrheit der Wiener Bevölkerung los ist, die beim Impfservice noch nicht registriert ist, herrscht Stillschweigen. Was, wenn sich die gar nicht impfen lassen?“

Covid-19: Chaos beim Wiener Impfservice Teil 2 | Dr. Stefan Gergely, 21.03.2021 (ots.at)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Familie folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Welche Organwalter aus dem Gesundheitsministerium haben mit den verantwortlichen Stellen der Bundeshauptstadt Wien den organisatorischen Ablauf des Covid-19-Impfservice vereinbart?

2)    Welchen Inhalt hatte diese Vereinbarung?

3)    Wie wird der organisatorische Ablauf des Covid-19-Impfservice in der Bundeshauptstadt Wien durch das BMSGPK kontrolliert bzw. begleitet?

4)    Wie sehen Sie die von Dr. Stefan Gergely aufgegriffenen Fehlleistungen des Covid-19-Impfservice in der Bundeshauptstadt Wien?

5)    Wer ist dafür verantwortlich?

6)    Stehen Sie insbesondere mit dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker zum Covid-19-Impfservice in der Bundeshauptstadt Wien und den aufgegriffenen Fehlleistungen in Kontakt?

7)    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

8)    Wenn nein, warum nicht?