6306/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.04.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Arbeit

 

betreffend voller Diskriminierungsschutz für LGBTIQ-Personen

 

Zentrale Fortschritte für die Gleichstellung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Personen in Österreich wurden in den letzten Jahrzehnten vor allem durch Gerichte und nicht durch bewusste politische Maßnahmen erreicht. Abseits des Gesetzes für die Eingetragene Partnerschaft 2009 und den einstimmigen Beschluss des Nationalrats hinsichtlich des SPÖ-Antrags für ein Verbot von Konversionstherapien 2019 (82/E XXVI. GP) fehlen seit langer Zeit mutige, politische Schritte für echte Gleichstellung. Besonders deutlich wird das in Hinblick auf den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität im Privatleben.

 

Bis heute sind solche Diskriminierungen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, inklusive dem Zugang zu Wohnraum, nicht verboten. Damit bleibt Österreich eines der letzten EU-Länder, das diese Form der Schlechterstellung nicht gesetzlich untersagt. Während LGBTIQ-Personen also in der Arbeitswelt vor Diskriminierung geschützt sind, endet dieser Schutz in Lokalen, in Taxis, bei der Wohnungssuche und in jedem anderen Feld des Privatlebens.

Seit mehr als zehn Jahren, konkret seit 2010, werden entsprechende Maßnahmen durch ein „Levelling Up“ des Gleichbehandlungsgesetzes politisch blockiert. Die oft verwendete Begründung, wonach auf eine entsprechende EU-Richtlinie gewartet wird, scheint angesichts des fast überall garantierten Schutzes und die Untätigkeit der österreichischen Regierung im Zuge des EU-Ratsvorsitzes 2018 schlecht begründet. Wie wichtig die Einführung eines Diskriminierungsschutzes im Privatbereich aber wäre, bewies erst im Mai 2020 die bisher größte Erhebung zur Situation der LGBTIQ-Community durch die europäische Grundrechteagentur FRA. Dort zeigte sich, dass insgesamt 35 Prozent der befragten LGBTIQ-Personen in Österreich im letzten Jahr Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt erleben mussten: 7 Prozent der Befragten wurden bei der Wohnungssuche diskriminiert, 21 Prozent in Bars oder Restaurants, 10 Prozent in Geschäften. Auch von zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen wird Österreich daher seit Jahren dazu aufgefordert, endlich einen umfassenden Schutz vor Diskriminierung für die LGBTIQ-Community zu bieten. Während die Landesgesetzgebungen inzwischen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in den Landesgleichbehandlungsgesetzen durchgängig ausschließen, ist der Bund bis heute untätig geblieben.

Im Regierungsprogramm der aktuellen Regierung findet sich in Hinblick auf diese zentrale Frage nur die allgemeine Formulierung des Ziels einer „Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen“ (Seite 275). Mediale Aussagen von Regierungsmitgliedern unterstrichen bisher aber, dass dieses Ziel explizit nicht den dringend notwendigen gesetzlichen Diskriminierungsschutz beinhalte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.  Umfasst die im Regierungsprogramm angekündigte „Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen“ eine Ausweitung des Gleichbehandlungsgesetzes zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität im Privatleben?

a.    Wenn ja, wann wird ein entsprechender Gesetzesantrag vorgelegt?

b.    Wenn nein, warum nicht? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

2.    Wenn die im Regierungsprogramm angekündigte „Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen“ keine Ausweitung des Gleichbehandlungsgesetzes einschließt, welche konkreten Antidiskriminierungsmaßnahmen für LGBTIQ-Personen sind damit sonst umfasst?

3.    Welche konkreten Schritte hat Ihr Ministerium bisher für die im Regierungsprogramm angekündigte „Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen“ gesetzt?

4.    Welche konkreten Schritte sind seitens Ihres Ministeriums in Zukunft für die im Regierungsprogramm angekündigte „Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen“ geplant? Bitte um detaillierte Auflistung.

5.    Wie stehen Sie zum „Proposal for a Council Directive on implementing the principle of equal treatment between persons irrespective of religion or belief, disability, age or sexual orientation“, COM (2008)?

6.    Wurden seitens Ihres Ministeriums bzw. in Hinblick auf dahingehende Maßnahmen im Europäischen Rat bereits konkrete Schritte für den Beschluss dieses Richtlinienvorschlags oder die Erarbeitung einer entsprechend erneuerten Richtlinie gesetzt?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.