6359/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.04.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mario Lindner, Eva-Maria Holzleitner,

Genossinnen und Genossen,

an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt

 

betreffend dringend notwendige Unterstützung für LGBTIQ-Jugendliche.

 

Die Corona-Pandemie stellt unsere gesamte Bevölkerung seit mehr als einem Jahr vor enorme Herausforderungen. Besonders hart getroffen werden davon aber vor allem jene Gruppen, die bereits vor der Pandemie marginalisiert und in vulnerablen Situationen waren. Ein zentrales und international viel diskutiertes Beispiel sind dafür junge LGBTIQ-Personen – die großen Herausforderungen vor denen diese Gruppe in der besonders schwierigen Zeit als Jugendliche und junge Erwachsene ohnehin schon stehen, werden durch die Einschränkungen der Pandemie-Bekämpfung vervielfacht. Internationale Studien zu ihrer Situation unterstreichen daher auch die Wichtigkeit eines umfassenden politischen Vorgehens zur Sicherung der bestmöglichen Unterstützung und selbstbestimmten Entwicklung von jungen LGBTIQ-Personen.

 

Die umfassenden Daten zur Situation von LGBTIQ-Jugendlichen liegen aus den USA vor. Dort zeigte das Selbstmordpräventionsprojekt „The Trevor Project“: „Über 40 Prozent der queeren Jugendlichen gaben an, dass sich die Pandemie auf ihre Fähigkeit, ihre Identität auszudrücken, ausgewirkt hat. Besonders betroffen sind trans und nichtbinäre Jugendliche, die dem zu 56 Prozent zustimmten. (…) Über die Hälfte aller befragten LGBTIQ-Jugendlichen haben seit dem Ausbruch des Coronavirus Symptome von Angst und Depressionen verspürt. (…) Zu schaffen machte den LGBTIQ-Jugendlichen der verringerte Zugang zur psychosozialen Versorgung und dass sie ihre Identität nicht mehr im gleichen Masse ausdrücken können. Ein Drittel aller queeren Jugendlichen gab an, dass sie zu Hause nicht in der Lage seien, sie selbst zu sein, und fast ein Drittel der trans und nicht-binären Jugendlichen fühlte sich seit Beginn von COVID-19 in ihrer Lebenssituation unsicher. Einer von drei queeren People of Color (32 Prozent) gab an, dass ihre Lebenssituation durch die Corona-Pandemie «viel stressiger» geworden sei als zuvor. Auch Mobbing im eigenen Umfeld macht den amerikanischen Jugendlichen zu schaffen.“[1]

Aber auch in Europa ist die Dringlichkeit der Lage längst klar. So warnt der Deutsche Lesben- und Schwulenverband vor den Auswirkungen der Krise besonders auf junge LGBTIQs: Fehlende psychosoziale Versorgung und der unzureichende Ausbau von (Coming-Out)Beratungsstellen würden in der aktuellen Situation vom Wegfall wichtiger Infrastruktur und Begegnungsorte im ehrenamtlichen Bereich ergänzt. Das Fehlen von niederschwelligen Supportgruppen aufgrund der Pandemie könnte sowohl auf die psychische Situation als auch auf die langfristige Entwicklung von jungen LGBTIQ-Personen massiv negative Auswirkungen haben.[2]

Damit zeigt sich, dass die Corona-Pandemie auch in diesem Bereich viele Probleme beschleunigt, vor denen unsere Gesellschaft auch davor schon stand. Denn trotz des wichtigen Einsatzes von NGOs und Beratungsstellen, sowie Einrichtungen der offenen Jugendarbeit in Österreich rund um den Themenkomplex sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität fehlen hierzulande noch immer flächendeckende Beratungsangebote und Netzwerke, um wirklich jedem jungen Menschen in diesem wichtigen Bereich seiner Entwicklung die bestmögliche Unterstützung und Hilfe zukommen zu lassen – bereits bestehende Angebote befinden sich überwiegend im ehrenamtlichen Bereich und erhalten damit kaum bis gar keine Unterstützung durch den Bund. Diesen Mangel gilt es gerade angesichts der aktuellen Lage schnellstmöglich auszugleichen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    Welche konkreten Maßnahmen werden Sie angesichts der Pandemie setzen, um auf die besonderen Herausforderungen für junge LGBTIQ-Personen in Österreich zu reagieren? Bitte um detaillierte Antwort.

a.    Welche Budgetmittel werden dazu in welcher Höhe herangezogen?

b.    Gibt es hierzu auch Gespräche mit anderen Ministerien? Wenn ja mit wem? Wenn nein, warum nicht?

2.    Welche konkreten Projekte, die bisher keine Förderung seitens Ihres Ministeriums erhalten haben, werden Sie angesichts der aktuellen Situation unterstützen, um auf die besonderen Herausforderungen für junge LGBTIQ-Personen in Österreich zu reagieren?

a.    Welche Budgetmittel werden dazu in welcher Höhe herangezogen?

3.    Welche konkreten Projekte zur Beratung und Betreuung junger LGBTIQ-Personen wurden durch Ihr Ministerium (bzw. die vorangegangen zuständigen Bundesministerien) in den letzten fünf Jahren gefördert? Bitte um Aufgliederung nach Jahr, Projekt und Budgetmittel.

4.    Welche konkreten Projekte im Bereich Transidentität wurden durch Ihr Ministerium (bzw. die vorangegangen zuständigen Bundesministerien) in den letzten fünf Jahren gefördert? Bitte um Aufgliederung nach Jahr, Projekt und Budgetmittel.

5.    Ist geplant, seitens Ihres Ministeriums eine wissenschaftliche Grundlage zur Situation junger LGBTIQ-Personen, ähnlich der vom deutschen Familienministerium bereits 2015 in Auftrag gegebenen Studie „Coming Out und dann …?!“, erarbeiten zu lassen?

a.    Wenn ja, wann und von wem wird eine solche Studie erstellt?

b.    Wenn nein, warum nicht? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

6.    Ist geplant, seitens Ihres Ministeriums eigene niederschwellige Fördermöglichkeiten zur Unterstützung regionaler Projekte zur Beratung und Betreuung junger LGBTIQ-Personen zu schaffen?

a.    Wenn ja, wann und wie werden solche Fördermöglichkeiten geschaffen werden?

b.    Wenn nein, warum nicht? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

7.    Welche Projekte sind in den kommenden Jahren geplant, um LGBTIQ-Personen zu unterstützen? Bitte um Aufschlüsselung der Projekte und Budgetmittel, sowie deren Zeitplan.



[1] https://mannschaft.com/corona-und-polizeigewalt-stresst-lgbtiq-jugendliche-besonders/

[2] https://www.lsvd.de/de/ct/2067-Corona-Auswirkungen-auf-Lesben-Schwule-Bisexuelle-trans-und-intergeschlechtliche-Menschen#zuhause-ein-sicherer-ort