6149/J XXVII. GP
Eingelangt am 26.03.2021
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Anfrage
des Abgeordneten Hannes Amesbauer
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Sekundärmigration
„1000 Flüchtlinge reisen monatlich aus Griechenland ein“, titelte die „Welt“ am 7.3.2021. Freilich geht es bei diesen Zahlen um Deutschland – konkret um Personen, die bereits in Griechenland als Flüchtlinge anerkannt wurden und sich dann in der Bundesrepublik niederlassen. Dazu ist im Artikel zu lesen: „Schon seit Jahren findet eine unerlaubte Weiterwanderung von Asylbewerbern aus Griechenland statt, die in Deutschland weitere Anträge stellen und überwiegend im Land bleiben, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Von diesen illegalen Grenzübertritten abgesehen, nimmt seit vergangenem Sommer die legale Einreise von bereits in Griechenland anerkannten Flüchtlingen erheblich zu.“ Nach Angaben der Bundespolizei würden die Flüchtlinge häufig direkt nach Deutschland fliegen. Man habe außerdem festgestellt, dass jeweils an Samstagen größere Gruppen aus Athen nach Warschau geflogen seien und von dort die deutsch-polnische Grenze überquert hätten. Nach der aktuellen europäischen Rechtlage sei dies legal. In einem EU-Staat anerkannte Flüchtlinge dürften demnach in andere Mitgliedsstaaten reisen, falls sie sich nicht länger als 90 Tage pro Halbjahr dort aufhalten wollen. Diese Regelung würde häufig missbraucht, indem erneut um Asyl in Deutschland angesucht würde. CDU und FDP fordern gemäß dem Bericht das „rechtliche Schlupfloch“ zu schließen. Der Obmann der Unionsfraktion im Innenausschuss, Alexander Throm, wird beispielsweise wie folgt zitiert: „Ich befürchte, dass im Verhalten der Griechen eine neue Strategie steckt: Flüchtlinge anerkennen, Mindestversorgung nicht gewährleisten und schnell weiterreisen lassen. Das muss unterbunden werden.“
(Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article227760935/Sekundaermigration-Monatlich-kommen-1000-Fluechtlinge-aus-Griechenland.html)
In der Drucksache 19/27704 des Deutschen Bundestages findet sich auf Seite 24 unter Punkt 26 folgende schriftliche Anfrage eines Bundestagsabgeordneten der AfD: „Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung im Fall der illegalen Einreise per Flugzeug von rund 1.000 Asylsuchenden, die in Griechenland bereits einen Schutzstatus besitzen, (www.welt.de/politik/deutschland/article227760935/Sekundaermigration-Monatlich-kommen-1000-Fluechdinge-aus-Griechenland.html), und wie viele Asylsuchende, die bereits in einem Asylverfahren eines anderen Staates sind bzw. dort einen Schutztitel haben, befinden sich derzeit insgesamt in einem Asylverfahren in Deutschland?“
Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Helmut Teichmann vom 18. März 2021 enthält einige brisante Inhalte: „[…] Es wird darauf hingewiesen, dass die Betroffenen in der Regel über von Griechenland ausgestellte Reiseausweise für Flüchtlinge verfügen und damit grundsätzlich zu Einreise und Aufenthalt in Deutschland für einen Kurzaufenthalt berechtigt sind (§ 18 der Aufenthaltsverordnung). […] Der Bundesregierung liegt keine Übersicht über alle in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Asylantragsteller vor, welchen bereits internationaler Schutz in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannt wurde. […]“
(Quelle: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/277/1927704.pdf)
Es stellt sich daher die Frage, ob und wie die österreichische Bundesregierung mit dem Thema der Sekundärmigration umgeht.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage
1. Gibt es Statistiken darüber, wie viele Asylanträge jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 von Personen gestellt wurden, die zum Zeitpunkt der Antragsstellung in Österreich bereits einen anerkannten Schutzstatus in einem anderen EU-Land gehabt hatten?
2. Wenn ja, wie viele Asylanträge hat dies jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 betroffen?
3. Wenn ja, wie gliedern sich die Asylanträge, welche dies betroffen hat, jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 auf die Herkunftsländer der Antragssteller auf?
4. Wenn ja, wie gliedern sich die Asylanträge, welche dies betroffen hat, jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 auf die EU-Länder, in denen zuvor bereits ein Schutzstatus anerkannt wurde, auf?
5. Wenn nein, können Sie definitiv ausschließen, dass in Österreich Asylanträge von Personen gestellt werden, die bereits einen anerkannten Schutzstatus in einem anderen EU-Land haben und warum können Sie das definitiv ausschließen?
6. Wenn Sie das nicht definitiv ausschließen können und es auch keine dahingehenden Statistiken gibt, warum wird das nicht erhoben?
7. Liegen Ihnen konkrete Informationen vor, dass regelmäßig in Griechenland anerkannte Flüchtlinge direkt nach Österreich fliegen?
8. Wenn ja, wie viele in Griechenland anerkannte Flüchtlinge sind jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 direkt nach Österreich eingereist?
9. Wenn ja, wie viele dieser in Griechenland anerkannten und direkt nach Österreich eingereisten Flüchtlinge haben jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 einen Asylantrag in Österreich gestellt?
10. Wenn nein, können Sie definitiv ausschließen, dass regelmäßig in Griechenland anerkannte Flüchtlinge direkt nach Österreich einreisen und warum können Sie das definitiv ausschließen?
11. Liegen Ihnen konkrete Informationen vor, dass regelmäßig in Griechenland anerkannte Flüchtlinge indirekt über ein Nachbarland kommend nach Österreich einreisen?
12. Wenn ja, wie viele in Griechenland anerkannte Flüchtlinge sind jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 indirekt über ein Nachbarland nach Österreich eingereist?
13. Wenn ja, wie viele dieser in Griechenland anerkannten und indirekt über ein Nachbarland nach Österreich eingereisten Flüchtlinge haben jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 einen Asylantrag in Österreich gestellt?
14. Wenn nein, können Sie definitiv ausschließen, dass regelmäßig in Griechenland anerkannte Flüchtlinge indirekt über ein Nachbarland nach Österreich einreisen und warum können Sie das definitiv ausschließen?
15. Liegen Ihnen konkrete Informationen vor, dass regelmäßig in anderen EU-Ländern anerkannte Flüchtlinge direkt oder indirekt nach Österreich einreisen?
16. Wenn ja, wie viele in anderen EU-Ländern anerkannte Flüchtlinge sind jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 direkt oder indirekt nach Österreich eingereist?
17. Wenn ja, wie viele dieser in anderen EU-Ländern anerkannte und direkt oder indirekt nach Österreich eingereiste Flüchtlinge haben jeweils in den Jahren 2018, 2019 und 2020 einen Asylantrag in Österreich gestellt?
18. Wenn nein, können Sie definitiv ausschließen, dass regelmäßig in anderen EU-Ländern anerkannte Flüchtlinge direkt oder indirekt nach Österreich einreisen und warum können Sie das definitiv ausschließen?
19. Ist Ihnen bekannt, dass Griechenland Reiseausweise für Flüchtlinge ausstellt?
20. Wenn ja, sind Sie mit Ihrem griechischen Amtskollegen oder mit dem zuständigen griechischen Regierungsmitglied diesbezüglich in Kontakt und welche Position vertreten Sie in diesem Zusammenhang gegenüber Griechenland?
21. Wenn nein, werden Sie diesbezüglich mit Ihrem griechischen Amtskollegen oder mit dem zuständigen griechischen Regierungsmitglied Kontakt aufnehmen und welche Position werden Sie in diesem Zusammenhang gegenüber Griechenland vertreten?
22. Wurde das Thema der Sekundärmigration bzw. das Ausstellen von Reiseausweisen für anerkannt Flüchtlinge auf Eben der EU-Innenminister bereits thematisiert?
23. Wenn ja, welche Position vertrat Österreich in diesem Zusammenhang?
24. Wenn nein, werden Sie dieses Thema auf Ebene der EU-Innenminister ansprechen?
25. Die deutsche Bundesregierung ist laut eigenen Angaben in der einleitend zitierten Anfragebeantwortung vom 18. März 2021 in „intensivem Kontakt mit Vertretern Griechenlands, der Europäischen Kommission und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union“, um dem in Bezug genommenen Sachverhalt zu begegnen – war die deutsche Bundesregierung auch mit Ihnen schon in intensivem Kontakt, um dem in Bezug genommenen Sachverhalt zu begegnen?
26. Wenn ja, welche konkreten Ergebnisse hat dieser intensive Kontakt bereits ergeben, um dem in Bezug genommenen Sachverhalt zu begegnen?