6213/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.04.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

 

betreffend konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ-Gleichstellung

 

Nach mehr als einem Jahr, in dem das Leben der österreichischen Bevölkerung von der Corona-Pandemie bestimmt war, zeigt sich heute deutlicher denn je, welche negativen Auswirkungen gesellschaftliche und soziale Ungleichheit auf große Teile unseres Landes haben: In kaum einem Bereich wird dieser Umstand deutlicher als in der Frage nach den Grund- und Menschenrechten von Minderheiten.

 

Gerade im Bereich der LGBTIQ-Politik ist die aktuelle Lage von Stillstand und dem Ignorieren von lange aufgeschobenen Problemen gekennzeichnet – echte Fortschritte für Lesben, Schwule, Bisexuelle, transidente, intergeschlechtliche und queere Personen in Österreich gab es seit der Angelobung der aktuellen Regierung schlicht nicht. Im Regierungsprogramm der Koalition kommen zentrale Fragen wie die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes durch ein Levelling Up des Gleichbehandlungsgesetzes, Maßnahmenpakete gegen Hate Crimes, die Selbstbestimmung von Transpersonen, die Diskriminierung bei der Blutspende, ein Verbot von Operationen an intergeschlechtlichen Kindern und viele andere nicht vor. Während andere EU-Staaten die Herausforderungen der aktuellen Situation nutzen, um soziale Verbesserungen mit ernst gemeinter Gleichstellungspolitik zu verbinden (vom Gesetzesvorschlag gegen IGM in Deutschland, bis zum Ende der Blutspende-Diskriminierung in zahlreichen anderen Staaten), bleibt Österreich weitgehend untätig.

 

So findet sich im Regierungsprogramm der Koalition nur ein direkter Verweis auf LGBTIQ-Politik: Das Bekenntnis zu einem internationalen „Beitrag im Kampf gegen die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität“ (Seite 181). Die wenigen anderen Punkte des Programms, die einen Hinweis auf LGBTIQ-Gleichstellung geben könnten, umfassen „weitere Anpassungen bei abstammungsrechtlichen Fragen bei Kindern in Ehe zweier Frauen und bei Kindern in verschiedengeschlechtlicher eingetragener Partnerschaft“ und die „Weiterentwicklung des Familien- und Eherechtes, um es anwendungsorientierter an die heutigen gesellschaftlichen Lebensrealitäten anzupassen, unter anderem durch Herausarbeiten von Unterschieden zwischen dem Institut der Ehe und der Eingetragenen Partnerschaft als alternativem Modell“ (beide Seite 30 ff.), die „Umsetzung des VfGH-Urteils G 77/2018“ oder die „Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen" (beide Seite 275), sowie die „Rasche Fertigstellung des bundesweiten Kriterienkatalogs für alle extern hinzugeholten Fachkräfte und Vereine“ (Seite 297).

 

Währenddessen hat die Europäische Kommission mit der Vorlage der ersten europäischen LGBTIQ-Strategie „Union der Gleichheit“ im Jahr 2020 ein umfassendes Paket von Gleichstellungsmaßnahmen präsentiert und gleichzeitig die Mitgliedsstaaten zu konkreten Handlungen in allen politischen Feldern aufgefordert: „Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, auf bestehenden bewährten Verfahren aufzubauen und eigene Aktionspläne für die Gleichstellung von LGBTIQ zu entwickeln. Ziel ist es, LGBTIQ-Personen besser vor Diskriminierung zu schützen und die Maßnahmen im Rahmen dieser Strategie durch Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ in Bereichen, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, zu ergänzen.“[1]

 

Diese Forderung wurde mit der Erklärung des EU-Parlaments zur „LGBTIQ Freedom Zone Europa“ am 14. März 2021 verstärkt: Das Europäische Parlament stellte dabei klar, dass „die Bekämpfung von Ungleichheit in der EU eine gemeinsame Verantwortung ist, die gemeinsame Anstrengungen und Maßnahmen auf allen Regierungsebenen erfordert (…)“.[2] Auch in Hinblick auf diese gemeinsamen europäischen Ziele sind konkrete Maßnahmen und Beiträge Österreichs auf nationalstaatlicher Ebene bisher nicht erkennbar.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

1.  Für welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen aus dem Regierungsprogramm ist das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zuständig?

2.  Wurden seitens Ihres Ministeriums bisher konkrete Schritte zur Umsetzung dieser Punkte gesetzt?

a.    Wenn ja, welche? Bitte um detaillierte Auflistung.

b.    Wenn nein, warum nicht und welche künftigen Maßnahmen sind geplant?

3.  Sind über das Regierungsprogramm hinausgehend Maßnahmen oder konkrete legislative Vorschläge durch Ihr Ministerium in Hinblick auf die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen geplant?

a.    Wenn ja, welche? Bitte um detaillierte Auflistung.

b.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Welche konkreten Projekte unterstützt Ihr Ministerium in Hinblick auf die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen? Bitte um detaillierte Auflistung.

5.    Für welche konkreten Handlungsfelder zur „Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ (...) die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen“ sieht sich Ihr Ministerium in Hinblick auf die, im November 2020 übermittelte, Mitteilung der Europäischen Kommission über die LGBTIQ-Strategie „Union der Gleichheit“ zuständig?

6.    Wurden seitens Ihres Ministeriums konkreten nationalstaatliche Maßnahmen in Hinblick auf die Umsetzung dieser Strategie der Europäischen Kommission gesetzt?

a.    Wenn ja, welche? Bitte um detaillierte Auflistung.

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Welche Beiträge zur Umsetzung dieser Strategie der Europäischen Kommission haben Sie bisher im Rahmen des Europäischen Rates gesetzt?

8.    Wie beurteilen Sie die Wichtigkeit des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Ziels der Erarbeitung nationalstaatlicher Aktionspläne zur LGBTIQ-Gleichstellung für die Republik Österreich?



[1] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2021-0166_DE.html

[2] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_2068