6458/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.04.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Muchitsch, Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Arbeit
betreffend
Europäische Mindestlöhne

Kommissionspräsidentin von der Leyen versprach zu Beginn ihrer Amtszeit ein Rechtsinstrument vorzulegen, das sicherstellen soll, dass alle ArbeitnehmerInnen in der EU einen fairen Mindestlohn erhalten. Derzeit gibt es bereits in 21 Ländern gesetzliche Mindestlöhne, ln 6 Mitgliedstaaten (Dänemark, Italien, Zypern, Österreich, Finnland und Schweden) wird der Mindestlohn ausschließlich durch Kollektivverträge geschützt.

Der am 28.10.2020 von EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit vorgestellte Richtlinienvorschlag stützt sich auf Artikel 153 Absatz 1 des EU-Vertrags (AEUV). Er folgt auf eine zweistufige Anhörung der Sozialpartner, die gemäß Artikel 154 AEUV durchgeführt wurde. Während die Gewerkschaften die Kommission dazu aufgefordert hatten, einen Vorschlag für eine Richtlinie mit verbindlichen Mindestanforderungen vorzulegen, sprach sich keine Arbeitgeberorganisation für eine verbindliche Richtlinie im Bereich der Mindestlöhne aus.

Koflektivverhandlungen spielen eine Schlüsselrolle für einen angemessenen Mindestlohnschutz. Dies hat auch die Kommission erkannt Der Kommissionsvorschlag zielt daher darauf ab, Kollektivverhandlungen zur Lohnfestsetzung in allen Mitgliedstaaten zu fördern, insbesondere in jenen Ländern, in denen weniger als 70 % der ArbeitnehmerInnen kollektivvertraglich abgedeckt sind.

Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Die Corona-Pandemie hat wieder einmal deutlich gemacht, dass jene, die unsere Gesellschaft am Laufen halten, oftmals am wenigsten zurückbekommen. Vor allem Branchen mit einem hohen Frauenanteil wie Krankenpflege und der Einzelhandel haben sich mehr als nur Applaus verdient. Dazu könnte diese Rahmenrichtlinie für europäische Mindestlöhne einen wichtigen Beitrag leisten.

Verbindliche Vorgaben für eine Lohn-Untergrenze fehlen jedoch. Diese wären zusätzlich wichtig, um den Zielen eines sozialen und gerechten Europas ein Stück näher zu kommen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.     Welche akkordierte Position vertritt die österreichische Bundesregierung, insbesondere Ihr Ressort, betreffend die Richtlinie über die europäischen Mindestlöhne?

2.     In wie vielen Sitzungen der Ratsarbeitsgruppe wurde dieser Richtlinienvorschlag bereits diskutiert?

a.    In wie vielen davon waren Sie bereits als zuständiger Bundesminister anwesend?

3.     Wie haben Sie sich in die bereits laufenden Verhandlungen eingebracht?

4.     Haben Sie die bislang eher ablehnende Haltung Österreichs unter Ihrer Vorgängerin übernommen und weitergeführt?

a.     Wenn ja, aus welchem Grund?

b.     Wenn nein, aus welchem Grund?

5.     In der EU-Datenbank ist ein Brief betreffend die Richtlinie zu den europäischen Mindestlöhnen zu finden, der die Kommission auffordert, die Rechtsgrundlage zu ändern und statt einer Richtlinie nur eine Empfehlung herauszugeben, der von Ihnen unterzeichnet wurde.

a.     Das etablierte System der KV-Verhandlungen steht durch den Richtlinienentwurf keinesfalls zur Diskussion. Aus welchem Grund wurde dieser Brief von Ihnen dennoch mitunterzeichnet?

b.    Welche Auswirkungen erwarten Sie sich durch den Richtlinienvorschlag? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in Österreich keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt, sehr wohl aber eine KV-Abdeckung von 98%?

c.     Haben Sie die Gewerkschaften, die sich seit Jahren für dieses Vorhaben einsetzen, und die Sozialpartner davon in Kenntnis gesetzt und über den Brief informiert?

d.     Aus welchem Grund sprechen Sie sich als zuständiger Arbeitsminister lediglich für eine Empfehlung der Kommission aus, wissentlich, dass diese nicht rechtsbindend ist und es aufgrund dessen nie zu einem europäischen Mindestlohn kommen wird?