6379/J XXVII. GP
Eingelangt am 21.04.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
betreffend BMDW-Gebarungskontrolle: das Ausgabenparadies WKO
Ausgabenparadies Wirtschaftskammer Österreich
Der Prüfbericht des Kontrollausschusses der Wirtschaftskammer (WKO) über die Gebarung 2019 zeigt ein erschreckendes Bild im Umgang mit den Pflichtbeiträgen der Mitglieder. Darin werden zahlreiche dubiose Kostenstellen im Rechnungsabschluss 2019 hervorgestrichen. Ein verschwenderischer Lebensstil, wie aus einer anderen Zeit, wird auf allen Ebenen gelebt: von teuren Beratungsleistungen ohne Grundkonzept, Kurzurlauben von Kammerfunktionären in Griechenland, Mitgliedschaften in Golf-, Yacht- oder Sportvereinen für über 40.000 EUR bis hin zu siebenstelligen Schulkosten für nur drei Auslandsmitarbeitern. Zu all dieser frei gelebten Verschwendung innerhalb der Wirtschaftskammer gesellt sich auch ein gravierender Mangel an Sorgfalt im Umgang mit Abrechnungen. Wegen der immensen Rücklagen und der auch in der Krise stetig einfließenden hohen Einnahmen aus den Kammerumlagen scheinen Rückforderungsansprüche in der Wirtschaftskammer nicht besonders ernst genommen zu werden. Bei einer im Ausland tätigen Außenwirtschaftsmitarbeiterin wurde zum Beispiel vergessen, den gewährten Gehaltsvorschuss zurückzufordern.
Weder Kontrolle noch Problembewusstsein - Mahrers unbeschwerte Leichtigkeit des Seins
Kontrolle und effiziente Mittelnutzung dürften unter Präsident Mahrer nicht besonders ausgeprägt sein. Nach Veröffentlichung dieses vernichtenden Berichts wurde vonseiten der Wirtschaftskammer darauf verwiesen, dass der Bericht des Kontrollausschusses noch nicht fertig sei. Statt hier Problembewusstsein und Managementfähigkeiten zu zeigen, versucht der verantwortliche Wirtschaftskammerpräsident Mahrer die laufende Schadensbegrenzung als normalen Prozess darzustellen. Tatsächlich sollten gemäß § 132 Abs. 6 WKG alle relevanten Informationen spätestens am 15. Juni 2020 auf Mahrers Tisch gelegen sein. Danach hatte Mahrer eineinhalb Monate Zeit die Kosten zu prüfen, bis er den Bericht an die zuständige Wirtschaftsministerin übermitteln musste. Dazu kommt, dass Kosten für gewöhnlich auch in der Vorbereitung abgesegnet werden müssen. Es ist also evident, dass Sparsamkeit und Kontrolle auf sämtlichen Ebenen nicht gelebt wird.
Mangelhafte Gebarungskontrolle durch Wirtschaftsministerin Schramböck
Der Rechnungsabschluss 2019 der Wirtschaftskammer musste gemäß § 132 Abs. 6 WKG bis spätestens 31. Juli 2020 der zuständigen Wirtschaftsministerin vorgelegt werden. Als gesetzlich vorgesehene Aufsichtsbehörde gemäß § 136 WGK ist Wirtschaftsministerin Schramböck dafür zuständig, für eine gesetzmäßige Führung der Geschäfte und Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Ganges der Verwaltung zu sorgen. Sie ist dabei berechtigt, erforderliche Auskünfte von den betroffenen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft einzuholen und rechtswidrige Beschlüsse aufzuheben. Es erscheint daher sehr verwunderlich, dass keine Reaktionen vonseiten der Wirtschaftsministerin nach Vorlage des Rechnungsabschluss 2019 bekannt sind. Die Wirtschaftskammer ist gemäß § 131 WKG an Gebarungsgrundsätze gebunden. Es erscheint daher fraglich, inwiefern Wirtschaftsministerin Schramböck ihren Aufsichtspflichten nachgekommen ist, wenn ihr die verschwenderischen Praktiken nicht aufgefallen sind.
Quellen:
https://www.derstandard.at/story/2000125912058/kritik-an-ausgaben-der-wirtschaftskammer-blick-in-eines-der-letzten
https://www.diepresse.com/5967980/wko-kontrollbericht-mahrer-um-schadensbegrenzung-bemuht
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wann genau wurde Ihnen der Rechnungsabschluss 2019 der Wirtschaftskammer übermittelt?
2. Wie lange wurde der Rechnungsabschluss 2019 der Wirtschaftskammer von Ihnen geprüft?
3. Wer war bei der Prüfung des Rechnungsabschluss 2019 der Wirtschaftskammer beteiligt?
4. Sind bei der Prüfung ungewöhnliche Kosten aufgefallen?
5. Welche Handlungen haben Sie nach erfolgter Prüfung des Rechnungsabschlusses 2019 der Wirtschaftskammer veranlasst?
6. Entsprechen die im Prüfbericht des Kontrollausschusses hervorgehobenen Gebarungspraktiken nach Ihrem Verständnis als Aufsichtsorgan den gesetzlichen Gebarungsgrundsätzen nach § 131 WKG?
7. Gibt es für Mitarbeiter_Innen des Wirtschaftsministeriums auch die Möglichkeit, die Kosten für Privatschulen refundiert zu bekommen oder geförderte Golf- und Yachtclubmitgliedschaften zu bekommen?
a. Wenn nein: Wieso nicht?
8. Welche Handlungen haben Sie nach Bekanntwerden des Prüfberichts des Kontrollausschusses veranlasst?
9. Sind aus Ihrer Sicht Reformen bei der Kontrolle der Gebarung der Wirtschaftskammer nötig?
10. Sehen Sie sich als Aufsichtsbehörde nicht zum Handeln veranlasst, wenn millionenschwere Aufträge an externe Berater vergeben werden, ohne dass vorher Beschlüsse in den zuständigen Gremien gefasst werden?
11. War Ihnen vor Veröffentlichung des Prüfberichts des Kontrollausschusses der Wirtschaftskammer bekannt, dass keine Grundplanung für derart umfassende Beratungsvolumina vorhanden war?
a. Wenn ja: Wie bewerten Sie als Aufsichtsorgan diesen Umstand? Welche Konsequenzen haben Sie diesbezüglich gezogen?
12. Werden Sie Ihre Kontrolle hausintern ausbauen, um solchen Fällen in Zukunft besser vorzuwirken?