6373/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.04.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Untätigkeit der ÖBAG in der Causa MAN

 

Bei MAN in Steyr sind aktuell 2.356 MitarbeiterInnen beschäftigt, zum Jahreswechsel 2019/2020 wurde vom MAN-Vorstand ein bis 2030 gültiger Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag unterzeichnet.

Mit 30. September 2020 kündigte der MAN-Vorstand diesen Vertrag einseitig auf und kündigte in weiterer Folge an, das Werk in Steyr schließen zu wollen. Abseits davon, dass die Wirksamkeit dieser Aufkündigung in juristischer Hinsicht äußerst fragwürdig ist und vor Gericht zu klären sein wird, ist diese Vorgehensweise ein massiver Vertrauensbruch gegenüber den fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Seit vergangenen Herbst kämpfen Betriebsrat und Gewerkschaft um den Erhalt des LKW-Produktionsstandortes Steyr und der mehr als 2.300 direkt von der Schließung bedrohten Arbeitsplätze, auch die staatliche Wirtschaftskommission wurde einberufen.

Parallel dazu bekundeten Investoren und Investorengruppe Interesse am „zur Disposition“ stehenden Werk in Steyr. VW/MAN entschied sich jedoch frühzeitig dafür, nur mit einem einzigen Investor – Siegfried Wolf – Übernahmeverhandlungen zu führen. Aufgrund der schlechten Bedingungen für die Beschäftigten haben diese das vorliegende Angebot des Investors in einer Urabstimmung am 07.04.2021 mit einer Ablehnung von 63,9% klar zurückgewiesen.

Mit dieser Abstimmung begann ein neues Kapitel. Jetzt muss mit aller Kraft an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet werden. Der Ball liegt erneut bei VW/MAN: Die Konzernverantwortlichen sind gefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und alle vorliegenden Konzepte fair zu prüfen – inklusive jener, die einen starken Fokus auf grüne Technologien legen.

Studien zufolge hängen am MAN-Werk in Steyr in Summe sogar rund 8.400 Arbeitsplätze mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von knapp einer Milliarde Euro. Steyr ist einer der größten Automotive-Cluster in Österreich.

Österreich hat aufgrund der Corona-Krise bereits viele Arbeitsplätze verloren. Es muss mit aller Kraft verhindert werden, dass darüber hinaus industrielle Leitbetriebe mit großer regionaler Bedeutung aufgrund von renditegetriebenen Konzernentscheidungen für den Standort Österreich verloren gehen und damit Profitsteigerungen höheres Gewicht beigemessen wird als Investitionen in die Transformation in Richtung grüner Mobilität.

Das ÖBAG-Gesetz sieht vor, dass der Staat – im konkreten Fall die ÖBAG – im Fall von MAN in Steyr bzw. an der Übernahme des Werkes interessierter Investoren und Investorengruppen über Maßnahmen wie beispielsweise eine Kapitalbeteiligung nachdenken müsste. Die SPÖ hat dies bereits mehrmals eingefordert!

Dazu seien einige Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes exemplarisch angeführt.

§7 (1) Im Rahmen des Beteiligungsmanagements hat die ÖBAG unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen an der Sicherung Österreichs als Wirtschafts- und Forschungsstandort sowie an der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf eine Werterhaltung und Wertsteigerung der Beteiligungsgesellschaften Bedacht zu nehmen.

[…]

(4) Für den Erwerb an Anteilen an anderen Unternehmen, die für den Wirtschaftsstandort Österreich von besonderer Bedeutung sind, ist ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich, wenn dieser Erwerb nicht nach den Bestimmungen des Abs. 5 erfolgt. Hierbei ist anzustreben, dass der Erwerb der Anteile von Vorstand und Aufsichtsrat des betreffenden Unternehmens unterstützt wird. Der Erwerb solcher Anteile sollte tunlichst nur vorübergehend und mit dem Ziel einer Wiederveräußerung in angemessener Frist erfolgen. Veräußerungen von nach diesem Absatz erworbenen Anteilen haben gemäß §§ 8 und 9 zu erfolgen.

(5) Unbeschadet des Abs. 4 ist die ÖBAG, entweder selbst oder über eine Tochtergesellschaft, mit der Entwicklung und Bereitstellung von Instrumenten zur Stärkung österreichischer Interessen im internationalen Standortwettbewerb betraut. Zu diesem Zweck ist sie ermächtigt, Minderheitsbeteiligungen an für den Standort relevanten Unternehmen einzugehen sowie solchen Unternehmen Kredite, Garantien und sonstige Finanzierungen zur Verfügung zu stellen. Die Übernahme derartiger Beteiligungen oder Verpflichtungen bedarf der Evaluierung und Zustimmung eines Beteiligungskomitees, welches bei der ÖBAG einzurichten ist. Das Beteiligungskomitee besteht aus zumindest fünf und höchstens neun von den Organen der ÖBAG unabhängigen Personen mit einschlägiger Erfahrung. Die fachliche und persönliche Qualifikation der Mitglieder hat den Bestimmungen des Aktiengesetzes und den Regeln des Österreichischen Corporate Governance Kodex für Mitglieder des Aufsichtsrates zu entsprechen […]

§ 7 Abs. 1, Abs. 4 sowie Abs. 5 des ÖIAG-Gesetzes sehen in einem Fall – wie bei der MAN – einen gesetzlichen Auftrag der Regierung vor.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Welche Schritte haben Sie seit Bekanntwerden der geplanten Schließung des MAN-Werks in Steyr gesetzt, um den Standort und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu erhalten?

 

2.    Welche Schritte wurden seit Bekanntwerden der geplanten Schließung des MAN-Werks in Steyr seitens der ÖBAG gesetzt, um den Standort und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu erhalten?

 

 

3.    Haben Sie bezüglich der geplanten Schließung des MAN-Werks in Steyr Gespräche mit dem österreichischen Bundeskanzler geführt?

 

a.    Wenn ja, was war der Inhalt des Gesprächs?

b.    Wenn nein, warum haben Sie ein solches Gespräch nicht gesucht?

 

4.    Haben Sie bezüglich der geplanten Schließung des MAN-Werks in Steyr Gespräche mit dem ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid geführt?

 

a.    Wenn ja, was war der Inhalt des Gesprächs?

b.    Wenn nein, warum haben Sie ein solches Gespräch nicht gesucht?

 

5.    Wie interpretieren Sie den gesetzlichen Auftrag der ÖBAG eines aktiven Beteiligungsmanagements?

 

6.    Sehen Sie im Fall von MAN in Steyr einen gesetzlichen Auftrag der ÖBAG zu handeln?

 

a.    Wenn nein, wie definieren Sie „für den Standort relevante Unternehmen“ gem. § 7 Abs 5 ÖIAG-Gesetz?

 

7.    Gemäß § 7 Abs 5 ÖIAG-Gesetz ist ein „Beteiligungskomitee“ einzurichten.

 

a.    Wer sind die Mitglieder dieses Beteiligungskomitees?

b.    Wer hat die Auswahl der von ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid zu ernennenden Mitgliedern des Beteiligungskomitees getroffen und aufgrund welcher Qualifikationen wurden diese Mitglieder ausgewählt?

c.    Waren Sie als Bundesminister für Finanzen (oder Mitglieder Ihres Kabinetts in Ihrem Auftrag) in die Vorauswahl der Mitglieder des Beteiligungskomitees eingebunden?

                                  i.    Falls ja: Welche Personen wurden von Ihrer Seite vorgeschlagen oder unterstützt?

d.    Wie oft hat das Beteiligungskomitee seit seiner Einrichtung getagt und die (mögliche) Übernahme welcher Beteiligungen oder Verpflichtungen durch die ÖBAG waren Gegenstand dieser Sitzungen?

Um Auflistung nach Sitzungsterminen und Betrieben wird ersucht.

 

8.    Hat sich das Beteiligungskomitee der ÖBAG mit dem Fall von MAN in Steyr bis dato beschäftigt?

 

a.    Falls ja: Was war der Inhalt und das Ergebnis dieser Beratungen?

 

9.    Würden Sie als Finanzminister zur Rettung des LKW-Produktionsstandortes Steyr dem aktuellen oder künftigen Eigentümern finanzielle Mittel (z.B. in Form von Garantien oder Zuschüssen) wie im Fall der AUA zur Verfügung stellen?