6185/J XXVII. GP
Eingelangt am 09.04.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Interventionen bei Medien
Im Türkis-Blauen Regierungsprogramm aus 2017 findet sich kein einziges Mal das Wort Pressefreiheit. Wie wir jetzt wissen, aus gutem Grund. "Wir bekennen uns zu einer Medienpolitik, die Grundwerte wie Pluralismus, Unabhängigkeit, Medien- und Pressefreiheit sowie Innovation sicherstellt und fördert." Dieser Satz findet sich auf Seite 54 des Regierungsprogramms von Türkis-Grün. Im vorherigen Regierungsprogramm von Türkis-Blau wiederum heißt es auf Seite 84: "Österreichs Medien schaffen mit ihren Inhalten öffentlichen Mehrwert und Identität. (…) Zielsetzung ist es, möglichst vielen Menschen hochwertige Qualitätsinformation zu bieten und dadurch den demokratischen Diskurs in der Gesellschaft zu stärken.“
Nun gibt es einmal mehr Belege dafür, dass Ihre Vorhaben nicht immer einem Realitätscheck standhalten. Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Medien in der Causa zur Umstrukturierung der ÖBIB zur ÖBAG. Die veröffentlichen Chats von Thomas Schmid, Vorstand der ÖBAG, zeigen ein sehr klares Bild: Es war ihm unangenehm, wenn sein Name genannt wurde und er wollte auch größere Berichterstattungen zur Umstrukturierung vermeiden. Um das zu erreichen intervenierte er - und bat dafür um die Hilfe des Kanzlers. “Hi Sebastian, Martina Salomon macht im Auftrag von Brandi (Helmut Brandstätter, Anm.) eine ÖBIB story. Unter anderem will sie mich als gesetzt für die ÖBIB neu nennen. Sie sagt mir, Brandi hört das und will das in der Story drinnen haben. […] Könntet ihr dem Brandi ausreden, mich zu nennen und ihm sagen, dass das ein Blödsinn ist?”
Kurz willigt ein, schrieb aber: "Der hasst mich. Ich weiß nicht, ob das was nützt". Hat es nicht - der Artikel erschien mit Schmids Namen. Auch bei Rainer Nowak, Chefredakteur und Geschäftsführer der "Presse", wurde interveniert. Hier bittet Thomas Schmid den damaligen Pressesprecher von Finanzminister Hartwig Löger, Jim Lefebre, darum "Rainer anzurufen" und zu bitten, den Ball flach zu halten. Schmid ist mit dem Artikel trotzdem nicht zufrieden, weil Namen von Minister_innen genannt werden. Erneut drängt Schmid daher um Intervention: https://zackzack.at/2021/03/29/nowak-hat-eingewilligt-wie-thomas-schmid-die-medien-manipulierte/
All diese – nur sehr kleinen – Ausschnitte der Kommunikation, die sich auf Medienberichte bezieht, zeigen deutlich, dass es den Regierungsmitgliedern, in diesem Fall von der ÖVP, mit Pressefreiheit und der Unabhängigkeit der Medien wohl weniger ernst ist, als von ihnen in offiziellen Papieren postuliert wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie oft hat Thomas Schmid, Vorstand der ÖBAG, im Zusammenhang mit der Nennung seines Namens während Berichterstattungen über die ÖBIB mit Ihnen persönlich Kontakt aufgenommen?
2. Ist Ihnen bekannt, dass Thomas Schmid, Vorstand der ÖBAG, Kontakte mit MitarbeiterInnen Ihres Kabinetts im Zusammenhang mit der Nennung seines Namens während Berichterstattungen über die ÖBIB Kontakt hatte?
a.
Wenn ja, wie viele
Kontaktaufnahmen sind Ihnen bekannt?
b.
Hatten Sie Kenntnis von dem
Telefonat zwischen Thomas Schmid, Vorstand der ÖBAG, und Jim Lefebre,
damaliger Pressesprecher von Finanzminister Hartwig Löger?
3.
Gab es noch andere
Anlässe bei denen Thomas Schmid, Vorstand der ÖBAG, mit Ihnen
Kontakt aufgenommen hat, um seinen Namen in der Berichterstattung zu vermeiden?
(bitte um Angabe von Thema, Datum und in Frage stehendem Medium)
a. Wenn ja, in welchen Fällen sind Sie dieser Bitte nachgekommen? (bitte um Angabe von Thema, Datum und in Frage stehendem Medium)